Von Freitag bis Sonntag fanden in Beitostølen und Gällivare die Saisoneröffnungen der Norweger und Schweden statt. Mit dabei waren auch einzelne internationale Starter. Wer mit einem Weltcupstart in Ruka planen kann und wer krank oder außer Form ist und wer Rot sah, erfahrt ihr hier…
Dahlqvist und Andersson siegen im frostigen Gällivare
Im schwedischen Gällivare nördlich des Polarkreises war zunächst gar nicht klar, ob die Rennen im Hellnerstadion überhaupt stattfinden können, denn es waren Temperaturen von unter -20°C angesagt. Letztlich konnten die Rennen ausgetragen werden, auch wenn es vielen dennoch zu kalt war, so dass sich zum Beispiel Eva Urevc entschied, nicht zum Viertelfinale anzutreten. Ebenfalls fehlte Linn Svahn, die sich am Morgen des Sprints mit Erkältungssymptomen für das gesamte Wochenende abmeldete. In den Heats des Klassiksprints lieferten sich Jonna Sundling und Maja Dahlqvist in der eisigen Kälte von -17°C ein heißes Duell, in dem immer Maja Dahlqvist knapp die Nase vorn hatte. Zuerst waren es immer 0,01 Sekunden, im Finale siegte sie dann mit 0,2 Sekunden Vorsprung auf Sundling. Nadine Fähndrich konnte sich aber hinter den beiden Weltklassesprinterinnen den dritten Rang sichern. Moa Lundgren, Moa Ilar und Emma Ribom komplettierten das Finale, das Johanna Hagström und Evelina Crüsell knapp verpassten. Ribom erhielt im Viertelfinale eine gelbe Karte für einen Fehlstart (zum dritten Mal in vier Jahren), die noch teuer werden könnte, wenn sie irgendwann im Weltcup eine weitere kassiert.
Am Samstag wurden bei -15°C zehn Kilometer klassisch gelaufen und der Sieg ging mit 13 Sekunden Vorsprung an Topfavoritin Ebba Andersson. Zweite wurde Moa Ilar, die sich nach der Saison einen Kalksporn am Fuß entfernen ließ und nun wieder schmerzfrei laufen kann. Dieses Ergebnis ist umso erstaunlicher, weil der 28-Jährigen in der eisigen Kälte die Augen zufroren und sie am Ende nichts mehr sah. Im Gespräch mit dem Expressen versuchte sie eine Erklärung: „Ich bin kein Augenarzt, aber das ist wie eine Eisschicht über dem Auge. Wenn man wegen des ganzen Adrenalins vergisst zu blinzeln, kann die Flüssigkeit im Auge zufrieren. Dann wird die Sicht ziemlich unscharf und es ist wie ein Nebel danach. Ich wusste im Ziel gar nicht, was ich tun sollte und rief um Hilfe. Aber unser Wachser „Oljan“ schaltete sofort und rief mir zu, ich solle die Augen geschlossen halten. Offenbar kannte er das Problem.“ Nadine Fähndrich wurde wie im Sprint erneut Dritte, hatte aber schon fast eine Minute Rückstand. Moa Lundgren, Evelina Crüsell und Märta Rosenberg folgten auf den nächsten Plätzen. Für Moa Lundgren war es ein spezielles Wochenende, das sie drei kürzlich verstorbenen Personen widmete. Während des Schneetrainings in Vålådalen erhielt die 27-Jährige innerhalb einer Woche drei Todesnachrichten: Ein Freund, ein Großelternteil und eine Person vom Alter mittendrin, wie sie sagte. Nach einer Covid-Erkrankung im Oktober war das ein weiterer großer Rückschlag in ihrer Vorbereitung.
Auch am Sonntag im Freistil Einzelstart holte sich Andersson erneut den Sieg, aber nur knapp mit fünf Sekunden Vorsprung auf Jonna Sundling. Moa Ilar holte mit zehn Sekunden Rückstand ein weiteres Podium, Emma Ribom wurde mit deutlichem Abstand Vierte vor Maja Dahlqvist und Louise Lindström. Dahlqvist war in der Zielkurve auf einer Eisplatte ausgerutscht und gestürzt. „Sah ziemlich uncool aus“, meinte sie. Frida Karlsson, die im Sprint schon im Viertelfinale ausschied, verlor viel Zeit und kam nur als Zehnte mit 1:12 Minuten Rückstand ins Ziel. „Das war meine schlechteste Saisoneröffnung“, sagte sie später. Grund dafür war laut ihrer Aussage das Material, das laut ihrer Aussage nicht laufen wollte in der Kälte. Karlsson will sich jetzt weiter auf den Winter einstimmen: „Wir haben in den letzten Tagen viel Glögg [schwedischer Glühwein, meist süßer und stärker als in Deutschland] getrunken, jetzt ist jetzt für mehr davon und Pepperkakor [Pfefferkuchen, ähnlich wie deutsche Lebkuchen, aber dünner und knuspriger].“ Lundgren hatte am Sonntag mit einem Erkältungsinfekt passen müssen.
Grahn, Anger und Ekberg holen Siege – viele formschwach
Im Klassiksprint der Herren gab es einen Sieg vom Zwei-Meter-Riesen Anton Grahn, der sich im Endspurt gegen den Topfavoriten Edvin Anger durchsetzte. Der Junioren- und U23-Weltmeister im Klassiksprint überraschte sich mit dem Sieg selbst etwas, weil er am Morgen vor Nervosität kaum frühstücken konnte. Mit Jesper Persson komplettierte eine Überraschung das Podium und Edvin Anger machte dem 25-Jährigen Hoffnungen, nächste Woche „100-prozentig“ mit zum Weltcup zu fahren. Der Amerikaner JC Schoonmaker schnitt besser ab als seine Freundin Emma Ribom und wurde Vierter vor Emil Danielsson und Oskar Svensson. Alvar Myhlback wurde im Halbfinale nach einem Fehlstart disqualifiziert, nachdem er bereits eine gelbe Karte aus der Rollski-Saison (Alliansloppet) mitbrachte. Nach seinem Ausschluss forderte der 19-Jährige eine Regeländerung: „Das ist totale Sch…e, das sind zwei verschiedene Saisonen!“ Auch Marcus Grate und Calle Halfvarsson waren zutiefst enttäuscht mit ihrem Abschneiden. Beide scheiterten im Viertelfinale. Halfvarsson, der einen schwierigen Herbst mit vielen Krankheiten hinter sich hat, sagte nach dem Rennen, dass er schon im ersten Anstieg nicht mehr mit den anderen mitkam, er konnte keinen Druck auf den Ski bringen. Ob es am Material oder an der Form lag, sagte er nicht.
Den verpassten Sieg holte Edvin Anger, der ein eigenes Privatteam nach dem Vorbild von Klæbo gegründet hat, im Einzelstart über zehn Kilometer klassisch in beeindruckender Dominanz nach. Der 23-Jährige war fast 40 Sekunden schneller als Leo Johansson, der Alvar Myhlback knapp hinter sich ließ. Eric Rosjö wurde Vierter vor dem erneut überzeugenden Jesper Persson, der erfahrene Athleten wie Gustaf Berglund und Truls Gisselman hinter sich ließ. Calle Halfvarsson kam über Rang 14 nicht hinaus und auch William Poromaa und Jens Burman waren schwer enttäuscht. Poromaa wusste zunächst nicht, warum er 1:20 Minuten Rückstand ansammelte und vermutete zunächst ein Übertraining. Am nächsten Morgen wachte er mit leichtem Fieber und Unwohlsein auf, so dass wohl die Ursache für die schlechte Leistung gefunden ist. Jens Burman sagte nach seinem 22. Rang, er habe in Ruka nichts verloren, was vorher auch schon Halfvarsson andeutete.
Johan Ekberg, 25, hat bisher vier Weltcupstarts auf seinem Konto mit einer Bestleistung von Platz 35. In Ruka wird dazu wohl etwas hinzukommen, um ihn für seinen Sieg am Sonntag im Freistilrennen zu belohnen – vor allem, da ohnehin einige krank oder formschwach ausfallen werden. Die zehn Kilometer ging er etwas vorsichtiger an als andere, war aber schon nach vier Kilometern vorne und gab die Führung bis zum Schluss nicht mehr her. Im Ziel trennten ihn zwölf Sekunden vom zweitplatzierten Leo Johansson. Ebba Anderssons Lebensgefährte Gustaf Berglund holte sich den letzten Podestplatz gefolgt von Johan Häggström und Jonas Eriksson. Naoto Baba wurde Sechster vor seinem Landsmann Daito Yamazaki – die Japaner sind mit zehn Damen und 20 Herren zur Weltcup-Qualifikation in Gällivare vor Ort. Cyril Fähndrich stand an allen Tagen in der Startliste, verzichtete aber aus unbekannten Gründen auf einen Start.
Skistad, Weng und Drivenes siegen – Rot für Skistad
Ein großer Name musste sich von der Saisoneröffnung abmelden: Astrid Øyre Slind leidet an einer Entzündung der Achillessehne, die sie schon im Herbst quälte und nun pünktlich zum Saisonstart zurückkehrte. Zumindest Freistilrennen sind aber kein Problem, sagt sie, nur Klassisch schmerzt. Das Wettkampfprogramm in Beitostølen sah exakt so aus wie in Gællivare, begann also mit einem Klassiksprint, den sich die Favoriten sicherten. Kristine Stavås Skistad feierte einen überlegenen Sieg und verwies Hedda Bakkemo klar auf den zweiten Platz. Dritte wurde Ane Appelkvist Stenseth vor Lotta Udnes Weng und Ingrid Bergene Aabrekk. Margrete Røssum Dyrhovd kam als Sechste in die Wertung und Mathilde Myhrvold verpasste das Finale als Siebte. Tiril Udnes Weng zeigte sich mit ihrem Halbfinal-Aus zufrieden nach zwei Wintern voller gesundheitlicher Probleme. Im Viertelfinale erhielt Skistad eine gelbe Karte wegen Behinderung, die noch viel Gesprächsstoff bot. Nach dem Rennen kündigte sie an, sich am nächsten Tag eine weitere zu holen, um die Verwarnung nicht mit in die Weltcupsaison zu nehmen – aber das ging schief…
Im Einzelstart über zehn Kilometer lief die Sprinterin ein offenbar regelkonformes Klassikrennen – bis sie auf die Zielgerade kam. Dort begann sie plötzlich zu skaten, behauptete aber später, sie wäre so müde gewesen, dass sie nicht mehr in der Spur bleiben konnte. TV-Expertin Therese Johaug war anderer Meinung: „Was macht sie da, das sieht nach Absicht aus!“ Skistad erhoffte sich dadurch ihre zweite gelbe Karte, aber der Plan ging schief. Die Jury zeigte ihr wegen unsportlichen Verhaltens die rote Karte, damit wird sie die gelbe Karte doch in der Saison mitschleppen. Mit dem Rennausgang hätte Skistad ohnehin nichts zu tun gehabt, den Sieg holte sich Heidi Weng, die sich nach einer besseren zweiten Rennhälfte noch mit 2,3 Sekunden Vorsprung vor Kristin Austgulen Fosnæs schob. Die Dritte Julie Bjervig Drivenes blieb noch unter zehn Sekunden Rückstand. Rang vier sicherte sich Karoline Simpson-Larsen gefolgt von Anne Kjersti Kalvå, die im Frühjahr im Team Aker Dæhlie ein neues Zuhause gefunden hat, Eva Ingebrigtsen und Milla Grosberghaugen Andreassen. Die in Norwegen lebende Österreicherin Katharina Brudermann kam als 37. ins Ziel.
Am Sonntag im freien Stil holte sich überraschend Julie Bjervig Drivenes den Sieg. Sie ging das Rennen sehr schnell an und holte dadurch einen Vorsprung heraus, von dem sie zehren konnte. Karoline Simpson-Larsen holte ihre 15 Sekunden Rückstand nach 2,6 Kilometer aber noch nahezu komplett auf und wurde mit 0,6 Sekunden Rückstand Zweite. Heidi Weng gelang eine solche Aufholjagd nicht, so dass sie 15 Sekunden hinter Drivenes Dritte wurde. Anne Kjersti Kalvå landete wieder hinter dem Podium, diesmal auf dem vierten Rang vor Lotta Udnes Weng, Milla Grosberghaugen Andreassen und Nora Sanness. Biathletin Maren Hjelmeset Kirkeeide wurde mit knapp einer Minute Rückstand sehr gute Zehnte. Die 26-jährige Katharina Brudermann wurde diesmal 24.
Klæbo und Hedegart heißen die Sieger
Der Sprint der Herren war natürlich auch auf nationaler Ebene eine klare Sache für Johannes Høsflot Klæbo. Auch Ansgar Evensen dürfte mit Platz zwei vor Erik Valnes sein Ticket für den Weltcupauftakt gelöst zu haben. Sie waren die einzigen Athleten, die am letzten Anstieg noch mit Klæbo mithielten und sich so die Podestplätze sichern konnten. Vierter wurde Aron Åkre Rysstad, der schon im Prolog als Sechster überraschte, vor Aleksander Elde Holmboe. Richard Jouve war der einzige Nicht-Norweger im Finale, der im Prolog überraschend weit hinten landete. Dann gewann er aber Viertelfinale und Halbfinale, hatte im Finale jedoch keine Kraft mehr. Harald Østberg Amundsen wurde Siebter. Andere Top-Sprinter wie Even Northug und Matz William Jensen scheiterten schon im Viertelfinale wie Jan Stölben, der nach dem Trainingslager in Muonio auch noch in Beitostølen seine Form testete. Der Vulkaneifler mit Wohnsitz in Sjusjøen wurde 18.
Auch im Einzelstart über zehn Kilometer klassisch holte sich Johannes Høsflot Klæbo den Sieg mit elf Sekunden Vorsprung auf Erik Valnes. Dritter wurde knapp dahinter Didrik Tønseth, der damit als aussichtsreicher Kandidat für einen Start in Ruka. Harald Østberg Amundsen wurde Vierter vor Andreas Fjorden Ree, der eher als Skatingspezialist gilt, Simon Hegstad Krüger, Hugo Lapalus und Emil Iversen. Mika Vermeulen verlor als 19. eine Minute.
Im Einzelstart in der freien Technik machte Einar Hedegart seine Ansprüche auf einen Startplatz klar. Der Biathlet, der als Langläufer zu den Olympischen Spielen will und sich mit dem Langlauf Team Anlegg Øst in Lillehammer vorbereitet hat, war 13 Sekunden schneller als Andreas Fjorden Ree und mindestens 36 Sekunden schneller als andere Weltklasseläufer wie Iver Tildheim Andersen, Simen Hegstad Krüger und Martin Løwstrøm Nyenget auf den Plätzen drei bis fünf. Sein Anlegg Øst-Teamkollege Kasper Andersson Herland beweist mit Platz sechs vor den Franzosen Mathis Desloges, Jules Lapierre und Hugo Lapalus, dass bei Anlegg Øst sehr gute Arbeit geleistet wird. Mika Vermeulen wurde Zehnter vor Jan Thomas Jenssen, der einen Sommer mit vielen gesundheitlichen Problemen hatte.