Norwegische Meisterschaften Langlauf: Viele Überraschungen, Favoritensiege und ganz großes Chaos - xc-ski.de Langlauf

Norwegische Meisterschaften Langlauf: Viele Überraschungen, Favoritensiege und ganz großes Chaos

Johannes Hoesflot Klaebo (NOR) © Modica/NordicFocus

In Beitostølen kämpften die norwegischen Langläufer in den letzten Tagen um Edelmetall. Viele Stars waren allerdings krank und in Erinnerung bleiben wird in Norwegen wohl noch lange der Skiathlon…

Viele Stars fehlen

In den Tagen von Beitostølen wartete man auf viele große Namen vergeblich. Der Weltcup-Führende Harald Østberg Amundsen, Martin Løwstrøm Nyenget und Didrik Tønseth fehlten aus dem Nationalteam Distanz, Erik Valnes und Håvard Solås Taugbøl von den Sprintern. Rückenprobleme und Krankheit seien die Gründe dafür, wie Team Manager Ulf Morten Aune den Medien sagte. Bei den Damen ließen Tiril Udnes Weng und Ingvild Flugstad Østberg die Titelkämpfe aus. Auch Simen Hegstad Krüger brachte eine Erkältung aus Übersee mit, Mathilde Myhrvold leidet noch unter dem Jetlag inklusive Schlafstörungen. Auch Johannes Høsflot Klæbo und Kristine Stavås Skistad entschieden sich gegen einen Start in ihrer Spezialdisziplin Sprint am Freitag. Dagegen machte Petter Northug Anfang der Woche eine Kehrtwende und entschied, entgegen seiner Planungen doch an der NM teilzunehmen. Vor allem, um am Sonntag sein Staffel-Team aus Strindheim zu verstärken, was er dann aber doch nicht tat, weil er seine Meinung erneut änderte. Stattdessen wird er bis zum Start des Vasaloppet in der nächsten Woche in der Höhe bleiben.

Sofie Hustad und Gjøran Tefre gewinnen Einzelstart

Die norwegischen Meisterschaften begannen dann mit einem Paukenschlag. Während viele hofften, Helene Marie Fossesholm wurde die Abwesenheit vieler großer Namen bei ihrem Comeback zu einem Titelgewinn nutzen, wurde es überraschend zum Tag der Sofie Nordsveen Hustad, die die zehn Kilometer Freistil völlig überlegen mit 32 Sekunden gewann. Der Sieg in dieser Dominanz der 27-Jährigen kam völlig überraschend, denn nach ihren Titeln bei der Junioren-WM 2015 war Hustad völlig in der Versenkung verschwunden. „Unfassbar! Das ist ja wie Silvester, Weihnachten und Geburtstag an einem Tag!“, meinte die 27-Jährige völlig überwältigt. Ihr Ziel waren die Top5 gewesen, aber im Rennen fühlte sie sich immer besser. „Bin ich zu hart angegangen?“, fragte sie noch im Ziel und war beim Blick auf das Ergebnis völlig sprachlos. Wie sie selbst sagte, hatte sie viele schwere Jahre, so dass sie immer wieder gefragt wurde, warum sie nicht aufgibt. Auch Cheftrainer Sjur Ole Svarstad war beeindruckt von Hustad und hält einen Start am Holmenkollen für wahrscheinlich – dort feierte sie schon damals als 18-Jährige ihr Weltcupdebüt. Silber im Einzelstart ging an Julie Bjervig Drivenes und Bronze an Silje Theodorsen, die sich knapp vor Kari Øyre Slind und Kristin Austgulen Fosnæs, die nach einer Runde noch führte, behauptete. Fossesholm kam nach ziemlich genau einem Jahr Wettkampfpause als Zehnte in die Wertung. Im Einzelstart der Herren skatete mit Gjøran Tefre ein Sprintspezialist zum Sieg, was seinen ersten nationalen Titel bedeutete. Der 29-Jährige erhöhte in seiner zweiten Runde klar das Tempo und holte 20 Sekunden auf Magne Haga, den Bruder von Ragnhild Haga, heraus, so dass er im Ziel 14 Sekunden vor Haga lag. Bronze ging an Martin Kirkeberg Mørk vor Iver Tildheim Andersen und Jan Thomas Jenssen sowie dem Biathleten Johan-Olav Botn. Nach acht Kilometern waren Tefre und Haga noch gleichauf, dann folgte ein unglaubliches Finish des 29-Jährigen, der dachte, die Betreuer an der Strecke würden ihn bei den Abständen belügen. Tefre hofft nun auf Weltcupstarts, nachdem früher in der Saison Krankheiten einen Einsatz verhinderten. Eirik Myhr Nossum machte ihm zwar wenig Hoffnungen, weil im Weltcup fast nur noch Klassikrennen anstehen, aber Tefre hat ein Auge auf den Massenstart in Falun geworfen und hofft nun auf eine Nominierung.

Bakkemo und Northug beste Sprinter

In Abwesenheit von Johannes Høsflot Klæbo, der sich für den Samstag und Sonntag schonte, sicherte sich Even Northug seine erste Goldmedaille. Das Finale des Klassiksprints dominierte der 29-Jährige völlig und siegte in Klæbo-Manier – und das auf geliehenen Ski. Er selbst hatte keine No Wax Ski dabei und dass das Material entscheidend ist, zeigte sich schon im Prolog, wo zum Beispiel Lotta Udnes Weng mit großen Materialproblemen und Stollen unter dem Ski sang und klanglos ausschied. “ Das war so nervig. Es hat sich angefühlt, als läuft man auf Stelzen“, sagte sie nach dem frühen Aus. Nach seinem Sieg sagte Northug, dass das Gold auch zum Teil Emil Iversen gehören würde: „Ich habe die Ski geliehen, weil ich keine No Wax dabei hatte. Ich habe ihn heute Morgen auf dem Weg zum Stadion angerufen und dann lief es so, dass er sich welche von mir lieh und ich von ihm.“ Iversen selbst war im Sprint aber nicht am Start, nachdem der Einzelstart enttäuschend verlaufen war. Silber ersprintete sich der 20-jährige Mathias Holbæk, der in Planica Junioren-Weltmeister im Klassik-Einzelstart wurde, vor dem gleichaltrigen Oskar Opstad Vike. Ansgar Evensen, Matz William Jenssen und Pål Golberg scheiterten im Halbfinale. Bei den Damen triumphierte die 22-jährige Hedda Bakkemo, die ihren ersten Titel bei den Damen gewann, nachdem sie die U23-WM noch nach Krankheit auslassen musste. Der Sieg war wie tags zuvor eine große Überraschung bei den Damen. „Ich stehe noch unter Schock. Ich konnte gar nicht begreifen, was passiert ist, als ich über die Linie lief“, meinte Bakkemo, die im Prolog die Neunt-Schnellste gewesen war. Sie gewann vor Mari Nordlunde und Anna Svendsen. Überraschend stark präsentierte sich die erst 19-jährige Malin Hoelsveen, die sich leider nicht für ihre starken Vorstellungen mit Edelmetall belohnen konnte und Vierte wurde. Die 19-Jährige ist ein Multitalent und auch in der Leichtathletik stark, wo sie schon Titel über 800 Meter abräumte.

Ordner schickt Athleten in die Irre

Am dritten Wettkampftag stand ein Skiathlon auf dem Programm, der in Norwegen sicher noch lange von sich Reden machen wird. Der Grund war ein Ordner, der die Athleten in die falsche Richtung schickte, so dass das Rennen der Damen annulliert werden musste. Zunächst lief aber alles nach Plan: Astrid Øyre Slind setzte sich bei ihrem ersten Start in Beitostølen schon früh aus der Spitzengruppe ab und lief einen deutlichen Vorsprung heraus, den Heidi Weng bis zum Skiwechsel aber wieder deutlich verkürzte. Dann kam es zum Malheur: „Jemand hat die v-boards nicht schnell genug weggenommen. Das war ein Fehler. Weng und einige andere liefen richtig, aber viele andere machten einen Umweg von 200-300 Metern zu Beginn der Skatingstrecke“, sagte Renndirektor Torbjørn Broks Pettersen. „Die Jury traf die Entscheidung, dass Rennen nicht zu werten. Ich als Verantwortlicher habe den Fehler gemacht, die Läuferinnen auf den falschen Weg zu schicken.“ Der zuständige Ordner wurde von seinen Kollegen geschützt, so dass er den Medien nicht Rede und Antwort stehen musste. Heidi Weng hatte das Ziel als Erste vor Slind und Sophia Laukli erreicht, erfuhr dann aber, dass ihr Sieg nicht zählt. Slind sagte später: „Ich hatte auf der Streckenkarte gesehen, dass es geradeaus weiter geht, aber der Weg war versperrt. Ich bin dann einfach die markierte Strecke weitergelaufen, weil es schwierig ist, über die v-boards zu steigen und ich auch nicht daran gedacht habe, zu stoppen und jemanden zu fragen. Aber ich wurde unsicher, als ich sah, dass Heidi es anders machte. Das Rennen wurde zur Parodie. Manche haben einen schlechten Job gemacht und es ist blöd, dass das NM Rennen deswegen abgesagt wurde.“ Obwohl die Rennen von den Problemen bei den Damen wussten, von denen wohl 90 Prozent den Umweg liefen, lief es auch bei den Herren nicht nach Plan. Nach zwei Minuten Rennzeit stand ein Ordner auf der Strecke und wies den Athleten den Weg, der sich aber als falsch herausstellte. Glücklicherweise waren die meisten Athleten wachsam und ließen sich nicht in die Irre führen, so dass sie den Weg auf der richtigen Seite der Markierungen einschlugen. Früh bildete sich eine 15-köpfige Spitzengruppe, aus der sich auf den letzten drei Kilometern die späteren Medaillengewinner absetzten. Johannes Høsflot Klæbo triumphierte im Zielsprint vor Iver Tildheim Andersen und Martin Kirkeberg Mørk, obwohl Andersen in der klassischen Technik immer einige Sekunden Abstand zur Gruppe hatte. Gjøran Tefre wurde Vierter vor Andreas Fjorden Ree und Petter Myhr. Myhr erfüllte damit seine hochgesteckten Ziele eines Top7-Platzes, für die ihn vorher viele belächelt hatten – auch für seine Methoden. Nachdem das Verbot in Norwegen aufgehoben wurde, installierte er sich ein Höhen-Zelt über seinem Bett. Auf seinem Ergometer trainiert er in Wärmekleidung und Handschuhen. „Man muss schon etwas Humor haben, wenn du so weit unten auf Ergebnislisten stehst und dann vielleicht größere Sprünge machst als andere, darum verstehe ich die Reaktionen“, sagte der 23-Jährige im NRK Interview. „Aber inzwischen haben mich schon einige der weltbesten Läufer nach meinen Methoden gefragt.“ Klæbo bisher noch nicht, aber Klæbo sagte, man würde in der Szene darüber sprechen und er habe Interesse an dem Thema. 

Staffelrennen zum Abschluss

Am Sonntag wurden noch die Staffelrennen ausgetragen und nachdem zu Beginn des Rennens die Favoriten relativ dicht beieinander waren, holten sich am Ende die Slind-Schwestern Silje, Astrid und Kari den Titel nach Oppdal. Startläuferin Silje Øyre Slind musste einen Sturz hinnehmen, nachdem Kjelsås IL’s Sigrid Leseth Føyen in sie hinein rutschte. 18 Sekunden betrug der Rückstand auf Byåsen IL nach dem ersten fünf Kilometern, Kjelsås IL lag schon 56 Sekunden zurück. Astrid Øyre Slind hatte eine erstklassige zweite Strecke und übergab mit zehn Sekunden Vorsprung auf Konnerud IL, die sich durch Margrethe Bergane weit nach vorne gearbeitet hatten. Kari Øyre Slind baute den Vorsprung der Familien-Staffel noch klar aus, so dass sie sich mit 43 Sekunden Vorsprung den Titel holten. Silber ging an Kjelsås IL dank der erstklassigen Schlussläuferin Sofie Nordsveen Hustad, die die mit Abstand beste Zeit aller Schlussläuferinnen lief und ihr Team noch von Platz acht auf den Silberplatz brachte, nachdem Føyen und Nora Sanness viel Zeit verloren hatten. Konnerud IL 1 (Knudsen, Bergane, Svingheim) gewann Bronze. Bei den Herren hat Johannes Høsflot Klæbo sein Möglichstes getan, um seinem Team als Schlussläufer der 3×10 Kilometer Staffel noch Gold zu bescheren – aber der Rückstand war mit 1:30 Minuten zu groß. So ging der Titel an das Team aus Åsen mit Herman Martens Meyer, Øystein Sendstad und Schlussläufer Magne Haga, während Topfavorit Byåsen nur Silber gewann. 25 Sekunden Rückstand musste Byåsen durch Startläufer Even Solem Michelsen hinnehmen, als sich drei Teams absetzten. Magnus Øyaas Håbrekke kämpfte auf jedem Meter, um Klæbo nicht zu viel Rückstand mitzugeben, aber am Ende war es doch zu viel. Im Ziel trennten 41 Sekunden Platz eins und zwei. Bronze ging mit 1:30 Minuten Rückstand an das Team aus Rustad mit Tor Olav Nesheim Hægeland, Iver Tildheim Andersen, dem mit Abstand schnellsten Athleten der zweiten Runde, und Lars Sørensen. 

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