Langlaufski schleifen: Einblick in den aktuellen Stand der Technologie - xc-ski.de Langlauf

Langlaufski schleifen: Einblick in den aktuellen Stand der Technologie

Ski schleifen mit der Wintersteiger RS 150 © Felgenhauer / xc-ski.de

Ob nun die Auswahl des passenden Skis, das Skiwachsen oder die Position der Bindung, alles bedarf eines gewissen Know-Hows. Beim Ski schleifen ist das genauso, auch wenn es für so manchen wie ein Buch mit sieben Siegeln erscheint. Wir haben Franz Schönberger besucht und ihn gebeten, uns an seiner neuen Wintersteiger-Skischleifmaschine etwas Einblick zu gewähren.

Sie sind die unangefochtenen Ski-Gurus – die Experten unter den Ski-Wachsern, Ski-Selektoren und insbesondere Ski-Schleifern. Ohne ihr geballtes Wissen und ihre Erfahrung wären wohl alle Rennläufer deutlich langsamer unterwegs. Franz Schönberger ist so einer. Seit Jahren beschäftigt er sich mit allem, was den Ski schneller macht. Und genau deshalb ist er der ideale Mann für uns, um dem Mysterium Skischliff auf den Grund zu gehen. Aber natürlich ist jeder Experte nur so gut, wie seine Ausrüstung, weswegen Schönberger in diesem Sommer in eine neue Schleifmaschine investiert hat. Im mittleren fünfstelligen Bereich liegen die Anschaffungskosten für eine Profimaschine und mit der Wintersteiger Omega RS 150 hat er sich eines der Top-Modelle für Langlaufski des Weltmarktführers zugelegt. Vorbei sind die Zeiten, in denen der Anpressdruck noch mit der Hand eingestellt werden musste oder die Struktur des Schliffes erst bei der Anwendung zu Tage trat. Aber alles der Reihe nach.

Ski schleifen mit Wintersteiger RS 150 © Felgenhauer / xc-ski.de

Wir haben drei Paar Ski mit dabei, die unterschiedlich lang in Gebrauch sind und auch unterschiedliche Bauweisen haben. Zunächst gilt es deshalb, den idealen Einsatzbereich festzulegen. Schließlich bringt es nichts, einen eher weichen Ski mit einem Schliff zu versehen, der nur bei kalten Temperaturen und vereister Strecke funktioniert. Mit seinem geprüften Blick hat der Sporthändler aus Außenried das schnell ermittelt. Bevor er sich aber an die Aufbringung des Rennschliffs macht, muss der Ski erstmal plan geschliffen werden. Das macht Franz mit seiner alten Schleifmaschine. Mehrmals lässt er meinen ältesten Ski über den Schleifstein ziehen, bis er mit dem Ergebnis zufrieden ist. Über die Jahre hat sich der Belag durch das Bearbeiten etwas gewölbt und lag deshalb nicht mehr plan auf dem Schnee auf. „Das ist aber insbesondere bei kalten Bedingungen enorm wichtig, um einen möglichst breiten Wasserfilm zu erzeugen, auf dem der Ski schneller gleiten kann“, weiß unser Schleifer.

Ski schleifen mit Wintersteiger RS 150 © Felgenhauer / xc-ski.de

Dann kann es losgehen. Die circa 450 Kilogramm schwere und damit schon fast „handliche“ Wintersteiger Omega RS 150 kommt zum Einsatz. Sie ist auch die erste Wahl, wenn die Techniker der Nationalmannschaften ihre Maschine mit zu den Großereignissen wie Olympische Spiele und Weltmeisterschaften nehmen. Der große Bruder RS NC bleibt derweil mit fast dem dreifachen Gewicht eher zuhause stehen. Über den Touchscreen hat Franz Zugriff auf die unterschiedlichen Parameter wie die Drehzahl des Schleifsteins, den Vorschub des Skis oder die Schleifkraft. Sie alle haben ihren Einfluss auf das Endprodukt, das aber natürlich am meisten von der Schliffstruktur bestimmt wird. 27 Schliffe sind auf der RS 150 mit Rennpaket voreingestellt. „Wir haben aber schon mehr als 500 Varianten ausprobiert und auf der eigenen Teststrecke hinter dem Haus getestet“, so Schönberger. Die Nähe zwischen Schleifmaschine und Schnee ermöglicht ihm eine effiziente Arbeitsweise. Ski schleifen, Ausgleiten, Umschleifen und wieder zurück nach draußen. „Wenn ein Schliff funktioniert, fährt der Ski schon mal 30 Meter. funktioniert er nicht, sind es nur 23 Meter. Das sind im Rennen natürlich Welten“, erklärt er weiter.

Ski schleifen mit Wintersteiger RS 150 © Felgenhauer / xc-ski.de

Nun ist mein erstes Paar Ski dran. Franz wählt das Schliffprogramm P52 am Touchscreen aus. P steht für Pfeilschliff und die Nummer 52 ist aus seiner Erfahrung heraus am besten für Temperaturen zwischen -2 und -10 Grad geeignet. „Natürlich wäre auch ein speziellerer Schliff möglich, der nur in einem Temperaturbereich von drei Grad funktioniert. Aber um dann alle Schneebedingungen und Temperaturbereiche abzudecken, bräuchte man mehr als zehn Paar Ski. Für den normalen Skilangläufer eignen sich universellere Schliffe viel besser.“ Das hält ihn natürlich nicht davon ab, Spezialschliffe auszuprobieren und für den Einsatz auf Rennskiern von Profis vorzubereiten. Nicht umsonst haben die Ex-Weltcupathleten Johannes Bredl und Josef Wenzl auf das Wissen von „Frando“ vertraut. Inzwischen hat der Diamant im Bauch der Maschine die Schleifstruktur auf den Schleifstein aufgebracht. Der Stein kann bei Wintersteiger Maschinen wie der RS 150 zweigeteilt genutzt werden. Mit der einen Hälfte wird so der Vorschliff gemacht, mit der anderen der Feinschliff. Effizienz ist hier bares Geld wert, denn Diamant und Stein nutzen sich mit der Zeit ab und müssen ersetzt werden.

Ski schleifen mit Wintersteiger RS 150 © Felgenhauer / xc-ski.de

Der Vorschliff ist fertig, jetzt folgt der Feinschliff. Mittels Zentrierhilfen läuft der Ski exakt gerade über den Stein, wichtig insbesondere bei Pfeilstrukturen und ähnlichen Mustern, damit diese nicht schief auf den Belag gelangen. Das Ergebnis ist wirklich erstaunlich. Mit dem bloßen Auge ist der Schliff gerade für den kalten Bereich kaum zu erkennen. Erst mit der Lupe wird das sichtbar, was zuvor am Touchscreen als Grafik in der Voransicht zu sehen war. Beim Durchklicken konnte man dort die unterschiedlichsten Muster auswählen. Vom linearen Schliff, über die Kreuz- und Pfeilstruktur bis hin zum Waschhbrettmuster. „Es gibt Schliffe, die schauen sehr schön aus, bringen aber nichts zur Verbesserung des Gleitverhaltens“, so Schönberger. Da ist die Teststrecke draußen einfach unverzeihlich. Was nicht funktioniert wird verworfen oder weiter optimiert. „Hat man einmal einen Top-Schliff gefunden, dann hütet man den wie seinen Augapfel. Was da an Arbeitszeit drinsteckt ist eigentlich unbezahlbar.“

Am Ende wird der Ski gesäubert und eingewachst. So ist er beim Transport geschützt und kann nach dem Abziehen und Ausbürsten sofort genutzt werden. Eine halbe Stunde später verabschiede ich mich mit drei Paar neu geschliffenen Ski im Gepäck und bin schon gespannt auf den ersten Praxistest!

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