Langlaufski wachsen: Wie dick muss ein Wachsfilm sein?

Fluorkonzentration auf dem Skibelag © www.team-snowstorm.de

Fast jeder Langläufer kennt die Geschichten, dass ein neuer Ski erst mehrere Male gewachst und wieder abgezogen werden muss, ehe er gut läuft. Bekannt ist auch, dass der Ski vor der Sommerpause dick gewachst werden muss, damit er zum nächsten Winter nicht grau aus dem Keller kommt. Der folgende Beitrag erklärt, inwieweit Wachs schützende Wirkung gegen Vergrauung bietet, wie lange dieser Zustand anhält und wie er verbessert werden kann.

Schutz vor Oxidation

Die Laufsohle der Ski besteht in der Regel aus hochdichtem Polyethylen (HDPE) oder bei Wettkampfski aus ultrahochmolekulargewichtigem Polyethylen (UHMWPE). Diese Polymere haben unterschiedliche Qualitäten und können zudem mit unterschiedlichen Verfahren hergestellt worden sein, so dass die Beläge unterschiedlich stark oxidieren, das heißt grau werden. Qualitativ hochwertige Beläge zeigen kaum Vergrauung und verhalten sich auch über lange Zeiträume stabil. Hat man nun einen Ski, der zu Vergrauung neigt, hilft mehrfaches Wachsen und Abziehen, da diese Schritte die Oxidhaut entfernen. Ist das Oxid dick, so kann anstelle der Plastikklinge eine aus Stahl verwendet werden. Wachs deckt den Skibelag ab und verhindert, dass das Polymer mit Sauerstoff in Kontakt kommt. Wird der Ski gefahren, wird er durch die Schneekörner gerieben, ein Prozess bei dem lokal Wärme entsteht.  Nach flächigem Aufbringen von Wachs, nachfolgendem Abziehen mit der Kunststoffklinge und Ausbürsten bleibt auf dem Skibelag nur noch ein Hauch von Paraffin übrig. Die Frage ist nun, wie dick oder dünn dieser Hauch ist und ob er ausreicht, den Ski vor Oxidation, das heißt Vergrauung und Verschlechterung der Gleiteigenschaften zu schützen.

Wachsverteilung

Um der Lösung dieser Frage näher zu kommen, wurde ein Skibelagsstück mit fluorhaltigem Wachs behandelt. Nach der Präparation kam physikalisch/chemische Oberflächenanalytik zum Einsatz. Da das Wachs Fluor enthielt, wurde die Suche auf dieses Element beschränkt. Zur Sichtbarmachung der Wachsverteilung auf dem Skibelag kam Infrarotspektroskopie zum Einsatz. Mittels Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) wurde die Eindringtiefe des Wachses in den Belag gemessen. Die Infrarotspektroskopie zeigte, dass das Wachs hauptsächlich auf den Bergen zwischen den Schleifriefen zu finden ist (rote Töne), während in den Riefen selbst kaum Wachs vorhanden war (grüne Töne). Insgesamt ist das Wachs ungleichmäßig verteilt, bildet also keine homogen abdeckende Schicht.

Wachsschichtdicke

Mit dem zweiten Verfahren (XPS) wurde der Belag Lage für Lage abgetragen und so ein Tiefenprofil erstellt. Dieses Profil belegt, dass nach ca. 800~nm (1~nm = 1~Milliardstel Meter) nahezu kein Fluor mehr zu finden war. Das bedeutet, dass man tatsächlich nur einen Hauch Wachs zur Verfügung hat. Verglichen mit dem Burj Khalifa (828~m) würde eine Wachsschichtdicke von 800~nm der Höhe eines Barhockers entsprechen. Mit den Modellvorstellungen aus „Wachs oder kein Wachs: Wie wird der Skibelag schneller?“ stellt sich allerdings die Frage, ob man überhaupt von einer Schicht auf dem Belag sprechen darf. Da sich Wachs mit den Polymerketten des Belags verbindet, bildet sich die Gleitschicht, die den Fahrspaß ermöglicht und den Ski vor Vergrauung schützt. Den kompletten Artikel lest ihr hier: www.team-snowstorm.de

Matthias Scherge

Matthias Scherge beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit den Grundlagen des Gleitens auf Eis und Schnee. Er leitet das MikroTribologie Centrum, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer Gesellschaft und des Karlsruher Instituts für Technologie, wo er als Professor das Fach Tribologie lehrt. Die Tribologie ist die Wissenschaft von Reibung, Verschleiß und Schmierung und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Gleitverhalten von Kufen und Ski. Seit 2012 berät Scherge das Nordic Paraski Team Deutschland und leitet das Team Snowstorm, ein leistungsfähiges Netzwerk aus Hochschulpartnern und Unternehmen zur Unterstützung von Athleten und ambitionierten Wintersportlern: www.team-snowstorm.de