Im zweiten Anlauf zur Vasalauf-Medaille? - xc-ski.de Langlauf

Im zweiten Anlauf zur Vasalauf-Medaille?

Am Start © Jürgen Binder

Von Thomas Oestreich

Vor ungefähr einem Jahr habe ich meine Erlebnisse bei meiner Vasalauf-Premiere in einem Bericht zusammengefasst. Damals war ich an meinem Ziel „Vasalauf-Medaille“ gescheitert und frustriert. Da ich dieses Jahr erfolgreich war, war es naheliegend diesen Text mit „Im zweiten Anlauf zur Vasalauf-Medaille“ zu überschreiben. Aber eigentlich sollte er „Warum der erste schnelle Weg zum Erfolg nicht immer der beste ist“ heißen.

Training auf der Vasalauf-Strecke © @TOBIAS BURGER

Aber beginnen wir einfach mit den direkten Rennvorbereitungen: Am Tag vor dem „großen Tag“ hatten wir noch eine kurze Streckenbesichtigung bei Risberg durchgeführt und anschließend ein schmackhaftes Reisgericht gegessen, das unsere österreichischen Mitbewohner gekocht hatten. Allmählich stieg die Anspannung! Eigentlich komisch: Ich war freiwillig da, hatte dafür bezahlt und wollte dieses Rennen laufen. Aber irgendwie wäre ich dann doch am Liebsten davon gelaufen. Aber das gehört wohl einfach dazu! Die Anspannung hat sich dann gelegt, als ich nicht mehr warten musste, sondern etwas tun konnte: Alles für den kommenden Tag vorbereiten. Besonders angenehm war es, dass ich mich nicht um die Präparation der Skier kümmern musste. Diese wurden professionell von Eddi (Wachser von Thomas Freimuth) präpariert. Erfreulicherweise konnte ich dann auch schon bald und sehr gut schlafen. Von der Tatsache, dass ich deutlich vor dem Wecker aufgewacht bin, habe ich mich nicht beunruhigen lassen. Ich wusste, dass das Rennen nicht in der Nacht davor entschieden wird, sondern in welcher Verfassung man sich insgesamt befindet und wie erholt man ist. Und irgendwie hatte ich die Gewissheit, dass es heute mit der Medaille klappt! Ich war gut vorbereitet und hatte meine „Hausaufgaben“ erledigt.

Für den weiteren Ablauf bis zum Start hatten wir ein perfekt ausgearbeitetes „Drehbuch“ unseres A|N-Teammitgliedes Anders Karlén. Anders ist aus Schweden und hat dieses Jahr seinen 43. Vasalauf in Angriff genommen. Eine für mich unvorstellbare Leistung! Was für ein Vorteil, wenn man auf die geballte Wettkampferfahrung eines Veteranen zurückgreifen kann und nicht jede schlechte Erfahrung selbst machen muss! Allerdings war ich schon etwas verwundert, wieviele Leute bereits um 5.15 Uhr am Start gewartet haben! Wollten die in etwa alle eher dran sein, als letztes Jahr!? Trotzdem haben wir uns ganz brav hinten angestellt. So haben wir schließlich einen Startplatz ungefähr in der Mitte der dritten Startgruppe, leicht rechts des „Mittelstreifens“ erhalten. Und geschneit hat es, als ob Frau Holle etwas nachzuholen hätte 😉 Naja – das hatte sie ganz bestimmt. Aber wenn sie mich gefragt hätte, dann hätte sie damit auch gut und gerne noch einen Tag warten können 😉 In Zukunft würde ich dafür eine Regenjacke überziehen, damit die Kleidung nicht feucht wird. Eine andere Mütze und Handschuhe dabei zu haben, hat sich sehr bewährt. So kann man den Wettkampf mit trockenen Sachen beginnen.

Nach einem gemeinsamen Selfie mit den Teamkameraden Klaus und Jürgen haben ich mich dann startklar gemacht – die Elite im Blickfeld und beinahe in Reichweite 😉 Und dann ging es auch schon Punkt 8.00 Uhr los! Meine Spur war frei und ich konnte ohne Unterbrechung vor bis zum Startberg fahren. Auch dort ging es ganz gesittet zu. Eigentlich erstaunlich, wie gut die Sportlerinnen und Sportler bei den beengten Bedingungen miteinander umgehen! Ist das vielleicht das skandinavische „hygge“? Im Gegensatz zum letzten Jahr bin ich nur einmal an der starken Linkskurve kurz gestanden. Ständig nach vorne zu kommen war ein ganz neues und schönes Gefühl – die Qualifikationsrennen haben sich also schon bezahlt gemacht. Das Steigwachs unter meinen Skiern hat gut gehalten. Die „Schieber“ hatten es hier extrem schwierig, weil kaum Platz für Stöcke war. Ich konnte Gas geben und hatte auch schon einen guten Puls 😉

Oben nach dem höchsten Punkt musste ich dann leider feststellen, dass die Loipen dieses Jahr kaum besser sein würden, als im vergangenen Jahr. Aber: Bange machen lassen gilt nicht! Da am Anfang wieder alle meinten unglaublich schnell zu sein und deshalb links fahren zu müssen, habe ich einfach ganz rechts überholt. Entweder selber voraus gehen oder sich einfach einem anschließen, der selbiges gemacht hat. Erfreulich war, dass dieses Jahr uns kein starker Wind entgegen wehte. So habe ich nicht gefroren und konnte mich auf meine Arbeit konzentrieren: Schub für Schub meine tollen und leichten Start-Stöcke in den frischen schwedischen Schnee rammen.

Der Weg bis Smågan war uns von den Streckenbesichtigungen bekannt – trotzdem habe ich ihn als länger empfunden. Kommt das vielleicht von der schlechteren Sicht und den langsameren Spuren? Aber auch da hilft nur eines: Nicht über die Distanz nachdenken, sondern Kilometer für Kilometer abarbeiten. An der Verpflegungsstation habe ich mich dann an den Rat von Team-Kollege Armin gehalten und nicht zum Trinken gestoppt – schließlich hatte ich ja den Trinkschlauch dabei, aus dem ich rechtzeitig zu Trinken begonnen hatte – immer drei Schluck. Hinter der Verpflegungsstation habe ich unseren Freund und Fahrer Uwe kurz gegrüßt und rechts stehen lassen, da ich die Reservestöcke nicht benötigt hatte 🙂

Weiter ging es nach Mangsbådarna – ein Streckenabschnitt an den ich mich nicht so gut erinnern kann. Aber auch diese Verpflegungsstelle habe ich rechts liegen lassen, was kein Problem war, da ich fleißig aus meinem Trinkschlauch getrunken hatte 🙂 Unterwegs gab es immer wieder die Entscheidung: Der Schlange bzw. Kolonne hinterher laufen oder überholen? Solange das Tempo hoch genug war, bin ich in der Schlange geblieben. Aber ab und zu kam ein angriffslustiger Läufer von hinten und dann bin ich ihm gefolgt. Man kann sich doch nicht einfach überholen lassen! Manchmal hat es ganz gut geklappt – manchmal musste man den Versuch wieder abbrechen, weil es außen zu langsam oder die Spur zu schlecht wurde. Aber wenn zwei Drittel der Versuche erfolgreich waren, dann war es ein gutes Geschäft: #EverySecondCounts!

Vermutlich kam uns irgendwo auf diesem Streckenabschnitt die Pistenraupe entgegen. Aufgrund meiner Erfahrung vom letzten Jahr habe ich keine Sekunde gezögert, sondern habe sofort rüber in die neue Spur gewechselt und die besseren Bedingungen genutzt und viele Leute überholt 🙂 In diesen Fällen darf man sich nicht auf die „Intelligenz der Gruppe“ verlassen – diese nutzt nicht immer die schnellste Spur. Selbst ausprobieren und selbst entscheiden lautet die Devise! Soweit hatte ich ein gutes Gefühl. Mein Startplatz war vielleicht nicht ganz optimal und meinem maximalen Potential entsprechend – ich konnte aber flüssig starten, mich allmählich steigern und ständig Leute überholen. Das ist ein gutes Gefühl und ist sicher besser, als wenn man zu schnell startet.

Und dann galt es auch schon nach Mångsbodarna das Tempo in den weiteren Abfahrten mitzunehmen. Und das ging sehr gut, dank hervorragender Ski! Wir haben seit diesem Winter hervorragende Ski von Fischer, die vom Wachser Eddi vom A|N-Ausdauernetzwerk hervorragend präpariert worden waren! Ich glaube mir ist im ganzen Vasalauf nur ein- oder zweimal jemand in der Abfahrt davon gefahren. Ansonsten habe ich entweder mitgehalten oder bin sogar schneller gefahren 🙂 Allerdings kam dann doch etwas Unruhe auf, als zwei junge Schwedinnen aus einem Team überholt hatten. Ich und andere haben versucht an ihnen und ihrem Begleiter dran zu bleiben – ich musste aber akzeptieren, dass sie im Moment für mich zu stark sind. Bald sind wir dann an der Stelle angekommen, die wir vom Skitest kannten. Und schon ging es in die ersten Anstiege Richtung Risberg. Die Anstiege waren mir vom Vortag noch gut in Erinnerung. Allerdings waren sie nun durch die schlechten Bedingungen schwieriger bzw. langsamer zu laufen. Ich habe deshalb mein Steigwachs genutzt und so die Arme etwas geschont. Meistens habe ich in solchen Situationen die „Schieber“ überholt. Habe dann einen Augenblick geglaubt, ich sei der neue Klæbo 😉

Nach dem Anstieg ging es dann um die Kurve und über einige Wellen in die berühmt-berüchtigte Abfahrt nach Risberg. Ich habe mich links gehalten und hatte freie Fahrt – habe aber gesehen, wie ein Läufer einen anderen Läufer durch einen Spurwechsel gnadenlos „umgemäht“ hat. Schade für ihn – gut, dass es nicht mich erwischt hatte! Der Risberg scheint irgendwie verhext zu sein: Unter normalen Bedingungen kommt da jeder problemlos runter – aber ein Vasalauf ist eben „nichts Normales“!

Auf dem weiteren Weg nach Risberg habe ich dann meine erste feste Verpflegung zu mir genommen, weil ich ein leichtes Hungergefühl hatte. Dazu hatte ich in meinem Trinkgürtel vorne kleine Tütchen mit einem halben Riegel und einer Guarana-Tablette (Koffein). Dadurch, dass die Packung offen war, konnte ich es gut entnehmen und essen. Alles natürlich während des Fahrens – #EverySecondCounts! Die Verpflegung ist eine sehr individuelle Sache. Es gibt viele die lediglich flüssige Nahrung zu sich nehmen. Ich selbst bekomme dabei ein Hungergefühl, das nicht gerade die Angriffslust und Zuversicht steigert. Mit etwas Festem im Bauch geht es dann wieder gut 🙂 In Risberg habe ich zum ersten Mal zwei, drei Schluck des angebotenen Sportgetränkes genommen. Dabei habe ich kaum Zeit verloren und bin schnell weiter. Trotzdem kam einer aus der Verpflegungsstelle wie eine Kugel geschossen und hat mich überholt. Also flugs dran geheftet und anschließend die alten Bedingungen wieder hergestellt 😉

Der nächste Abschnitt bis Evertsberg gehört nicht gerade zu meinen Favoriten – ist irgendwie unangenehm zu laufen, insbesondere bei langsam Bedingungen. Ziemlich genau auf halber Strecke habe ich dann rechts eine A|N-Mütze gesehen! Es war Jürgen, der sich vor einem unangenehmen Anstieg mit einem Gel stärkte. Das hat mich etwas irritiert, da ich fest davon überzeugt gewesen war, dass ich den Team-Kollegen Klaus und Jürgen schon längst davongelaufen wäre. Egal – schnell weiter laufen und Jürgen nicht zum Einholen oder Mitlaufen auffordern 😉

In Evertsberg habe ich auch nur sehr wenig Zeit für wenige Schluck vom Sportgetränk verloren und weiter ging es in die Abfahrt. Die Loipen waren hier besonders schlecht. Vor mir war eine Person, die ich für eine Skilangläuferin hielt und ich habe sofort überholt. Es gibt sehr viele gute Frauen, häufig fehlt jedoch etwas Kraft und dann sollte man nicht hinter ihnen Zeit verlieren. Naja – es war dann keine Frau, sondern ein schlacksiger junger Mann mit einer rosanen Mütze 😉

In den folgenden Abfahrten ging es ganz ordentlich voran – wenngleich man sehr stark konzentriert sein musste. Man musste jederzeit damit rechnen, dass ein Läufer vor einem in dem „unruhigen Geläuf“ stürzen könnte. Es ging aber alles gut und wir sind unter der Straße hindurch in den Streckenabschnitt eingefahren, den wir vom ersten Besichtigungstag kennen. Dort habe ich dann wohl den reichen Tschechen überholt, der das Team von ?ezá? sponsort. Naja – viel Geld macht noch keine schnellen Beine 😉 Damit hatte ich meinen ersten „Skalp“ von einer Person aus dem ersten Starterfeld. Ich habe immer mehr Nummern aus dem zweiten Startblock um mich herum gesehen und wusste dadurch, dass ich gut unterwegs bin. Dort im Gelände waren viele Zuschauer und ordentlich Stimmung 🙂 Allerdings war es wieder deutlich schwerer zu gehen, als während der Streckenbesichtigungen. So ein „bisschen Neuschnee“ und fehlende Loipen verändern das Spiel dann doch erheblich! Und so hat es sich auch ziemlich in die Länge gezogen, bis wir endlich in die Abfahrten Richtung Oxberg gekommen sind. Aber auch hier habe ich immer wieder die Möglichkeiten zum Überholen gesucht und genutzt. Und natürlich habe ich in der Kurve direkt unterhalb der Verpflegungsstation den Rat meines Trainers Thomas Freimuth berücksichtigt und bin etwas weiter außen gefahren, um aus der „Schuss- bzw. Sturzzone“ zu sein. Sehr erfreulich war, dass man noch nirgendwo etwas von einem Zieleinlauf oder Sieger gehört hatte. Damit standen die Chancen ganz gut, dass es mit der Medaille etwas wird!

In bekannter Manier ging es nach wenigen Sekunden schon weiter. Leider nicht so flüssig, wie am vergangenen Donnerstag. Naja – die schon absolvierte Distanz und der Zustand der Strecken haben dazu beigetragen. Wieder war ich dankbar dafür, dass ich nicht alles „durchdrücken“ musste, sondern diagonal den einen oder anderen Anstieg nehmen konnte. Für sauberes Diagonalgehen hat der Stieg häufig nicht mehr gereicht – es war aber möglich neben der Spur leicht ausgegrätscht „à la Klæbo“ zügig und doch einigermaßen kraftsparend nach oben zu kommen. Auf diesem Abschnitt habe ich wieder einen halben Riegel und eine Guarana-Tabelle zu mir genommen. An einem der folgenden Anstiege wurde wohl eine Technik-Kontrolle durchgeführt: Ein Mann in einem Swix-Anzug hat die ganze Zeit mit seinem iPad gefilmt. Das begrüße ich sehr, denn wer sich durch „glatte Ski“ einen gewissen Vorteil in der Ebene und Abfahrten verschafft, der muss auch die damit verbundenen Nachteile im Anstieg auf sich nehmen. Immer wieder musste ich mich wieder ans Überholen erinnern: Ich dachte, wenn ich jetzt bequem in der Kolonne laufe und mir nachher wenige Sekunden zur Medaille fehlen, dann würde es mich brutal ärgern. Deshalb: Lieber raus und überholen und die Komfort-Zone verlassen!

Vorbei am „Alpinbakken“ ging es dann aufwärts und weiter Richtung Hökberg. Unterwegs habe ich gerne ein von Enervit angebotenes Gel angenommen 🙂 Weiter ging es hoch zur Verpflegungsstation. Dort wurde ich dann vom Sprecher auch angekündigt: „Hier kommt Thomas Oestreich, der den weiten Weg von Deutschland auf sich genommen hat, um hier mitzulaufen!“ So gefällt‘s mir 🙂 Und nach einigen Anfeuerungsrufen ging es weiter in die bekannte Strecke nach Eldris. Ab sofort war das Ende in Sicht, die Anstiege weniger und es kam der Streckenabschnitt, den ich gut kannte. Auf ihm war ich mit meinem Bruder Klaus am Donnerstag bei der Streckenbesichtigung so zügig gefahren, dass keiner von unserer Gruppe mithalten wollte und ich freute mich besonders auf den hinteren Abschnitt vor Eldris, der mir vom Training im Januar bestens vertraut war 🙂 Und deshalb gab es auch keine Zurückhaltung und kein Diagonalgehen mehr, sondern kontrollierte Attacke nach vorne! Ich habe überholt, bin alleine in anderen Spuren gefahren als der Rest und habe mich des Lebens gefreut 😉 Und die Kilometer sind einfach nur so verronnen – ständig hat ein Piepsen der Uhr angezeigt, dass schon wieder ein Kilometer hinter mir ist. Es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn man gegen Ende hin noch „etwas im Tank hat“ und überholen kann 🙂 Unterwegs habe ich an den Startnummern gesehen, dass ich gut unterwegs war: Ich war mitten in der Startgruppe zwei angekommen. Aber auch vereinzelte Läufer aus Startgruppe eins und einen unglücklichen Läufer aus der Elite hatte ich überholt.

In Eldris habe ich mir noch drei Schluck Kaffee gegönnt und dann ging es weiter – dem Ziel entgegen! Ich habe fleißig überholt und Spuren getestet. Wo geht es am schnellsten dem Ziel entgegen? Irgendwann wurde ich überholt und habe mich an den Überholenden geheftet 🙂 Wir sind hart im DP in die kleinen Kuppen und darüber. Erst in der letzten Abfahrt nach unten beim Ski-Stadion in Mora konnte er mich abschütteln. Die Bilanz war trotzdem positiv – viele Läufer überholt 🙂 Etwas Bedenken hatte ich noch vor den letzten Anstiegen – die waren mir als anstrengend aus dem letzten Jahr in Erinnerung. Aber wenn es läuft – dann läuft es! Die Anstiege waren scheinbar kleiner als im letzten Jahr und schon bald ging es unter der Brücke durch zum Mora-Parken. Und immer fleißig überholen! Und dann kam schon die Kirchturmspitze ins Blickfeld. Auf diesen Augenblick hatte ich mich gefreut! Nun nur noch über die Aukland-Brücke und den darauffolgenden kleinen Anstieg beim Museum. Dabei habe ich versucht keinen Grund für eine „Anklage“ zu bieten, da ein Schild „Technik-Kontrolle“ geradezu „drohend“ dort stand. Ich bin hochgegrätscht – naja geschwindigkeitstechnisch nicht ganz optimal, aber der wichtige Abschnitt kam erst: Nach der rechtwinkeligen Kurve hatte ich mir vorgenommen nochmals alles in die Stöcke zu legen und zu überholen, was geht! Also rechts raus – eigene Spur und „volle Lotte“ auf die Stöcke hauen! Und ich habe überholt und überholt. Aufgeben gilt nicht – erst wenn man im Ziel ist darf man sich ausruhen! Dort war ich dann einen Augenblick etwas wackelig und habe meine Ski mit denen einer anderen Person verhakt 😉 Also schnell weiter und die Medaille abholen! Zeitmesschip abgeben, süßes Teilchen nehmen und dann war ich etwas irritiert: Wo sind die Medaillen!? Oder haben die mich übersehen!? Aber dann habe ich gesehen, dass ich noch etwas weiter muss und dann habe ich das ersehnte Stück auch schon um den Hals gehängt bekommen 🙂 Erst jetzt konnte ich es wirklich glauben, dass ich es geschafft hatte: Ich hatte die Vasa-Medaille erkämpft! Und das bei äußerst anspruchsvollen Bedingungen.

Am folgenden Getränkestand habe ich eine tolle Überraschung erlebt: Dort stand doch tatsächlich die Olympiasiegerin und Weltmeisterin Uschi Disl! Sie war sich nicht zu schade gemeinsam mit ihren Kindern Amateuren wie mir Getränke auszuschenken. Wow! Natürlich habe ich sie angesprochen und wir haben ein kurzes und sehr angenehmes Gespräch geführt. Nach dem Umziehen war es dann sehr schön die Team-Kollegen und Reisegefährten in der Eishockey-Halle zu treffen und gemeinsam zu essen. Und besonders schön ist es, wenn alle einen Grund zur Freude haben: Neben mir haben auch Klaus, Jürgen und Esko die begehrte Vasa-Medaille bekommen! Nach dem Essen haben wir unser Diplom geholt und zur Feier des Tages unsere Medaille mit dem Namen und unserer Wettkampfzeit lasern lassen. Es ist einfach toll, wenn man seine Ziele erreicht hat 🙂 Dass es nicht beim ersten Mal geklappt hat, macht die Sache eigentlich nur noch wertvoller! Und als kleines „goodie“ oben drauf gab es noch die Tatsache, dass ich Personen überholt habe, die im Block zwei gestartet waren oder mich in den letzten Jahren noch deutlich in die Schranken gewiesen hatten. So können sich die Zeiten ändern 😉

Wenn ich die Chance habe den Vasa nochmals zu machen, dann würde ich natürlich versuchen in die Startgruppe 2 zu kommen, weil ich nun gemerkt habe, wieviel die Startgruppe ausmacht. Im Training würde ich noch mehr darauf achten, dass ich durch eine geeignete Streckenwahl das Training stärker akzentuiere: Flache Strecken für Tempo, gleichmäßige Anstiege und auch kurze unangenehme Rampen, um auf alles vorbereitet zu sein. Dabei würde ich weiter an meiner Technik arbeiten. Ich habe einige beobachtet, die mit einer recht sparsamen Technik mit kurzen, leichten Schüben ganz gut die Berge hochgekommen sind – es gibt mehrere Wege zum Ziel und Techniken. Dementsprechend würde ich an der Ercolina (Armkraftzuggerät) auch höhere Widerstände ziehen, bei denen ich Rampen simuliere, die ich mit kurzen Schüben überwinde. An der Technik generell würde ich daran arbeiten schön aufrecht zu sein, eine bessere Vorlage zu bekommen um mehr Gewicht auf die Stöcke zu bekommen.

Team © Tobias Burger

Sicherlich wird sich jetzt der Eine oder Andere fragen, wie man es schafft die Medaille dann doch zu erreichen und die Wettkampfzeit um eine ganze Stunde zu drücken. Antworten ließe sich darauf sicher vieles, aber besonders wichtig erscheint mir: Es gibt keine Abkürzungen zum Erfolg. Und auch wenn man fleißig und motiviert ist, kann man keine Stufen überspringen. Man muss Schritt für Schritt lernen, die Technik verbessern, Trainingsstunden und -kilometer sammeln und mental stärker werden. Mental stärker wird man im Training, wenn man erfährt, was man kann und dies in Wettkämpfen bestätigen kann. Und natürlich hilft es auch, wenn man gutes Material (Ski, Stöcke, Skipräparation) hat. Ein ganz großer Dank geht daher an meinen Trainer Thomas Freimuth und seine Frau Sabine!

P.S. Seit dem Rennen „Toblach – Cortina“ versuche ich eine etwas andere Einstellung zum Sport zu haben. Ich arbeite als Berufsschullehrer und hatte mich in einer Mittagspause um eine Schülerin gekümmert, der es sehr schlecht ging. Sie kam etwas später ins Krankenhaus und hat auf der Intensivstation zwei Tage um ihr Leben gekämpft. Wenn es dumm gelaufen wäre, dann hätte sie mich anstecken können. Dass ich am darauffolgenden Wochenende nach einem ärztlichen „OK“ beim Rennen „Toblach – Cortina“ starten konnte, habe ich daher als großes Privileg empfunden: Ich bin dankbar dafür, dass ich gesund bin, dass ich es mir leisten kann Sport zu machen, wenn ich in der Natur unterwegs sein kann und wenn ausreichend Schnee liegt. Ganz in diesem Sinne der schwedische Gruß: „Vi sees i sporet!“ (Wir treffen uns in der Loipe!)

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