Jessie Diggins verletzte sich kurz vor dem Saisonstart am Fuß, während Flora Dolci sich ausführlich und emotional zu ihrem Absturz beim Paragleiten äußert. Johannes Høsflot Klæbo verlängert seinen wichtigsten Sponsorenvertrag und die FIS hat ihre endgültige Entscheidung für die kommende Olympiasaison getroffen.
Kleiner Rückschlag für Diggins
Für Jessie Diggins läuft die Vorbereitung auf die letzte Saison ihrer Karriere nicht nach Plan. Laut eigener Aussage ist es aber nur ein kleiner Rückschlag, nachdem sie letzten Winter nach ihrer Plantarfasziitis im linken Fuß mit Sehnenanriss länger Beschwerden hatte und sie auch im Sommer noch 20 Minute physiotherapeutische Übungen täglich absolvierte. Am Rande des Trainingslagers in Park City sollten nun zwei Skiroller-Rennen stattfinden, von dem Diggins aber nur an einem teilnahm. Der Grund ist es Verletzung, die sie sich nach dem Rennen zuzog, wie sie auf Instagram erklärte: „Ich wollte heute eigentlich ein weiteres Skiroller-Rennen bestreiten, stattdessen sitze ich hier in Birkenstock auf dem Spinningbike. Gestern habe ich mir den Zeh angestoßen an einer Ecke einer Couch und habe ihn mir gebrochen. Der wurde nun getapt – mehr kann man nicht machen. Aber sowas passiert und am Ende des Tages ist es nur ein Stolperstein und eine interessante Geschichte auf dem Weg zu den Olympischen Spielen. Das ist das erste Mal, dass ich mir einen Zeh breche, aber das ist kein großer Rückschlag. Und ich konnte die Krankenschwestern mit meinem Glitzer erfreuen, den ich von gestrigen Rennen noch drauf hatte.“ Wie lange sie sich schonen muss, sagt sie zwar nicht. Üblicherweise heilen solche Verletzungen aber innerhalb von vier bis sechs Wochen. Die volle Belastung und Sport sollten erst nach etwa sechs Wochen wieder aufgenommen werden, da Schmerzen noch länger anhalten können. Ob das bedeutet, dass Diggins bis zum Saisonbeginn nur auf dem Spinningbike trainiert oder ob es mit der Genesung doch schneller geht, wird man abwarten müssen.
Flora Dolci äußert sich zum Unfall
In einem langen Post auf Instagram nimmt Flora Dolci erstmals zu ihrem Paragliding-Unfall Stellung, der zwar ihre Saison vorzeitig beendete, aber ohne neurologische Folgen blieb – wenn auch nur ganz knapp. Unter der Überschrift „Ein plötzlich ereignisreicher Geburtstag“ schreibt sie: „Ein Tag, der angenehm zu werden versprach, mit einem Programm, das mir gefiel. Ein wunderschöner blauer Himmel, eine Herbstsonne, die genau richtig wärmt.“ So geht es in netter Gesellschaft auf den kleinen Gipfel hinter dem Haus und zunächst ist der Ausflug wunderschön. „Das änderte sich innerhalb weniger Minuten. Eine hektische Minute führte zu einer viel zu schnellen Rückkehr auf den Boden. Ich sehe mich fallen und weiß, was passieren wird. Ich habe Zeit, mir zu sagen: ‚Du wirst dich verletzen!‘ Ich gerate nicht in Panik. Es hat keinen Sinn in Panik zu geraten, wenn man nicht ändern kann, was als Nächstes passiert.
Ich schlug hart auf den Boden auf, sehr hart. Mir ist klar, dass es ernst ist. Ich schaue auf meine Beine, sie sind unter mir angewinkelt. Ich kann sie nicht bewegen. Die Jungs sind noch oben, aber sie kommen schnell runter, um nach mir zu sehen. Ich sage zu ihnen, sie sollen die 112 rufen, es ist ernst!
Das ist der 26-Jährigen klar. Schnell kommt die Rettungskette in Gang und ein Hubschrauber bringt sie ins Krankenhaus nach Briançon, wo sie genau untersucht wird. „Nachdem ich meine Position geändert hatte, kehrte das Gefühl ich den Beinen zurück. Mein Knöchel war so dick wie eine Kartoffel und mein Rücken schmerzt, aber ich denke mir: ‚Es wird schon wieder, es ist vielleicht nicht so schlimm.‘ Aber als der Arzt nach Sichtung der Bilder zurückkommt, sieht er nicht gut aus. Er erklärt mir, dass es schlimmer ist als gedacht. Er ist überrascht, dass ich meine Beine bewegen kann, weil der vierte Lendenwirbel an einer Stelle gebrochen ist, wo sich die Nerven des Rückenmarks befinden“, sagte Dolci, die für die Notoperation nach Grenoble verlegt wurde: „Die Operation verlief gut. Jetzt ist es an der Zeit, die neue Situation anzunehmen mit den acht Schrauben und Platten in meinem Rücken und dem Gipsverband an meinem Fuß, der die Aufgabe hat, all die kleinen Brüche und anderen Verletzungen zu heilen, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe.“ Die Verletzungen werden heilen, aber alles braucht seine Zeit. Es hätte auch viel schlimmer kommen können: „Im Krankenhaus wurde mir bewusst, wie viel Glück ich hatte. Bei diesem Unfall und generell im Leben. Nach und nach werde ich meine Geschichte weiterschreiben und jeden Moment des Lebens genießen. Manchmal wird es nicht leicht sein, aber das Leben ist zu kurz, um sich von negativen Emotionen überwältigen zu lassen“, sagt sie reflektiert. „Diesen Winter werde ich keine Erfolge oder Siege auf Skiern feiern, aber in den letzten Tagen habe ich jeden Tag andere Erfolge gefeiert: Aufstehen, Gehen und mehr Unabhängigkeit bei einfachen Dingen!“
Über das Karriereende hinaus
Johannes Høsflot Klæbo hat seinen Vertrag mit einem seiner wichtigsten Sponsoren, dem Mineralölkonzern Uno X Mobility, der auch Johannes Thingnes Bø unter Vertrag hatte und ein eigenes Radsport-Team hat. Dass der nach der Heim-WM ausgelaufene Vertrag verlängert wird, war ein großes Ziel des Konzerns: „Johannes weiterhin in unserem Team zu haben, war ein wichtiges Ziel für uns“, sagte Sponsorschaft Manager Vidar Riseth. Im Falle von Johannes Høsflot Klæbo geht der Sponsorenvertrag sogar über sein Karriereende hinaus. Wenn er irgendwann die Langlaufski in die Ecke stellt, erhält er einen Job bei der Reitan Gruppe, die zu Uno-X gehört. Reitan AS ist eine große norwegische Holdinggesellschaft, die in den Bereichen Lebensmittel (mit der Supermarktkette REMA 1000), Einzelhandel (Kioske wie Narvesen, 7-Eleven), Immobilien und Energie tätig ist. Vidar Riseth ist es auch, der in dann während der Übergangsphase unterstützen wird. Es soll ein Wissensaustausch zwischen dem Athleten und der Firma stattfinden. „In der Zukunft werde ich seine Position einnehmen“, witzelte der sechsfache Weltmeister von Trondheim. „Wir werden sehen, ob es in sieben, acht oder neun Jahren der Fall sein wird.“ Weiter sagte er zu NRK: „Es ist schön, verschiedene Dinge auszuprobieren. Ich hoffe, dass wir die nächsten fünf Jahre gut zusammenarbeiten und verstehen, wie die Dinge gut laufen. Die Idee ist, mich langsam einzuarbeiten und zu sehen, ob es eine Umgebung ist, in die ich passe. Wenn die Zeit gekommen ist, werden wir eine Einschätzung machen.“ Welchen finanziellen Wert der Vertrag hat, wurde nicht öffentlich. In seinem letzten Vertrag ging es um 25 Millionen Kronen, also etwa 2,1 Millionen Euro.
Endgültige Entscheidung der FIS steht
Nach langem Ringen steht nun fest: Es wird in den FIS-Sportarten, darunter Langlauf und Nordische Kombination, keine neutralen Russen und Belarussen geben. Eine Entscheidung wurde immer wieder vertagt, nachdem das IOC im Frühjahr grundsätzlich grünes Licht gegeben hatten – die Entscheidung lag aber final bei den jeweiligen Verbänden. Letzte Woche hatte der Internationale Skiverband eine E-Mail an alle nationalen Verbände geschrieben, die auch eine Umfrage enthielt, mit der sich die FIS schon vorab einen Eindruck verschaffen wollte, wie die Entscheidung ausfällt. Heute wurde dann also offiziell abgestimmt und am späten Nachmittag gab die FIS die Entscheidung gegen die Russen bekannt. Dieser Beschluss war von vielen erwartet worden, überraschte aber auch einige. So war Norwegens Skipräsidentin Tove Moe Dyrhaug gegenüber NRK überglücklich mit dem Ausgang: „Für uns war klar, dass sich nichts geändert hat, so sind wir zufrieden, dass es mit einem Nein geendet hat. Es gab unterschiedliche Meinungen, aber ich bin froh und erleichtert, dass wir zu dieser Entscheidung gekommen sind.“ Johannes Høsflot Klæbo unterstützt die Entscheidung: „Ich halte es für die richtige Entscheidung. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin der Meinung, dass die Russen nicht starten sollten, so lange der Krieg andauert. Wenn der Krieg beendet ist, ist das eine andere Sache. Aber meiner Meinung nach hat die FIS richtig entschieden.“ Entsetzen gab es auf russischer Seite, wo wieder einmal Veronika Stepanova diejenige war, die auch mit internationalen Medien sprach:
„Vladimir Putin ist mein Präsident und mein Land ist immer im Recht. Wenn das der Grund ist, warum mir einige dubiose, namenlose Leute nicht erlauben, internationale Rennen zu bestreiten, dann ist das der Preis, den ich zu zahlen gewillt bin. Ihr stoppt mich und meine Teamkollegen nur aus politischen Gründen!“
Das stimmt natürlich, aber Stepanova wäre wegen ihrer putin-treuen Art ohnehin nicht in Frage gekommen, den neutralen Status zu erhalten wie ein Großteil ihrer weltcup-erfahrenen Teamkollegen wegen der Angehörigkeit zur Armee. „Mich interessiert keine Hoffnung, mir geht es um die Vorbereitung. Ich trainiere für die Olympischen Spiele 2026. Natürlich gibt es einen Plan B und C, aber ich nehme nicht an Wettkämpfen teil, um nur dabei zu sein. Ich trete an, um zu gewinnen!“, so Stepanova, die mit ihren Landsleuten, die schon lange wieder Trainingslager in Mitteleuropa bestreiten wie aktuell in Ramsau nun endgültig Plan A beiseite schieben muss. Dennoch gibt es in Norwegen auch andere Meinungen als die der Verbandspräsidentin wie die von NRK Kommentator Jan Petter Saltvedt, der sich sehr überrascht zeigte: „Das ist eine große Überraschung. So wie sich die Dinge in den letzten Wochen entwickelt haben, waren sowohl ich als auch viele andere sehr sicher, dass das FIS Board anders entscheiden würde. FIS Präsident Eliasch hat alles versucht, um die Meinung der Mehrheit zu ändern, aber er war nicht erfolgreich – auch nicht mit dem Rundbrief letzte Woche.“ Präsident Johan Eliasch hat schon lange die Meinung vertreten, die Russen wieder zu Wettkämpfen zuzulassen als neutrale Athleten. Dann würde er aber Gegenwind aus seinem Heimatland bekommt, denn Linn Svahn rief noch vor wenigen Tagen zum Olympia-Boykott auf, wenn sie Russen auf den Loipen im Val di Fiemme sehen würde. „Es ist zwar leicht zu reden, wenn man hier in Östersund im Stuhl bei der Pressekonferenz sitzt, dass ich nicht starte. Aber wenn es so kommt, dann hoffe ich, dass ich es durchziehe“, so Svahn zu TV2.