Nordische Kombination: Silber für Deutschland

Siegerehrung zu dritt: Eric Frenzel wurde vom Maskottchen vertreten.
Siegerehrung zu dritt: Eric Frenzel wurde vom Maskottchen vertreten. © Thibaut/NordicFocus

Die deutschen Nordischen Kombinierer haben zum Abschluss der Olympischen Spiele in Peking Silber gewonnen. Gold im Mannschaftswettkampf sicherte sich Norwegen. Japan feierte mit Bronze die erste Teammedaille seit 1994.

Faißt statt Rydzek

Siegerehrung zu dritt: Eric Frenzel wurde vom Maskottchen vertreten.
Siegerehrung zu dritt: Eric Frenzel wurde vom Maskottchen vertreten. © Thibaut/NordicFocus

Eine der spannenden Fragen des Wettkampfs hatte Bundestrainer Hermann Weinbuch bereits vor Beginn zu klären: Wer würde für Team D an den Start gehen? Nachdem Eric Frenzel gerade noch rechtzeitig die Freigabe für den Teamwettbewerb erhalten hatte, standen fünf Athleten zur Verfügung. Neben Frenzel dürften die beiden Oberstdorfer Vinzenz Geiger und Julian Schmid aufgrund ihrer starken Leistungen in den Einzelwettkämpfen gesetzt gewesen sein. Die Frage war, ob der ursprünglich qualifizierte Johannes Rydzek, der in den beiden Einzeln jeweils kurz vor Schluss eingebrochen war, noch eine Chance bekäme. Oder ob der Nachrücker Faißt, der im Einzel mit dem vierten Platz absolut überzeugt hatte, zu seinem ersten Teameinsatz bei Olympia käme. Weinbuch entschied sich für Faißt.

Norwegen ohne Riiber, Österreich ohne Seidl

Auch in Norwegen stand die Frage im Raum, ob Jarl Magnus Riiber an den Start gehen würde. Er hatte nach seinem Einzelstart am Dienstag über gesundheitliche Probleme geklagt und offen gelassen, ob er antreten wollte. Schließlich trat Norwegen in der Besetzung Joergen Graabak, Jens Luraas Oftebro, Espen Bjoernstad und Espen Andersen an. Österreich verzichtete auf Mario Seidl, der sich bislang schwergetan hatte. Für ihn stand Martin Fritz in der Formation, gemeinsam mit Johannes Lamparter, Lukas Greiderer und Franz-Josef Rehrl.

Topteams nah beisammen

Johannes Lamparter und Österreich lagen nach dem Springen in Führung.
Johannes Lamparter und Österreich lagen nach dem Springen in Führung. © Thibaut/NordicFocus

Bereits beim Springen zeigten sich die Favoriten des Rennens. Für Österreich gewannen Johannes Lamparter in Gruppe zwei, Franz-Josef Rehrl in Gruppe vier, Espen Bjoernstad für Norwegen in Gruppe drei jeweils ihre Durchgänge. Für das deutsche Team war es der erste Starter, Manuel Faißt, der seine Gruppe gewann. Auch die übrigen Deutschen schlugen sich gut und bewegten sich stets im vorderen Bereich. Den weitesten Sprung lieferte Rehrl, der bei guten Windverhältnissen auf 141 Meter segelte. Viel schenkten sie sich jedoch alle nicht, so dass die vier Topteams nach dem Springen alle nah beieinander lagen. Österreich lag auf Position eins, acht Sekunden vor Norwegen. Diese wiederum lagen drei Sekunden vor Deutschland, doch auch Japan startete nur eine Sekunde hinter den Deutschen in die 4×5-Kilometer-Staffel.

Faißt übernimmt Führung

Manuel Faißt (Mitte) legte den Grundstein für den deutschen Erfolg.
Manuel Faißt (Mitte) legte den Grundstein für den deutschen Erfolg. © Thibaut/NordicFocus

Aus den Spitzenteams starteten Rehrl, Bjoernstad, Faißt und Yoshito Watabe ins erste Leg. Rehrl begann sehr schnell und baute seinen Vorsprung auf zunächst 19 Sekunden bei Kilometer 2,5 aus, nur um in seiner zweiten Runde wieder eingefangen zu werden. Hier attackierte Faißt am Anstieg. Watabe konnte folgen, doch Bjoernstad musste leicht abreißen lassen. Während sich Faißt und Watabe näher an Rehrl heranarbeiteten, nahm der das Tempo heraus, so dass auch Bjoernstad wieder aufschließen konnte. Zu viert ging es in den letzten Anstieg, dann attackierte Faißt erneut. Wieder war es Japan sowie Österreich, die mitgehen konnten. Faißt übergab als Erster auf Schmid, doch Japan auf zwei und Österreich auf drei waren ihm auf den Fersen. Bjoernstad wechselte 4,6 Sekunden hinter Faißt auf Andersen.

Frenzel mit Schwierigkeiten

Eric Frenzel musste schwer um den Anschluss kämpfen.
Eric Frenzel musste schwer um den Anschluss kämpfen. © Thibaut/NordicFocus

Während die zweite Gruppe unspektakulär die Positionen in etwa hielt – Schmid übergab auf Rang drei 4,2 Sekunden hinter Österreich an Eric Frenzel-, wurde es in der dritten Gruppe dramatisch. Frenzel versuchte gleich zu Beginn die kleine Lücke zu schließen, doch Greiderer, Akito Watabe und Oftebro machten von Anfang an hohes Tempo. Elf Tage Quarantäne und die Coronainfektion forderten ihren Tribut von Frenzel. Der Sachse musste zunächst abreißen lassen, blieb aber in Sichtweite und kämpfte sich schließlich wieder heran. Beim ersten Durchlauf war Frenzel als Vierter nur noch 1,2 Sekunden hinter der Spitze. In der zweiten Runde wiederholte sich jedoch das  Spiel, und diesmal hatte Frenzel nichts entgegenzusetzen. Während Oftebro einen zehnsekündigen Vorsprung auf Greiderer und Watabe herauslief, kam Frenzel erst 36,9 Sekunden hinter der Spitze zum Wechsel, wo er völlig entkräftet zu Boden ging.

Geiger im Kampf um die Medaillen

Taktikrennen zwischen Martin Fritz (AUT), Vinzenz Geiger (GER), Ryota Yamamoto (JPN), (l-r).
Taktikrennen zwischen Martin Fritz (AUT), Vinzenz Geiger (GER), Ryota Yamamoto (JPN), (l-r). © Thibaut/NordicFocus

Graabak, von Oftebro ins Rennen geschickt, stellte gleich zu Beginn die Weichen auf Sieg für Norwegen. Bereits auf den ersten Metern verdoppelte er seinen Vorsprung auf knapp 20 Sekunden und zog den Verfolgern damit den Zahn. Fortan ging es nur noch um Silber zwischen Österreich, Japan und Deutschland. Wobei Geiger eine ordentliche Hypothek mitzuschleppen hatte, doch bereits am zweiten Anstieg war er an die Gruppe vor ihm herangelaufen. Eine Runde vor Schluss waren Japan, Österreich und Deutschland wieder zusammen, allerdings auch bereits 41,2 Sekunden hinter Graabak. Und nun begann das Taktieren. Keiner der Verfolger wollte riskieren, zu früh anzugreifen und damit Kräfte zu verschwenden. Fritz versuchte zwischenzeitlich einen halbherzigen Angriff, doch Geiger und Yamamoto folgten auf dem Fuße. Danach war wieder Stillstand angesagt, bis Geiger am letzten Anstieg ernst machte. In gewohnter Manier stürmte er den Berg hinauf. Etwas überraschend war es der Japaner Yamamoto, der folgen konnte; Fritz dagegen konnte nicht mitgehen. Im Stadion lief Geiger den Sprint gegen Yamamoto von vorne und sicherte Silber ab, Bronze ging an Japan. Österreich landete enttäuscht auf dem vierten Rang.

„Bin überglücklich, dass die drei das wieder ausgemerzt haben“

Doch noch Corona-geschwächt: Eric Frenzel hatte mehr Probleme als gedacht.
Doch noch Corona-geschwächt: Eric Frenzel hatte mehr Probleme als gedacht. © Thibaut/NordicFocus

Während im Ziel gefeiert wurde, fehlte einer: Eric Frenzel. Auch bei der anschließenden Siegerehrung stand Deutschland nur zu dritt auf dem Podium, doch wenig später gab Frenzel selbst Entwarnung. Bei der ARD stand er mit Tränen in den Augen, aber strahlend vor der Kamera. „Jetzt geht es mir wieder gut. Aber ich werde mir den Lauf von Vinz gleich nochmal anschauen müssen, von dem habe ich nichts mitbekommen. Ich habe gerade eben erst erfahren, dass wir Silber gewonnen haben. Ich bin überglücklich, dass die drei das wieder ausgemerzt haben, was ich verbockt habe“, meinte Frenzel, der noch etwas mit sich selbst haderte. Die anderen nahmen ihm das jedoch nicht übel. „Da ist Null-Komma-Null Enttäuschung dabei. Das ist die pure Freude. Vor allem, weil wir zwei dabei haben, die ihre erste Medaille gewinnen – das ist etwas ganz Spezielles. Ich glaube nicht, dass da einer von uns enttäuscht ist,“ zeigte Geiger Teamgeist. Bereits im Ziel hatte er Faißt in den Arm genommen mit den Worten: „Hey Manu, jetzt hast du endlich deine Medaille.“ Ähnlichen Teamgeist demonstrierten übrigens auch die Norweger, die mit einem Foto von Riiber posierten.

Zwischenstand Sprung
Endergebnis

Medaillenspiegel Nordische Kombination

Olympiafazit

Japan freut sich über die erste Teammedaille seit 1994.
Japan freut sich über die erste Teammedaille seit 1994. © Thibaut/NordicFocus

Zunächst war Corona das beherrschende Thema. Mit Eric Frenzel, Terence Weber, Jarl Magnus Riiber und Kristjan Ilves mussten vier der Top sieben aus dem Weltcup nach Ankunft in Quarantäne. Auch Italiens Samuel Costa verpasste den ersten Wettkampf, er war bereits vor dem Abflug positiv getestet worden und kam erst später in Peking an. Reichlich Drama gab es auch auf der Laufstrecke. Sei es Johannes Rydzek, der sicher geglaubtes Gold kurz vor dem Ziel verlor; oder Riiber, der sich zuerst verlief und dann gesundheitliche Probleme bekam. Ebenso wie Frenzel, der nach dem Teamwettkampf ärztlich betreut werden musste. Turbulent waren die Spiele auch für Manuel Faißt. Erst gar nicht im Team, dann nachgereist und schließlich zwei absolut überzeugende Auftritte bei seinen ersten Spielen, die schließlich mit der Silbermedaille gekrönt wurden. Überhaupt sah man einige der wohl spannendsten Wettkämpfe seit langem mit unglaublichen Laufleistungen insbesondere von Joergen Graabak und Vinzenz Geiger. Graabak gewann Gold und Silber im Einzel und Gold mit der Mannschaft. Zusammen mit Gold aus Sotschi kann er nun als erster Kombinierer vier olympische Goldmedaillen sein Eigen nennen. Japans Fahnenträger Akito Watabe, der bereits seine fünfte olympischen Spiele bestritt, gewann mit dem Team nicht nur die erste japanische Teammedaille seit 1994, sondern er sicherte sich auch Bronze im Einzel und gewann damit bei drei aufeinanderfolgenden Spielen jeweils mindestens eine Medaille. Eine positive Überraschung im Mittelfeld lieferte das Team der USA. Insbesondere Ben Loomis und Jared Shumate überzeugten; im Teamevent kamen die Amerikaner auf Rang sechs und verbuchten dabei die zweitschnellste Laufzeit hinter Norwegen. Enttäuschung dagegen im finnischen Team, wo sich Ilkka Herolas Medaillenhoffnungen zerschlugen, als der starke Läufer im ersten Wettkampf die falsche Skiwahl traf und von der Großschanze nicht weit genug sprang. Auch das italienische Team um Alessandro Pittin, ebenfalls nun fünffacher Olympiateilnehmer, wird nach dem indiskutablen neunten Rang mit riesigem Rückstand viel Wiederaufbauarbeit leisten müssen. Weltmeister Johannes Lamparter blieb letztlich ebenfalls ohne die erhoffte Medaille.

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