Peking 2022: Sundling und Klæbo werden Olympiasieger im Freistilsprint

Federico Pellegrino (ITA), Johannes Hoesflot Klaebo (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Jonna Sundling und Johannes Høsflot Klæbo konnten sich in einem schweren Sprintrennen durchsetzen und sich die Goldmedaillen sichern. Nadine Fähndrich schaffte immerhin den Sprung ins Finale, Victoria Carl und Sofie Krehl ins Halbfinale.

Sundling gewinnt, Fähndrich Fünfte

Maja Dahlqvist (SWE), Jonna Sundling (SWE), Jessie Diggins (USA), (l-r) © Modica/NordicFocus

Der Prolog begann bei strahlendem Sonnenschein, nur wenig Wind und angenehmen -5°c, zu den Heats nach Sonnenuntergang wurde es dann aber noch ein paar Grad kälter. Das Finale der Damen wurde von den Schwedinnen dominiert, aber nicht alle konnten das das Tempo auf der herausfordernden Strecke und bei der Höhenluft bei über 1700 Meter über dem Meer durchhalten: Zunächst führte Jonna Sundling vor Maja Dahlqvist und Emma Ribom, aber Letztere wurde dann im langen Anstieg durchgereicht. Jessie Diggins ging an ihr vorbei und auch Nadine Fähndrich überholte außen, musste sich dann aber hinter der Amerikanerin an Position vier einreihen. Währenddessen verschärfte Jonna Sundling, die wegen ihrem Bänderriss im Daumen im November nur vor Weihnachten in Dresden einmal im Weltcup auftauchte, kurz vor dem höchsten Punkt das Tempo und nahm fünf Meter Vorsprung vor Dahlqvist mit in die Abfahrt. Diese Lücke wurde in der Abfahrt, im Anstieg und im Stadion noch größer, so dass die Schwedin einen souveränen Sieg feiern konnte. „Dass ich heute hier stehe und so ein gutes Rennen gemacht habe, ist unglaublich schön, so etwas erlebe ich nicht jeden Tag. Ich habe mich heute sehr gut gefühlt, sofort vom ersten Meter. Das weiß man vorher nie. Auch wenn es sich gut anfühlt, nehme ich es nicht für selbstverständlich, aber nach dem Rennen hat es sich so angefühlt. Aber im Finale hat es sich einfach so angefühlt, als könne ich alles erreichen, was ich will“, sagte sie dem Expressen. Dahinter entbrannte ein Kampf um die weiteren Medaillen: Im Stadion lag Dahlqvist auf Silberkurs, dahinter Fähndrich neben Diggins und dahinter Rosie Brennan, die im Viertelfinale viele Kräfte gelassen hatte, als sie sich nach einem Sturz am Start wieder herankämpfen musste. Während aller Augen auf Sundling gerichtet waren, kämpfte sich Diggins bis an Dahlqvist heran, die sich aber hauchdünn Silber sicherte. Im Ziel war sie völlig erschöpft und ließ sich von ihrem Freund Kevin Bolger, der 17. wurde, feiern. Der kündigte im Interview an: „Ich scheiße jetzt auf die Corona Bubble!“ Das Paar hatte seit zwei Monaten keinen näheren Kontakt, um Ansteckungen im schwedischen und amerikanischen Team zu vermeiden – nun will er sie aber wieder in den Arm nehmen. Laut Team Manager Anders Byström wäre das wohl in Ordnung, schließlich seien beide täglich getestet worden. Rang vier ging noch an Rosie Brennan, die Fähndrich auf der Zielgeraden noch hinter sich ließ. Die erschöpfte Emma Ribom, die wie Jonna Sundling vorher über den schweren Sprintkurs gestöhnt hatte, komplettierte das Finale als Sechste.

Klæbo nur knapp vor Pellegrino

Federico Pellegrino (ITA), Johannes Hoesflot Klaebo (NOR), Alexander Terentev (ROC), (l-r) © Modica/NordicFocus

Nach seiner Vorstellung im Skiathlon war Johannes Høsflot Klæbo nicht unbedingt als sicherer Sieger in den Sprint gegangen. Denn auch wenn der Anstieg nicht so schwer war wie auf der Distanzrunde, hatte er es doch in sich und viele Sprinter äußerten Unsicherheit wegen des Anstiegs und der Höhenlage. Am Ende gingen aber doch mit Ausnahme von Diggins fünf von sechs Medaillen an Sprintspezialisten. Anders als sonst kam Klæbo alles andere als souverän weiter, aber versuchte wohl, so kraftsparend wie möglich eine Runde weiterzukommen. Seine Teamkollegen Erik Valnes und Håvard Solås Taugbøl waren im Halbfinale mit ihren Kräften am Ende, so dass er alleine im Finale die norwegischen Farben vertrat. Klæbo kontrollierte das Tempo im Finale und bestritt alles von vorn. In die Abfahrt hinein verschärfte er das Tempo, aber vor allem Federico Pellegrino, der sich so stark wie nie in dieser Saison präsentierte, ließ sich nicht abschütteln. In der Zielkurve nahm der Norweger noch einmal das Tempo heraus, bevor es in den Zielsprint ging. Dort konnte er sich nur ganz knapp gegen den Italiener durchsetzen, der aus dem Windschatten um den Sieg kämpfte. „Ich bin unfassbar glücklich. Die letzten Wochen waren sehr schwer, das kann man nicht anders sagen. Ich habe mein Bestes getan, um mich gut auf den Start vorzubereiten. Am Sonntag lief alles furchtbar und ich brauchte zwei Tage, um wieder neu anzufangen. Nun habe ich es geschafft“, freute sich der Olympiasieger bei TV2. „Das bedeutet mir enorm viel, besonders nach so einem enttäuschenden Start. Das machte mich nervös und müde. Ich habe nie ein Sprintfinale bestritten ohne Arild Monsen an meiner Seite.“ Dennoch hatte Pellegrino gegen den seit Jahren übermächtigen Norweger wohl nicht mehr erwarten können, so dass er nach der ersehnten Silbermedaille im Ziel in Tränen ausbrach und mit seiner Ehefrau Greta Laurent feierte. „Ich bin stolz auf mich. Es war vorher nicht sicher, dass ich eine Medaille würde gewinnen können. Heute war ich taktisch und technisch der beste Pellegrino. Heute lief alles, wie es sollte. Vielleicht war Klæbo heute nicht unschlagbar, auch wenn er nach wie vor der Beste ist. Aber ich kann nur sagen, dass ich überglücklich bin und fühle ein großes Gefühl der Befriedigung“, sagte der Italiener in einem Statement auf der Seite des Skiverbandes. Bronze ging an Alexander Terentev, der als Klassikspezialist ein erstklassiges Rennen machte und ebenfalls sichtlich hochzufrieden war. Joni Mäki belegte für Finnland Platz vier vor Artem Maltsev, der im Halbfinale Vollgas gab, sich absetzte und schließlich noch als Vierter über die Zeit mit dem Finale belohnt wurde. Dafür schubste er seinen Kollegen Sergey Ustiugov vom Lucky Loser Platz. Rang sechs im Finale ging an Oskar Svensson.

Starker Chinese wird bestraft

Qiang Wang (CHN) © Modica/NordicFocus

Beachtenswert wäre die Halbfinal-Teilnahme des Chinesen Wang Qiang gewesen, der im Prolog sogar als Fünfter nur 1,5 Sekunden langsamer war als Klæbo und der vermutlich von seiner guten Streckenkenntnis profitierte. Im Weltcup hatte er bis dato nur zwei Einzüge ins Viertelfinale vor zwei Jahren zu Buche stehen und war seitdem auch nicht mehr außerhalb Chinas am Start. Grund dafür ist möglicherweise die Corona-Pandemie, dass er Ende 2019 zuletzt im Ausland war und dann eine Saison komplett pausierte. Wegen Behinderung von Golberg wurde er jedoch auf den letzten Platz zurückgestuft, statt als Zweiter des Viertelfinals ins Halbfinale einzuziehen. Bei seinen starken Läufen wurde es sogar mal laut unter den Chinesen auf der Tribüne – wie auch bei Verkündung der Bestrafung. Wang ist ein Schützling des ehemaligen russischen Sprinters Nikita Kriukov, dessen Weiterbeschäftigung beim chinesischen Verband von den Ergebnissen der Chinesen bei diesen Spielen abhängt. 

Drei Deutsche unter besten 15

Victoria Carl (GER) © Modica/NordicFocus

Victoria Carl und Sofie Krehl gelang in Zhangjiakou ihr bester Sprint der Saison, bei dem beide ins Halbfinale kamen. Victoria Carl stellte sich als einzige Athletin des Teams nicht auf China-Zeit um, sondern lebt in der Moskauer Zeitzone. Wie sie vor den Spielen sagte, fühle sie sich abends immer nicht mehr so leistungsfähig, weil sie eher ein Morgenmensch sei. Die Thüringerin ging das Rennen langsam an und überholte dann im Anstieg außen und lag am höchsten Punkt an zweiter Stelle hinter Nadine Fähndrich. In der Kurve nach der Abfahrt ließ sie sich leider weit nach außen tragen, so dass sie auf Platz vier zurückfiel. Im Stadion schob sie sich wieder an dritte Stelle und kam als Lucky Loser ins Halbfinale, wo sie es wieder mit dieser Taktik versuchte. Mehr als Platz vier nach dem Anstieg war diesmal aber nicht drin und im Stadion drängte sich dann auch noch Stepanova vorbei, so dass sie den Sprint als sehr gute Zehnte beendete. Nach dem Rennen sagte sie: „Ich war vor meinem ersten Rennen doch sehr aufgeregt, aber das hat sich definitiv gelohnt, hier an den Start zu gehen. Ich bin seit langem wieder mal ins Halbfinale gekommen und bin super zufrieden damit“, freute sie sich. „Ich hatte geplant, Diggins als Hinterrad zu nehmen, aber dann habe ich mich für die Falla entschieden, die hochwärts doch ein bisschen mehr Druck gemacht hat. Man hat aber gesehen, dass der erste Lauf brutal viel schneller war als wir. Deswegen war von Anfang an klar, dass es nur über die eins oder zwei weitergeht und da waren die anderen eben stärker.“ Auch Sofie Krehl war mit Platz elf überaus zufrieden: „Ich bin sehr zufrieden und man darf mir gerne gratulieren.“ Zum erfolgreichen Viertelfinale sagte sie: „Ich habe versucht dranzubleiben und meine Kräfte zu schonen für die Stadionrunde und das hat echt gut funktioniert. Im Halbfinale haben einfach die Körner gefehlt.“ Pia Fink wurde ebenfalls sehr gute 15. Sie suchte sich im Anstieg erfolgreich einen Weg durch die Mitte und erreichte als Dritte das Ziel was leider nicht zum Weiterkommen reichte.

Fähndrich emotionale Fünfte und Meier 13.

Nadine Faehndrich (SUI) © Modica/NordicFocus

Nadine Fähndrich war mit dem großen Ziel einer Einzelmedaille in den olympischen Sprint gegangen und weinte nach Platz fünf bittere Tränen der Enttäuschung. „Ich kann mir nicht viel vorwerfen, die anderen waren einfach stärker. Rang fünf bei Olympia – das ist sicher schön. Aber ich kam hierhin, um eine Medaille zu gewinnen und mir den Traum eines kleinen Mädchens zu erfüllen. Daher überwiegt die Enttäuschung“, sagte sie im Schweizer Fernsehen. „Ich wusste: Am Ende geht es darum, wer am längsten überlebt. Und ich habe hundert Meter zu wenig lang überlebt.“ Je länger das Interview dauerte, umso emotionaler wurde sie. Als der SRF-Reporter die Familie erwähnte, die ihr zu Hause die Daumen gedrückt hatte, konnte die 26-jährige Luzernerin die Tränen nicht mehr zurückhalten. „Es tut mir wirklich leid, ich habe alles gegeben. Ich weiß, dass ihr stolz auf mich seid, aber ich wollte euch eigentlich diese Medaille heimbringen. Aber merci, merci vielmals für alles, was ihr für mich macht! Ohne euch wäre ich jetzt nicht hier.“ Nadine Fähndrich hätte als erste Schweizer Langläuferin auf einen Olympia-Podest stehen können, was bisher nur 2002 der Staffel mit Andrea Huber, Laurence Rochat, Brigitte Albrecht und Natascia Leonardi Cortesi gelang. Laurien van der Graaff konnte in ihrem taktischen Viertelfinale nicht viel ausrichten, sie „verließen im Rennen wieder die Energien“ und wurde 24., während Alina Meier erstklassige 13. wurde. „Das hat richtig Spaß gemacht“, sagte sie später im TV-Interview. Valerio Grond und Jovian Hediger scheiterten ebenfalls im Viertelfinale als 18. und 22.

Brugger und Rydzek scheitern – Schaad 31.

Coletta Rydzek (GER) © Modica/NordicFocus

Große negative Überraschungen gab es im Prolog nicht, alle großen Namen überstanden die Qualifikation, die Mitfavorit Alexander Bolshunov gar nicht erst antrat. Der Russe entschied sich gestern, dass er sich nach dem anstrengenden Skiathlon lieber auf den Einzelstart im klassischen Stil konzentrieren will. Leider war für den einzigen deutschen Starter Janosch Brugger als 38. in der Qualifikation schon früh Schluss wie auch zuvor für Sprintspezialistin Coletta Rydzek, die ebenfalls 38. wurde. „Ich bin ziemlich enttäuscht, das Viertelfinale war ein ganz klares Ziel. Das entspricht auch nicht ganz den Leistungen, die ich bisher gezeigt habe auch wenn wir wussten, dass die Runde sehr hart ist“, so die enttäuschte Coletta Rydzek mit Tränen in den Augen in der ARD. Angefeuert wurde sie vom ihrem großen Bruder: „Er stand da oben an der Kurve, ich habe ihn gehört. Nun muss ich morgen natürlich ihn anfeuern.“ Für das Schweizer Team scheiterte Roman Schaad um Haaresbreite als 31. und Anja Weber wurde 49. Für Österreich endete der Sprintwettkampf bereits im Prolog mit den Rängen 34, 39 und 43 für Lisa Unterweger, Michael Föttinger und Benjamin Moser.

 

=> Ergebnis Sprint FT Damen
=> Ergebnis Sprint FT Herren

=> Medaillenspiegel
=> Zeitplan

 

 

Bildergalerie