Jessie Diggins heißt verdientermaßen die Siegerin des ersten Heat Massenstart der Damen auf der dritten Etappe der Tour de Ski in Toblach. Das Format sorgte für einige Überraschungen hinter dem Podium.
Schweizerisch-deutsche Dominanz im ersten Lauf
„Wir sind alle gespannt. Man muss von Anfang an pushen. Fünf Kilometer sind sehr hart. Wenn der Mann mit dem Hammer erst im Ziel kommt, ist es gut. Aber wenn man zu schnell losläuft, kann es auch schnell einen Knall geben“, sagte Coletta Rydzek vor dem Rennen. Die Damen konnten von den Erfahrungen der Herren profitieren und wussten, worauf es ankommt: Zusammenarbeit, auch international. Los ging es mit einem Lauf mit drei DSV-Damen, die gut zusammenarbeiteten und eine Taktik hatten. Coletta Rydzek gab zum Rennstart Vollgas und hielt das Tempo hoch und sicherte sich die Sprintpunkt nach der ersten kurzen und flachen Runde. Danach wurde sie zwar durchgereicht, aber das Tempo schien trotzdem weiter hoch zu sein. Zu Beginn der zweiten Runde sorgte Frida Karlsson erwartungsgemäß für ein hohes Tempo, aber im Anstieg war dann plötzlich Schluss damit – die Schwedin hatte sich erneut übernommen und fiel zurück. Nun nutzten die Kälin-Schwestern ihre Chance und griffen bergauf an. Sie konnten eine Lücke reißen, die aber Helen Hoffmann und Kate Sauerbrey mit ebenfalls exzellentem Material wieder zuliefen. Das Quartett belegte auch im Ziel die ersten vier Plätze in der Reihenfolge Nadja Kälin vor Helen Hoffmann, Katherine Sauerbrey und Marina Kälin. Für die zufriedene Helen Hoffmann war das Rennen am Schluss schneller vorbei als erwartet: „Es ging relativ schnell los. Es war zäh. Aber als ich im Ziel war, dachte ich, ‚Oh, jetzt bin ich schon da!‘. Es ging dann doch irgendwie auch schnell.“ Auch Katherine Sauerbrey zeigte sich mit ihrem Lauf zufrieden: „Das fühlt sich gut an. Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so gut läuft. Mein letzter Fünfer… da war ich 16 oder 17 Jahre alt. Ich konnte das gar nicht einschätzen, daher denke ich, es war ein gutes Rennen soweit.“ Frida Karlsson wurde 13. und landete damit nur drei Positionen vor Coletta Rydzek, für die aber alles nach Plan verlief. „Ich wollte es schnell machen für unsere zwei Mädels. Ich wollte die Sprintpunkte holen, aber danach sind mir dann die Beine geplatzt. Aber das war die Priorität“, so Rydzek zufrieden.
Slind sorgt für hohes Tempo
Der zweite Lauf startete zwar etwas langsamer, aber bald stellte sich heraus, dass Lauf eins doch nicht so schnell gewesen war. Gut für Pia Fink, die im zweiten Heat immer auf den vorderen Positionen zu finden war. Das Tempo machte zunächst Astrid Øyre Slind, zog sich dann zurück, um andere arbeiten zu lassen, wodurch das Tempo deutlich sank. Dann übernahm sie wieder die Tempoarbeit und oben am Anstieg war dieser Lauf exakt so schnell wie der erste. Die Norwegerin ließ nicht locker und löste sich zusammen mit Fosnæs aus der Gruppe. Drei weitere schlossen wieder auf, so dass fünf Athletinnen um den Laufsieg kämpften. Maja Dahlqvist gewann vor Julia Kern, Slind, Pia Fink und Fosnæs in einer 15 Sekunden schnelleren Zeit. Sofie Krehl kam als Neunte ins Ziel. „Das war sehr hart, vor allem am langen steilen Berg. Mein Ziel war, bei der Gruppe dabei zu sein und ich bin froh, dass das geklappt hat. Ich habe gehofft, dass die vorne Druck machen und ich mitlaufen kann. Ich habe spekuliert, dass die Norwegerinnen vielleicht die Taktik haben, zusammen Druck zu machen. Das war nicht so, aber ich habe versucht, mit ihr mitzuhalten, weil ich wusste, dass es am Berg schnell wird und das ist mir gut gelungen“, meinte Pia Fink und Sofie Krehl, die plötzlich einmal ganz vorne war und noch auf das Olympiaticket hofft, sagte: „Es war sehr hartes Rennen. Es ist eine ganz andere Challenge als ein Zehner. Da zählt jede Sekunde, darum habe ich versucht, alles rauszuholen, aber ich denke, ich habe es noch ganz gut gemacht. Wir wollten uns im Hintergrund halten und uns am Berg dann gut positionieren. Dann war die erste Runde nicht ganz so schnell, dann war ich plötzlich ganz vorne. Das war nicht ganz der Plan, aber so läuft es.“
Diggins tut alles für den Sieg
Aber das war noch nicht das Ende der Fahnenstange, denn beim Blick auf die Zusammensetzung des dritten Laufes war klar: Jetzt geht die Post ab, denn jetzt stand der Heat von Jessie Diggins auf dem Programm. Die Amerikanerin fühlte sich nach dem Sieg von Gus Schumacher förmlich beflügelt und gab vom ersten Meter Vollgas. In der zweiten Runde hielt Nachwuchstalent Eva Ingebrigten das Tempo hoch, bevor im Anstieg Moa Ilar mit Emma Ribom attackierte und anschließend wieder Jessies Abschnitt gekommen war. Die Tour-Führende attackierte im vorletzten Anstieg am Stadion und stürmte mit tollem Material auf und davon. Sie holte den Sieg vor Ribom, Ilar, Leonie Perry, Alison Mackie und Elisa Rucka-Michalek. Ebba Andersson wurde Siebte vor Dariya Nepryaeva, die außerhalb des Stadions von der Pizzeria direkt neben der Strecke von ihrem Trainer Egor Sorin angefeuert wurde, der auch ohne Akkreditierung als Tourist nach Italien reiste. Eva Ingebrigtsen, U23-Weltmeisterin mit der Staffel und Vize-Weltmeisterin im Klassik-Massenstart von Schilpario, die mit 40 Sekunden Rückstand ins Ziel kam, erntete im Ziel dennoch ein großes Lob von Jessie Diggins: „Du hast das toll gemacht, wir konnten es nur zusammen schaffen.“ Dass genau das geplant war, erzählte die Amerikanerin später im ZDF: „Das hat richtig Spaß gemacht, es war sehr schnell. Unsere Ski waren sehr gut. Ich bin so stolz auf Gus. Das ganze Team hat tolle Arbeit gemacht, wir hatten eine gute Strategie gehabt und tolle Ski. Wir wussten, dass wir zusammenarbeiten müssen. Wir hatten uns abgesprochen: Ich fange an, dann Ebba am Berg und dann wieder ich und das hat gut geklappt.“ Fast wie abgesprochen, nur dass es Moa Ilar war, die am Berg angriff.
Stadlober gewinnt langsamen letzten Lauf
Im vierten Heat wurde von Anfang an nicht auf Tempo gelaufen – wer hätte das nach dem hohen Tempo von Diggins auch tun sollen? Lange Zeit war es Julie Bjervig Drivenes, die das Tempo einigermaßen hochhielt, dann auch Karoline Simpson-Larsen. Teresa Stadlober schloss die kleine Lücke zur Norwegerin wieder und setzte sich vor Anja Weber und der Norwegerin an die Spitze. Die Schweizerin wird 500 Meter vor dem Ziel von den Verfolgerinnen eingeholt und schien mit ihren unkoordinierten Bewegungen im Feld völlig blau zu sein. Teresa Stadlober holte sich den Sieg im letzten Lauf vor Simpson-Larsen, Evelina Crüsell, Vilma Nissinen, Drivenes und Jasmin Kähärä. Daraufhin folgte schon Theresa Fürstenberg, die sich auf dem letzten Kilometer ganz stark präsentierte, aber im Endspurt wieder einige passieren lassen musste. Die Halb-Norwegerin sagte im Interview: „Ich war heute sehr nervös. Es war viel los heute, aber das Rennen hat viel Spaß gemacht. Es war ein cooler Wettkampf, alles neu natürlich, aber hat viel Spaß gemacht. Das Ziel war für mich, Erfahrungen zu sammeln. Für mich ist alles so neu.“
Diggins mit zweitem Saisonsieg
Für Jessie Diggins bedeutete dieser Erfolg im neuen Heat Mass Start den zweiten Saisonsieg und mit dem ersten Etappensieg der Ausbau der Tour de Ski-Führung nach Platz vier und drei auf den ersten beiden Etappen. Die Plätze vier bis sechs ist Tagesresultat beweisen, was in diesem Format auch für kleine Nationen möglich ist und wenn das die FIS erreichen wollte, ist der Plan aufgegangen – auch wenn Norweger und Deutsche zum Beispiel das Format nicht sehr mögen. Maja Dahlqvist als Siegerin des zweiten Laufes wird Neunte und Teresa Stadlober 17. Besser als die Lauf-Siegerin aus Österreich schneidet Pia Fink als beste Deutsche auf Platz 14 ab. Sofie Krehl wird 21. vor Nadja Kälin, darauf folgen Helen Hoffmann, Katherine Sauerbrey und Marina Kälin auf den Rängen 24, 25 und 27. Theresa Fürstenberg schließt die Etappe als 34. ab, Anja Weber wird noch auf 39 durchgereicht nach ihrem Einbruch und Nadine Fähndrich wird als 48. gelistet. Coletta Rydzek belegt Rang 61, was nun Platz sieben in der Gesamtwertung bedeutet. Dazu kommen Lisa Achleitner als 70., die Schweizerinnen Lea Fischer und Giuliana Werro auf 72 und 73. Katharina Hennig Dotzler hatte die Tour de Ski nach dem Erreichen der Olympianorm vorzeitig beendet, um sich bestmöglich auf die Olympischen Spiele vorzubereiten. „Das ist ein sehr gutes Teamergebnis. Auch Theresa hat sich gut behauptet als 34. und wichtige Erfahrungen gesammelt. Alle haben sich gut im Feld bewegt, die Massenstart-Situation genutzt und Positionen gemacht. Es könnte noch weiter nach vorne gehen, aber das heben wir uns auf. Man muss daraus lernen, die Taktik abstimmen, wer die Pace macht, bevor es den Anstieg reingeht. Man muss zusammenarbeiten und den Speed hochhalten. Es birgt interessante taktische Varianten für die Zukunft. Es ist schön, wenn viele Nationen vorne sind, als wenn immer nur dieselben auf dem Podium stehen“, sieht Peter Schlickenrieder das Experiment als gelungen an. „Ich denke, für die Zuschauer war es ein interessantes Format. Nach zehn Minuten kann man sich immer freuen, wenn deutsche Athleten vorne sind, aber leider muss man dann später feststellen, dass der Lauf zu langsam war und es nicht für die Topplatzierungen im Gesamtklassement reicht. Aber für die Zukunft wird es interessant, wie man das Rennen taktisch gestaltet, wie man sich international abspricht. Die fünf Kilometer sind für einen Distanzläufer schwierig zu laufen, für einen Sprinter schwierig zu laufen, darum ist es schwer vorauszusagen, wer so ein Rennen gewinnen wird und wer ein gutes Ergebnis einlaufen wird.“
Morgen stehen 20 Kilometer im Handicapstart auf dem Programm, um die Abstände in der Gesamtwertung wieder zu reduzieren.
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