Doping-Prozess nach Operation Aderlass: Sportmediziner Mark S. zu fast fünf Jahren Haft verurteilt

Blutbeutel © sabinurce/Pixabay

Im Verfahren des Hauptangeklagten der „Operation Aderlass“ ist ein Urteil gesprochen worden. Das Landgericht München II verurteilte den Erfurter Sportmediziner Mark S. am Freitag zu vier Jahren und zehn Monaten Haft, einem dreijährigen Berufsverbot und einer Geldstrafe.

Illegale Hilfe für acht Nationen und fünf Sportarten bekannt

Es war der bisher größte Doping Prozess der Geschichte: Am Rande der Nordischen Ski-WM in Seefeld flogen 2019 Mark S. und mehrere Mittäter inflagranti auf, als sie den österreichischen Langläufern Max Hauke und Dominik Baldauf eine Bluttransfusion verabreichten. Laut Verlesung der Anklageschrift zum Prozessauftakt im September 2020 ging es um über 100 Einzelfälle seit 2011. Seitdem hätten die Beschuldigten ihre Kunden – Spitzensportler aus acht Nationen und fünf Sportarten – in Flughafenhotels, in extra angemieteten Apartments oder auch auf dem Parkplatz eines Fast Food Restaurants getroffen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich, der Schweiz, Polen oder der Türkei.

Urteil: Vier Jahre und zehn Monate Haft, 3-jähriges Berufsverbot und Geldstrafe

Nach 23 Tagen Beweisaufnahme und Plädoyers hat das Landgericht München II sein Urteil gefällt. Die Strafkammer unter dem Vorsitz von Richterin Marion Tischler hat neben Mark S. auch vier weitere Angeklagte verurteilt. Alle fünf waren im Prozess geständig. S. gab zu, Chef der Gruppe gewesen zu sein. Das belegen auch Chatprotokolle von sichergestellten Handys. „Warum ich mich entschlossen habe, Eigenblutdoping zu betreiben, kann ich nicht mehr sagen“, ließ der Sportmediziner Ende September vor dem Landgericht München II über seine Anwälte erläutern: „Doping ist an der Tagesordnung, wenn man erfolgreich sein will.“ Er habe aus den Augen verloren, dass er damit dem Sport schaden könne. Geld habe er mit dem Doping nicht verdient, er habe nur kostendeckend gearbeitet: „Ich habe mit Doping keinen Gewinn erzielt.“ Darüber hinaus widersprach Mark S. dem Vorwurf, die Athleten durch die Behandlungen in Gefahr gebracht zu haben, wie der BR damals berichtete: „Mir war immer wichtig, dass den Sportlern kein gesundheitlicher Schaden zugefügt wird.“ Laut Aussagen der überführten Sportler hätten sie sich bei dem Arzt in guten Händen gefühlt und daher keine Angst um ihre Gesundheit gehabt. Als wichtigster Helfer des Mediziners erhielt der Handwerker Dirk Q. eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Die Krankenschwester Diana S. wurde zu einem Jahr und vier Monate auf Bewährung verurteilt. Der Notfallsanitäter Sven M. und Ansgard S. erhielten Geldstrafen. Für den Hauptangeklagten forderte sie Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren als Organisator des Betrugs wegen Verstoßes gegen das Dopinggesetz und in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung sowie ein fünfjähriges Berufsverbot. Die Verteidiger waren jedoch in ihrem Plädoyer der Meinung, dass Doping fester Bestandteil des Hochleistungssports sei. Ihr Mandant habe den Athleten daher nur geholfen. Sie forderten eine Aufhebung des Haftbefehls und Bewährung für den Rest einer dreijährigen Strafe. Seit Februar 2019 sitzt S. bereits in Untersuchungshaft. Das Gericht verhängte schließlich eine Strafe von vier Jahren und zehn Monaten über ihn, ein dreijähriges Berufsverbot als Arzt sowie 158.000 Euro Geldstrafe.

Seppelt: „Urteil von historischer Dimension“

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Schmidt auch vielen anderen Athleten aus mindestens acht Nationen aus den Sportarten Skilanglauf, Biathlon, Eisschnelllauf, Radsport und Leichtathletik illegal zu einer besseren Form verholfen hat. Außerdem wurde er wegen Körperverletzung an einer Mountainbikerin verurteilt, der er ein Hämoglobin Pulver verabreicht hatte, das nicht für den Gebrauch an Menschen zugelassen war. „Ich finde es sehr wichtig, dass die Personen im Hintergrund mit verurteilt wurden“, erklärte Erik Lesser am Rande des Biathlon Weltcups in Oberhof.  Auch ARD Doping-Experte Hajo Seppelt zeigte sich mit dem Ausgang des ersten großen Doping Prozesses in Deutschland sehr zufrieden. „Das Urteil ist von historischer Dimension. Es zeigt, dass das Anti-Doping greift und Doping Konsequenzen hat“, so Seppelt gegenüber dem BR. Einige von Schmidts Kunden wurden in Österreich bereits zu Bewährungsstrafen verurteilt. Was deutsche Athleten zu erwarten haben, ist noch unklar. Erst seit 2015 ist das deutsche Anti Doping Gesetz in Kraft, vorher überführte Sportler können nicht mehr belangt werden. 

Quelle: www.br.de