Biathlon Peking 2022: Norwegische Herrenstaffel gewinnt Gold – Deutschland verpasst Podest

Sturla Holm Laegreid (NOR), Tarjei Boe (NOR), Johannes Thingnes Boe (NOR), Vetle Sjaastad Christiansen (NOR), (l-r) © Manzoni/NordicFocus

Norwegen wird Olympiasieger mit der Biathlon Herrenstaffel, Silber geht an Frankreich, Russland vergibt Gold im entscheidenden Schießen und holt am Ende Bronze. Das Deutsche Team war nah dran, bot läuferisch eine Top-Leistung und landet nach einer Strafrunde im entscheidenden Schießen auf dem unglücklichen vierten Platz.

Russlands Latypov vergibt sicher geglaubten Olympiasieg

Eduard Latypov (ROC) © Manzoni/NordicFocus

Mit nahezu einer Minute Vorsprung kam der russische Schlussläufer Eduard Latypov zum entscheidenden Schießen und verfehlte die erste Scheibe, auch der zweite Schuss ging daneben, dann ging er noch einmal komplett aus dem Anschlag, aber auch der dritte und der vierte Schuss trafen nicht. Nur die letzte Scheibe traf er und bereits jetzt war klar, dass er mindestens eine Extrarunde drehen muss. Mit den drei Nachladern trifft er zwar noch zwei Mal, kassierte aber zwei Strafrunden. Hinter Latypov hatten sich Philipp Nawrath, Vetle Sjaastad Christiansen (NOR) und Quentin Fillon Maillet (FRA) zum entscheidenden Anschlag bereit gemacht. Für alle drei war der Olympiasieg zum Greifen nah. Der Norweger bewies Nervenstärke, zog das Schießen sauber durch und ging mit 21,3 Sek. Vorsprung Richtung Olympiasieg auf die Schlussrunde. Während Latypov noch kreiselte kam Fillon Maillet mit zwei Nachladern durch und ging an zweiter Position aus dem Schießstand. Als Nawrath mit dem letzten Nachlader nicht traf und in die Strafrunde einbog, kam Latypov gerade zurück in die Spur und mit 11,6 Sek. Rückstand folgte Philipp Nawrath. Der Deutsche versuchte auf der letzten Runde alles, holte auch Meter um Meter auf, aber am Ende war die Runde zu kurz um an den Russen heranlaufen zu können. Latypov sicherte seinem Team Bronze, Philipp Nawrath ließ im Zielbereich austrudeln und überquerte die Ziellinie auf dem undankbaren vierten Platz. 

 

Weltmeister 2021 = Olympiasieger 2022

Sturla Holm Laegreid (NOR), Tarjei Boe (NOR), Johannes Thingnes Boe (NOR), Vetle Sjaastad Christiansen (NOR), Siegfried Mazet (FRA) coach team Norway, (l-r) © Manzoni/NordicFocus

Das norwegische Quartett mit Sturla Holm Laegreid, Tarjei Boe, Johannes Thingnes Boe und Vetle Sjaastad Christiansen wurde in derselben Konstellation vergangenes Jahr Weltmeister auf der Pokljuka. Mit einer Strafrunde und sieben Nachladern wurden sie Olympiasieger in Peking mit 27,4 Sek. Vorsprung vor den Franzosen Fabien Claude, Emilien Jacquelin, Simon Desthieux und Quentin Fillon-Maillet. Im entscheidenden Schießen hatte der Schlussläufer Fillon-Maillet die besseren Nerven und sicherte seinem Team nach neun Nachladern und als eines von nur drei Teams, das ohne Strafrunde auskam, die Silbermedaille. Said Karimulla Khalili, Alexandr Loginov, Maxim Tsvetkov und Eduard Latypov lagen bei jedem Wechsel an der Spitze und mussten sich am Ende nach sechs Nachladern und zwei Strafrunden von Latypov mit Bronze zufrieden geben. Erik Lesser, Roman Rees, Benedikt Doll und Philipp Nawrath waren mit perfektem Material ausgestattet und verpassten nach neun Nachladern und einer Strafrunde die ersehnte Medaille denkbar knapp. Mit deutlichem Rückstand platzierten sich dahinter die Schweden Peppe Femling, Jesper Nelin, Martin Ponsiluoma und Sebastian Samuelsson als Fünfte vor dem Team aus Kanada mit Adam Runnalls, Christian Gow, Jules Burnotte und Scott Gow.

Erik Lesser mit solider Leistung

Erik Lesser (GER) © Manzoni/NordicFocus

Bei sehr stumpfem Schnee und Temperaturen um minus 15 Grad kam Erik Lesser ohne Nachlader beim ersten Schießen durch und lief als Sechster aus dem Schießstand hinter dem Schweizer Stalder. Der Norweger Laegreid, ebenfalls ohne Nachlader geblieben, setzte sich schnell an die Spitze, Erik Lesser heftete sich an seine Skienden und die Abstände bis zu Rang 10 lagen nur innerhalb zehn Sekunden. Beim Stehendanschlag hatte Erik Lesser Probleme beim Nachladen und verlor nochmals wertvolle Sekunden, als er bereits aus dem Anschlag war und feststellen musste, dass die letzte Scheibe nicht gefallen war. „Gestern bei minus 21 Grad habe ich das probiert, das ging ganz gut, aber heute im EIfer des Gefechts habe ich den Schuss nicht reingekriegt, das ist natürlich ärgerlich“, so Erik Lesser nach dem Rennen im ZDF, der zufrieden auf seine olympische Karriere zurückblickt. Der Russe Khalili setzte sich nach einem Nachlader an die Spitze, gefolgt von der Ukraine, Weissrussland und Frankreich. Der bis dahin in Führung gelegene Norweger Laegreid musste in die Strafrunde und ging als 13. raus während nur der Schweizer Sebastian Stalder alle zehn Scheiben ohne Nachlader abräumte, allerdings nur knapp vor Lesser auf der Neun aus dem Schießstand ging. Zum Wechsel veränderten sich die Positionen, aber Russland blieb vorne vor Weissrussland und Frankreich, mit gut 20 Sek. Vorsprung, dann Italien, China, Schweden, Norwegen und Deutschland. Lesser hielt läuferisch mit den Besten mit, lag insbesondere auf der Schlussrunde nur 5,9 Sek. hinter dem Schnellsten und hielt die Platzierung. 

Roman Rees macht Plätze gut

Roman Rees (GER) © Manzoni/NordicFocus

An der Spitze hielt Alexandr Loginov das Tempo hoch, ließ keinen seiner Verfolger näher herankommen und Roman Rees nutzte auf dem Weg zum Liegendanschlag den Windschatten des vor ihm laufenden Norwegers Tarjei Boe. Loginov arbeitete zügig und brachte liegend die Null, auch Roman Rees blieb fehlerfrei und lief an der Spitze einer größeren Verfolgergruppe mit zwischenzeitlich auf über einer Minute angewachsenem Rückstand. Mit starker Laufleistung verdoppelte Loginov seinen Vorsprung auf der Runde zum Stehendanschlag, kam mit 30 Sek. Vorsprung zum Schießen, verfehlte die zwei letzten Scheiben aber kam mit zwei Nachladern durch, bevor die Verfolger an den Stand kamen, allerdings kam der Franzose Jaquelin mit fünf Treffern wieder auf 17,9 Sek. an den Russen heran. Roman Rees ließ sich lange Zeit für den ersten Schuss, traf, und kam mit einem Nachlader bei leicht auffrischendem Wind noch gut weg. Auf der Schlussrunde baute Loginov mit überragender Laufform seinen Vorsprung wieder aus und übergab mit 36,2 Sek. Vorsprung an Maxim Tsvetkov vor Frankreich, Weissrussland und Italien. Roman Rees zeigte sehr gute Leistung auf der Strecke und übergab als Fünfter mit 1:23 Min. Rückstand auf Benedikt Doll. „Man braucht eine gewisse Lockerheit in den Beinen, dass man es auch laufen lassen kann,“ so Roman Rees, der nach eigenen Angaben auf der Strecke ganz gut zurecht kam. Auch Rees lag auf der Schlussrunde nur 4,2 Sek. hinter dem läuferisch enorm starken Russen Loginov. Die favorisierten Norweger lagen hinter Deutschland und die Schweden ebenfalls zurück auf der zehnten Position.

Benedikt Doll bringt die Staffel in Podestnähe

An der Spitze lag weiterhin Russland mit Tsvetkov, der seinen Verfolgern mit fünf Treffern im Liegen keine Chance ließ. Desthieux für Frankreich musste für einen Fehler zwei Mal nachladen und fiel weiter zurück während Benedikt Doll eine perfekte Fünferserie schoss und den Schießstand als Vierter, vor Norwegen verließ. Die zum Favoritenkreis zählenden Schweden fielen erneut zurück auf Rang elf. In seinem Leg hatte es Benedikt Doll mit Johannes Thingnes Boe zu tun. Er ging im Stehendanschlag volles Risiko und es sollte sich auszahlen. Mit einer Schnellfeuereinlage machte er wertvolle Zeit gut und brachte die Norweger in die Medaillenränge. Benedikt Doll benötigte stehend einen Nachlader, ging mit einer Minute Rückstand als Dritter auf die Schlussrunde, wo J. T. Boe noch vor dem Wechsel an ihm vorbeizog. Russland wechselte in führender Position mit 41,3 Sek. Vorsprung vor Frankreich und nur einen Wimpernschlag dahinter kam Norwegen und Deutschland. Nach dem Rennen war Benedikt Doll die Enttäuschung deutlich anzumerken. „Die Russen haben Federn gelassen, aber es heißt ja nicht automatisch, dass wir es besser machen. Das war so ein typisches Beispiel – man gewinnt im Team, man verliert im Team – wir hätten heute in der Tat genauso gewinnen können. Es war alles drin, aber jetzt ist es der absolut unglücklichste vierte Platz, jetzt haben wir halt die Holzmedaille.“

Philipp Nawrath – dem Olympiasieg so nah

Philipp Nawrath (GER) © Manzoni/NordicFocus

Die Ausgangsposition für Philipp Nawrath war vielversprechend. Laufstark und deutlich sichtbar mit gutem Material ausgestattet zog er auf seiner ersten Runde schnell an dem Norweger Christiansen vorbei und war nach fünf sauberen Treffern im Liegendschießen erster Verfolger des führenden Russen Latypov. Im letzten Anschlag setzte er alles auf eine Karte, kassierte eine Strafrunde und hat damit die Medaille aus der Hand gegeben. Laura Dahlmeier, Expertin im ZDF meinte zum Rennen: „Die Russen waren so lange so weit in Führung, dann geht die Türe auf und dann kannst als Schlussläufer der Held der Saison oder auch der Depp der Saison sein, wenn du es nicht rüberbringst. Du gibst dein Bestes, übst es im Training, das passiert jedem Mal.“ Schade, dass es gerade beim olympischen Staffelwettkampf für das Deutsche Team nicht aufging. Die Chance war jedenfalls da. 

Österreich und Schweiz

Felix Leitner (AUT) und Niklas Hartweg (SUI) haben in ihrem Leg ein hervorragendes Rennen gezeigt. Beide blieben schadlos am Schießstand und Leitner wechselte an sechster und Hartweg auf der achten Position. Die Schlussläufer konnten die Platzierung nicht halten. Am Ende belegte Österreich mit David Komatz, Simon Eder, Felix Leitner und Harald Lemmerer nach 8 Nachladern und 2 Strafrunden Rang 10 und die Schweiz mit Sebastian Stalder, Benjamin Weger, Niklas Hartweg und Joscha Burkhalter belegten Rang 12 (1 Strafrunde/8 Nachlader).  

Ergebnis Staffel Herren

Medaillenspiegel

Der weitere Zeitplan

Bildergalerie