Austria Loppet: Viel Sonne, viel Schweiß, wenig Schatten und Leutascher Frühlingsschnee

Kurt Mühlbacher © www.foto-viertbauer.at

Bei sehr unterschiedlichen Bedingungen wurde die „leichte“ Strecke in Leutasch zum Härtesten der sechs Rennen. Nach 2:50 Stunden und 42 Skating Kilometern überquerte ich sehr angeschlagen die Ziellinie. Sieger Daniel Heun (DSV) war schon nach 1:44 Stunden mit seinem Arbeitstag fertig.

Vor dem Rennen

Der Wecker klingelte um 5:00 Uhr. Ich schlief schlecht und wurde schon um 4:00 Uhr munter. Meine Reiseroute: Oberndorf-Salzburg-Kufstein-Innsbruck-Seefeld-Leutasch. Ich kam gegen 8:00 Uhr sehr unausgeschlafen in Leutasch an. Aber nicht direkt beim Sportplatz. Strenge Ordner lotsten die Autofahrer im Ortsteil Weidach auf einen Parkplatz. Umsteigen in den Shuttle Bus. In der Ausschreibung stand von dem nichts. Also mußte ich umpacken. Ärgerlich! Mit einer Reisetasche, Stöcken, ein paar Ski und angezogenen Langlaufschuhen bestieg ich den Bus. Kopfschütteln im ganzen Bus! Ich hab ja nur ein paar Ski, aber was tun die anderen mit mehr Paaren die auch noch selbst wachsen wollen?! Unverständlich. Beim Sportplatz bzw. Erlebnisbad war dann Endstation. Der Straßenrand war aber doch zugeparkt. Der große Parkplatz beim Bad war leer!? Und der Parkplatz beim Sportplatz war voll mit Läufern die wohl gestern oder heute sehr früh angereist waren. Ich hole die Startnummer, bringe meine Tasche in die Garderobe. Ich gehe mit den Ski zum HWK Wachszelt. Christian vom HWK Team hatte ich letzte Woche schon informiert, dass ich das Beste heute will! Ich bekam auch das Beste. Das gleiche wie die Damen Siegerin Sigrid Mutscheller, 1:52 Stunden. Gegen 9:45 Uhr ist mein Ski fertig. Ich beginne mich aufzuwärmen – bin begeistert. Er läuft sensationell. Ich bin eindeutig schneller als die anderen.

Das Rennen

Ich gehe erst um 10:00 UHhr in die Startzone. Die Startblöcke sind klar und deutlich getrennt. Die Euroloppet Zone wird aber zu klein. Immer mehr Läufer „kaufen“ sich in den zweiten Startblock ein. Ich bin ja auch einer. Zu meiner Freude treffe ich noch einen alten Bekannten aus der Heimat. Er steht im Elite Block. Wie er dazu kam weiß ich nicht. Er hat‘s aber verdient, 2:08 Stunden. Damit ist er dann doch um 40 Minuten schneller als ich. Es wird immer enger im Startblock. Hinter mir herrscht italienische Aufregung. „Hallo Kurti, was ist los, bist du schon schnelle?“ Maurizio … aus Italien ist wohl neidisch weil er im „Sportklasse“ Feld steht. Am Ende ist er 20 Minuten schneller als ich. Der Startschuss fällt. Ich nehme schnell Fahrt auf und freue mich über die schnellen Ski. Die erste Runde mit fünf Kilometer wird noch im dichten Pulk gelaufen. Kaum Platz zum Überholen. Das ist mir aber egal, ich bin eh gut dabei. Die ersten Kilometer vergehen wie im Flug. Die Startnummern mit Namen machen das Rennen lustig und einprägsam. Ich fliege an Ivan, Björn, Rüdiger, Josef etc. vorbei. Mit ca. 20km/h geht’s bis zur Wende. Leicht bergab komme ich mir vor wie auf Wolke 7. Ich mache sogar Tempo in meiner Gruppe! Unwiderstehlich überhole ich Läufer um Läufer. Meinen Höhepunkt erreiche ich, als ich fünf Atomic Läufer hinter mir lasse. Die erste Hälfte des Rennens verläuft im Schatten. Die Loipe ist im eisigen schnellen Zustand. Nach 17 Kilometer geht’s über eine Brücke auf die andere Seite des Tals. Auf die „Sunnseit‘n“. Hier ist es frühlingshaft warm. Mit einem Schlag ändert sich der Charakter des Rennens. Ich komme nur noch langsam voran. Ich werde wieder überholt. Von Ivan, Björn, Rüdiger etc. Das ist nicht lustig. Jetzt geht’s die restlichen 25 Kilometer bergauf! Das vermeintlich leichte Streckenprofil wird zum Bumerang. Wo’s runter geht, geht’s auch wieder rauf. Meine Beine werden immer schwerer. Das erste Mal während der sechs Rennen muss ich schwächebedingt stehen bleiben.


Ich versuche meine Kräfte zu bündeln, zu sammeln. Ich bin plötzlich ausgelaugt. Der Ski ist Ok, aber sicher nicht ideal. Das sagt mir nach dem Rennen mein HWK Mann. Einfach so. Schonungslos. „Mein Ski ist ja nicht aus einer Rennserie … habe ja nur einen von der billigen Stange“. Bei Kilometer 28 geht’s nochmal am Ziel vorbei. Ich bin jetzt 1:44 Stunden unterwegs. Daniel Heun auch. Er ist gerade an mir vorbeigelaufen. Er ist beim Zieleinlauf, ich beim sehr langen letzten Teil. Der letzte Abschnitt verläuft leicht steigend bis zum Höhepunkt der Strecke. Da jetzt eh schon alles gelaufen ist, spekuliere ich sogar mit einer Einkehr(!) bei einer der vielen Hütten am Loipenrand. Ein Radler für den Durscht. Tu dies dann aber doch nicht. Schade. Beim letzten gemeinen Anstieg mit 40 Höhenmetern quetsche ich mir ein Powergel in den trockenen Mund. Zum Nachspülen habe ich nichts dabei. Verschlinge ein paar Hände voll Leutascher Frühlingsschnee! Beim finalen Hillclimb hat sich auch noch ein Fotograf postiert. Wieder gemein. Die zwei letzten Anstiege werde ich nie vergessen. Ich passiere das letzte Mal eine Zeitkontrolle. Pieps. Ohne Sturz überstehe ich auch die letzte Abfahrt. Überhole wieder den Josef. Ein Skidoo mit Akja und Arzt fährt an mir vorbei. Es ist wohl nicht nur mir zu heiß. Noch drei Kilometer. Endlich wieder etwas Schatten. Noch ein letzter steiler Anstieg. Ich kann ihn nicht durchlaufen. Halte kurz inne in der Mitte. Meine Augen gehen gen Himmel. Wann bin ich endlich im Ziel? Vorbei am Schwimmbad, noch 1000 Meter. Ich pflüge durch den tiefen sulzigen Schnee. Naja, pflügen kann man das nicht nennen, eher kriechen. Um 13:15 Uhr bin ich im Ziel, offizielle Zeit: 2:49:50 Stunden.

Nach dem Rennen

Ich trinke viel. Sehr viel. Bin angeschlagen. Ich setze mich auf eine Bank in der Sonne. Links von mir gutsituierte holländische Frauen reiferen Alters? „Gouda Käserei Besitzerinnen“? Sehen aus als wären sie nur 20 Kilometer gelaufen. Rechts von mir nimmt eine junge russische Schönheit Platz. Ihre Mutter im echten Pelz versorgt sie mit Getränken, macht Fotos. Skurille Szenerie. Nach einer halben Stunde raffe ich mich auf und gehe zur Siegerehrung. Ich erkundige mich nach den Austria Loppet Finishern. Also warte ich. Wir werden aufgerufen. Am Ende nehmen 19 Männer und eine Frau die Urkunden mit dem Gutschein für ein paar Rennski mit Bindung entgegen. 20 Gleichgesinnte und 20 Schicksale.