Engadin Frauenlauf: So hat ihn unsere Teamathletin Regina Betz erlebt

Regina Betz © Sportograf Digital Solutions GmbH

Während viele Skilangläufer am 3. März 2024 den 100. Vasalauf von Sälen nach Mora bestritten und sich über lange 92 Kilometer gequält haben, nahm ich an selbigem Sonntag an einem kleineren, aber feinen Lauf im Engadin teil: dem Engadin Frauenlauf. Der ist, zumindest in unseren Breiten, deutlich weniger bekannt als der große Bruder und findet traditionell eine Woche vor dem Engadin Skimarathon statt. Der Reiz für mich daran, die eher kürzere Distanzen favorisiert, er ist nur 17 Kilometer lang. Zudem besteht das Starterfeld ausschließlich aus Frauen, auch eine Besonderheit. So wenige sind es dann auch gar nicht; für den diesjährigen Lauf waren 1.004 Teilnehmerinnen gemeldet, von denen letztlich 948 gestartet sind.

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Highlight der diesjährigen Veranstaltung war, dass drei sehr bekannte Athletinnen unter den Teilnehmerinnen waren, voran die Norwegerin Therese Johaug, die auch von Anfang an das Rennen dominierte und mit drei Minuten Vorsprung als Erste die Ziellinie überquerte. Die anderen beiden bekannten Namen waren Justyna Kowalczyk und Selina Gasparin, von denen erstere Zweite und die andere Sechste wurde. Dieses Rennen ist allerdings für jedermann oder – besser gesagt – für jederfrau geeignet. Hier tummelte sich vorne die Elite, in der Mitte viele Ehrgeizige, die für sich eine gute Zeit erlaufen wollten (wie ich), aber es gibt auch sehr viele Langläuferinnen, die das Rennen nicht als Wettkampf sehen, sondern alleinig den Spaß und das Dabeisein genießen. So traf ich zum Beispiel bei der Startnummernvergabe am Vortag eine Teilnehmerin, die mir erzählte, sie habe diese Saison nur drei Mal auf Langlaufskiern gestanden. Neben den Einzel-Läuferinnen gibt es auch eine Kategorie mit 4er-Teams. Während die Schnellsten und Erstplatzierten wiederum zur Elite gehörten und den Lauf in 3:25 Stunden beendeten, so brauchte manches „Spaß“-Team fast sieben Stunden. Aber dabei sein ist schließlich alles! Etliche kamen auffallend verkleidet an den Start, ob als Pippi Langstrumpf mit dem Affen Herr Nilsson oder als Flamingos. Man kann sich sicher vorstellen, dass so manches Kostüm nicht zur Schnelligkeit beigetragen hat. Aber alleine die Namen versprachen einen riesigen Spaßfaktor, wie z.B.: Physios uf de Lättli, Gleithexli oder Pink Frost Gliders, um nur ein paar zu nennen. Es gab auch einige Teams, verkleidet in rosa, die der sogenannten Mascha Rösa-Initiative folgten, auf Brustkrebs-Betroffene aufmerksam machen wollten und für die Krebsligen Zürich und Graubünden Spenden gesammelt haben.

Vor dem Rennen hat Petrus uns tagelang zittern lassen, es war Schneefall angesagt, aber letztendlich hatte er doch ein Einsehen mit uns und nach einem Start im Trüben, aber ohne Schnee, kam sogar immer wieder die Sonne heraus und das schöne Engadin machte seinem Namen alle Ehre. Apropos Start: die Elite startete direkt aus der Box vor der Startlinie, die anderen Gruppen gingen, liefen oder rannten jeweils von der Startbox in das Starterfeld. Ski an und los ging’s! Die Zeit wurde für diese Gruppen erst beim Überschreiten der Startlinie genommen, so dass keine Hektik aufkommen sollte, wie der Stadionsprecher mehrfach betonte. Zudem machte er es sehr spannend, indem er jeweils die verbleibende Wartezeit ankündigte: noch 1 Minute, noch 30 Sekunden … Dazu lief Musik, die auch aus einem Krimi hätte kommen können und in meiner Umgebung breitete sich bei allen (inklusive mir) eine gewisse Nervosität verbunden mit Vorfreude auf das Rennen aus. Aber ein kurzer Plausch mit den Nachbar-Läuferinnen musste sein und lenkte ab.

Regina Betz beim Engadin Frauenlauf 2024 © Regina Betz

Unser Feld, in dem Fall Hauptfeld B, durfte starten und die Strecke war Anfangs sehr fest und schnell. Es kam zu Stürzen und ich musste auch dem einen oder anderen Stock und Ski ausweichen um nicht selbst zu Boden zu gehen. Anfänglich und später vor allem um die drei Verpflegungsstationen herum standen etliche Zuschauer entlang der Strecke. Wir wurden mit heja-heja-Rufen angefeuert, teils sogar persönlich mit Namen bejubelt, da die meisten Teilnehmerinnen personalisierte Startnummern hatten. Die Strecke beginnt in Samedan am Flugplatz und führt über Bever, La Punt Chamues und Zuoz nach S-Chanf. Das ist zugleich auch der letzte Teilabschnitt des Engadin Skimarathons. Die Strecke der Frauen ist eher flach, hat ab und an einen kleinen Anstieg, kurz vor Ende nochmal einen längeren über die Golan-Höhen, bevor die ersehnte Ziellinie kommt. Ich empfand sie als ziemlich kurzweilig. Die schöne Landschaft flog an mir vorbei, leider nur aus den Augenwinkeln, da fast immer Läuferinnen um mich herum waren und die Strecke vor allem anfänglich vollste Aufmerksamkeit erforderte. Ich konnte zu Beginn und im Verlauf einige Läuferinnen überholen, an den Golanhöhen war das aufgrund der engeren Streckenführung und stumpfem Schnee an den Seiten leider nicht mehr so leicht möglich. Da musste dann auch mal die Klassikspur zum Überholen aushelfen. Aber letztendlich erreichte ich 19 Minuten nach Therese Johaug das Ziel als 50. von fast 200 Starterinnen meiner Altersklasse. Ein schönes Ergebnis für mein zweites Langlaufrennen! Ein besonderer Dank geht auch an meinen Coach Thomas Freimuth für den Trainingsplan und die gute Vorbereitung!

Nach dem Zieleinlauf folgte die Siegerehrung der drei Besten sowie ein Interview mit der Erstplatzierten und wohl bekanntesten Langläuferin, Therese Johaug, bevor es zur Pasta-Party ging. Die Sonne ließ sogar zu, dass wir Pasta und Kuchen draußen genießen konnten, bevor die Siegerehrung der Teams stattfand samt einer Tombola-Verlosung. Mein Fazit: Das Erlebnis ist es auf alle Fälle wert wiederzukommen, verbunden mit ein paar schönen Langlauftagen im Engadin! Oder wird es das nächste Mal der Engadin Nachtlauf oder sogar der deutlich längere Engadin Skimarathon?