Im ersten Anlauf zur Vasalauf-Medaille?

Klaus und Thomas Oestreich © Tobias Burger

5. Akt

Weiter geht es nach Hökberg. Von der Streckenbesichtigung weiß ich noch, dass es nun relativ hügelig wird (das müssen wohl die „Lundbek-Bakkene“ sein) und auch an einem Skilift vorbei geht. Die Hügel kommen wir mit unserem Fell ganz gut hoch – wir prügeln einfach rennend die Ski auf den Hang. Wir werden auch besser darin zu erkennen, wo sich bald eine Lücke auftun könnte und welche Personen man möglichst schnell überholen sollte, weil sie zu langsam sind. Geht ganz gut – ist aber anstrengend! So werden die Anstiege zu unseren Freunden – hier machen wir immer Plätze gut! Irgendwo hat Klaus am Streckenrand auch die positive Nachricht aufgeschnappt, dass wir auf Medaillenkurs wären. Dafür habe ich gerade keinen Kopf. Trotzdem habe ich eine gute Phase und gehe nach vorne und gebe Gas. Leider sind die Abfahrten nicht so schnell und einfach zu fahren, wie noch vor einigen Tagen!

6. Akt

Über unzählige weitere Hügel und Wellen geht es nach Eldris. Klaus ruft hinter mir irgend etwas von „Marian“. Wir müssen unseren Freund Marian, der ebenfalls in einer Hütte vom A|N Ausdauernetzwerk untergebracht ist, überholt haben. Ich habe ihn nicht gesehen und will einfach weiter! In Eldris wird noch einmal getrunken und etwas gegessen. Auch von dem Kaffee, der so stark und bitter ist, dass allein schon der Geschmack die Lebensgeister erweckt, nehme ich zwei Schluck. Aber Klaus war mit dem Verpflegen schneller fertig und schon wieder muss ich mich eine gefühlte Ewigkeit sputen, um ihn wieder einzuholen. Dabei überhole ich Marian zum zweiten Mal. Ich bin wohl zum langsam gewesen an der Verpflegungsstation. Er spricht mich an und das bemerke ich – aber für Nettigkeiten haben wir jetzt keine Zeit mehr. Wir wechseln die Spuren so gut es geht und überholen, was das Zeug hält. Insbesondere in den wenig gefahrenen äußeren Spuren mit lockerem Schnee läuft unser Ski überragend. Die Struktur V05 und das Gel von Harry ist genial! Und dann taucht auch schon das Schild „7“ auf! Wow – nur noch 7 km bis zum Ziel in Mora! Ende in Sicht 🙂 Kurze Zeit später kommt uns ein Motorschlitten entgegen, der die Bahn für ein Spurgerät frei räumt. Dieses schiebt den Schnee aus der Loipe und präpariert neu. Genial – auf einmal flutscht der Ski nur so! Dann werden wir umso schneller in Mora sein! Das Fahren im Doppelstock macht wieder richtig Spaß! Das Spurgerät hätten wir schon früher brauchen können! Man hatte mir schon „angedroht“, dass die letzten Kilometer bis ins Ziel relativ hügelig sind. Und so bin ich positiv überrascht, dass es meistens nach unten geht! Die Hügel sind tatsächlich da und wir nehmen sie im Sturm!

Reisegruppe Ausdauernetzwerk © Tobias Burger

Mittlerweile sind wir unten im Tal am Bach angekommen und spüren, dass wir bald im Ziel sind. Wo ist der „Mora Parken“? Es gibt nur eine Devise: „Überholen! Überholen!“ Nachdem Klaus so viel Tempo gemacht hat, sehe ich mich als „großer Bruder“ in der Verantwortung und gehe vorneweg. 200 m vor mir ist ein Läufer – Klaus ruft mir zu: „Den kriegen wir!“ Und tatsächlich: Schub für Schub kämpfen wir uns ran und überholen ihn. Am Streckenrand gibt es ein Küsschen für eine Dame und die Aussage, dass die Medaille sicher sei. Wir wissen leider, dass es für uns keine Medaille mehr geben wird 🙁 Trotzdem geben wir Gas! Und dann kommt auch schon der Kirchturm von Mora in Sichtweite! Und dann kommen auch schon die letzten Übergänge über die Brücken! „Klæbo lauf!“ Jeder überholter Läufer ist ein guter Läufer 😉 Und irgendwann kommen wir auf die weltberühmte lange und breite Zielgerade. Wir geben nochmals Gas und überholen. Kurz vor dem Ziel orientiere ich mich nochmals und schaue nach meinem Bruder. Wenn wir jetzt so lange gemeinsam unterwegs waren, dann laufen wir auch gemeinsam ins Ziel! Gemeinsam geht es über die Ziellinie. Irgendwie warte ich auf die Emotionen, die schon so oft beschrieben worden sind – doch sie bleiben aus. Im Gegenteil wundere ich mich, dass ich schon im Ziel bin und dass 90 km eigentlich nicht so lange sind. Da hat das Training unter der Anleitung von Thomas Freimuth offensichtlich Früchte getragen!

Ich blicke nochmals auf das Schild mit der Medaillenzeit und muss nochmals feststellen – keine Medaille! Wir waren rund neuneinhalb Minuten zu langsam 🙁 An mangelnder Fitness hat das Verpassen der Medaille nicht gelegen – aber aufgrund der schlechten Wetterbedingungen und des daraus resultierenden geringen Spurangebots war es schwierig zu überholen. Da wäre ein besserer Startplatz unabdingbar gewesen. Trotzdem haben wir ein engagiertes Rennen gezeigt und die 90 km von Sälen nach Mora in 07:08:15 bewältigt. Dabei haben wir uns von Platz 3.034 in Smågan auf Platz 2.162 im Ziel vorgekämpft! Und wer weiß – vielleicht waren wir ja das schnellste Brüderpaar im Vasalauf 2019?

Postludium

Wir haben den Vasalauf ohne größere Probleme überstanden, auch wenn der Veranstalter aufgrund der Bedingungen titelte „Der Vasalauf 2019 – ein Lauf für Helden!“. Unsere Vasalauf-Premiere hatten wir also ausgerechnet an die „härteste Auflage des Vasalaufes seit Langem“ (so der Veranstalter) gelegt. Da darf jeder zu Recht stolz sein, der es bis ins Ziel geschafft hat. Fehlt leider noch diese „blöde Medaille“. Da müssen wir uns wohl das Motto des Laufes „In der Spur der Väter, für die Siege der Zukunft“ zu eigen machen und im nächsten Jahr nochmals kommen!

2 Kommentare

  1. Carsten Unger

    Ein schöner Bericht und schade dass es nicht zur Medaille gereicht hat. Nur eine Sache muss ich anmerken: sich nicht hinten in der Schlange anzustellen ist aus meiner Sicht grob unfair den anderen Sportlern gegenüber. Die anderen sind früher aufgestanden, um weiter vorn zu stehen und sich vorzudrängeln zeugt von mangelnder Fairness und Respekt.

    Ich stand z.B.auch in dieser Schlange….

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  2. Carsten Unger

    Ein sehr schöner Bericht.Schade dass es nicht zur Medaille gereicht hat. Einen Punkt muss ich jedoch anbringen. Du schreibst, dass trotz der Energie sehr fair zugeht und man einander hilft, was du so aus Rennen in Deutschland nicht kennen würdest. Gleichzeitig hast du dich beim Start allerdings klar vorgedrängelt was weder fair den anderen Läufern gegenüber ist, noch zeugt es von Respekt derer, die extra früh aufgestanden, um einen guten Platz in der Schlange zu bekommen. Darüber vielleicht in der Zukunft einmal nachdenken.

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