Erfolgreiche Weltcup-Premiere in Polen: Das war Szklarska Poręba

Viertelfinale © Hemmersbach/Nordic Focus

Die Weltcup-Premiere in Szklarska Poręba, genauer gesagt in Jakuszyce, ist vorbei. Lob gab es von allen Seiten, wenn es teilweise auch drunter und drüber ging.

Schnee, Bombendrohungen und Bodyguards

Der Weltcup in Szklarska Poręba (ausgesprochen übrigens „Schklarska Poremba“, deutscher Name: Schreiberhau) begann mit einem großen Schneechaos: „So viel Schnee wie noch nie zuvor“, schrieb am Freitag ein polnischer Journalist, der die Gegend gut kennt. Die Region ist als sehr schneesicher bekannt, so dass ein Einsatz der vorhandenen Schneekanonen, wie sie von der FIS vorgeschrieben sind, vom Veranstalter von vornherein ausgeschlossen worden war. Mit so viel Schnee hatte im Südwesten Polens aber wohl auch niemand gerechnet: 24 Stunden kräftiger Dauer-Schneefall sorgte für eine beschwerliche Anreise, so dass einige Sportler dem Stau zu Fuß in Richtung Hotel entflohen. Weiteren Ärger gab es dann im Teamhotel, das wegen eines Bombenalarms zeitweise geräumt werden musste. Es konnte allerdings Entwarnung gegeben werden, auch an der Strecke in Jakuszyce, die ebenfalls geräumt werden musste, wurde keine Bombe gefunden. Sorge machten den Veranstaltern auch die aufdringlichen Fans, die Autogramme und Fotos von ihrem Star Justyna wollten, so dass kurzerhand Bodyguards für die Polin organisiert wurden. Auch Kowalczyks Dauerrivalin Marit Bjoergen wurde während des ganzen Wochenendes von zwei Personenschützern bewacht – bei ihr befürchteten die Veranstalter aber eher Schneeballattacken a la Sven Hannawald in Zakopane 2002. Glücklicherweise blieb in der Hinsicht alles ruhig.

Erster Polen-Weltcup auch der letzte?

Schon vor dem ersten Rennen machte in den polnischen Medien das Gerücht die Runde, der erste Weltcup in Szklarska Poręba könnte zugleich auch der letzte gewesen sein. Offenbar hatte man sich in Polen etwas verkalkuliert und nicht mit so hohen Kosten für die Ausrichtung des Weltcups gerechnet. Insgesamt waren drei Millionen Zloty (ca. 700.000 Euro) in das Weltcup-Wochenende geflossen. Nach der Begeisterung der Polen an der Strecke und dem großen Lob aller Athleten werden sich die Veranstalter die Entscheidung hoffentlich nicht schwermachen und sich für weitere Weltcups entscheiden. Auch FIS-Renndirektor Jürg Capol unterstützt dies: „Ich habe keine Zweifel, wir müssen wiederkommen. Ich sehe ein großes Potenzial für den Langlauf in Polen. Wir waren uns bewusst, dass Justyna Kowalczyk hier ein Star ist, aber das großartige Publikum hat unsere Erwartungen übertroffen.“ Jeden Tag waren Tausende begeisterte Fans aus ganz Polen an der Strecke, angereist, oft mehrere hundert Kilometer mit dem Zug. Dennoch musste ein Großteil der begeisterten Justyna-Fans vor dem heimischen Fernseher mitfiebern, da Jakuszyce für einen so großen Ansturm an der Strecke nicht gerüstet war. Der Veranstalter hätte mindestens viermal so viele Eintrittskarten verkaufen können, die vorhandenen Tickets waren bereits Wochen und Monate vor dem Rennen ausverkauft.

Freud und Leid für Justyna-Fans: „Wie eine Kuh auf dem Eis!“

Am Freitag begann dann endlich das Freud und Leid der polnischen Langlauf-Anhänger. Bei äußerst schwierigen Wachsbedingungen während des gesamten Wochenendes und Temperaturen um den Gefrierpunkt lieferte ihr Star nur eine schwache Qualifikation für den Freistilsprint ab, das große Entsetzen folgte dann aber im Viertelfinale: Zunächst war der Jubel groß – Marit Bjoergen war nach einem taktischen Fehler nur Fünfte geworden und somit ausgeschieden. Die Weltcupführung für Justyna war also zum Greifen nah. Dann wurden die Fans plötzlich starr vor Schreck und sehr ruhig: Justyna war ebenfalls raus! Knapp nur Dritte geworden und die Laufzeit war zu langsam… „Ich fühlte mich wie eine Kuh auf dem Eis“,meinte Justyna später im polnischen Fernsehen. „Ich mag die Skatingtechnik nicht, mir sind immer wieder die Beine auseinandergerutscht – mir fehlt einfach die Technik.“ Somit fanden die Finals ohne die beiden Stars des Winters statt, der Sieg ging an Ida Ingemarsdotter. Bei den Herren war das Finale noch sehenswerter und spektakulärer – ein klassischer Fall von „zu früh gefreut!“ Devon Kershaw nutzte die Fehleinschätzung von Nikolai Morilov zu einem erneuten Saisonsieg, der Russe musste später im Umkleidezelt getröstet werden, wie Ola Vigen Hattestad in der norwegischen Presse erklärte: „Ich war zusammen mit ihm in der Umkleidekabine. Er saß da und fluchte. Sein Trainer war wohl auch nicht besonders glücklich“, lachte Hattestad. „Sicherlich war das sehr schmerzhaft, aber das muss man lernen.“
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Totale Dominanz von Kowalczyk und Olsson

Nach den engen und spannenden Sprintentscheidungen am Vortag konnte Justyna die Erwartungen ihrer Landsleute im Distanzrennen voll und ganz erfüllen: Nach einem langsameren Beginn legte sie nach einer Runde den fünften Gang ein und gewann schließlich mit 36 Sekunden Vorsprung auf Marit Bjoergen, die sich zwar nicht zufrieden zeigte, aber froh war, zumindest den zweiten Rang noch gerettet zu haben. „Das ist der schönste Tag in meinem Leben, vielleicht nach dem Olympischen Gold“, meinte Kowalczyk überglücklich in einem Interview, nachdem sie schon mit einem guten Gefühl aufgewacht war. Währenddessen zerriss die norwegische Presse ihre Athletin geradezu in der Luft – von „K.O.“, „Demontage“ und „Demonstration von Kowalczyks Stärke“ war die Rede, als die Norwegerin die Weltcupführung so deutlich an die Polin verlor. Kowalczyk hat am Samstag übrigens auch die magische Grenze von 10.000 Weltcuppunkten in ihrer Karriere geknackt, sie steht nun bei 10.023 Punkten. Früher in der Saison gelang dies bereits Marit Bjoergen, die aktuell bei 11.320 Zählern in ihrer Laufbahn steht. Bei den Herren fiel das Ergebnis des Rennens ähnlich deutlich aus – Johan Olsson gewann mit knapp 20 Sekunden Vorsprung vor Dario Cologna.
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Positives und negatives aus dem deutschen Team

Aus dem deutschen Team gibt es nach dem Jakuszyce-Wochenende einige positive Ergebnisse und gute Rennen zu vermelden. Stark präsentierten sich die deutschen Damen im Sprint, wo vier Athletinnen unter die ersten 30 kamen und Katrin Zeller und Denise Herrmann schieden mit etwas Pech sogar erst im Halbfinale aus, nachdem Herrmann sogar die Schnellste im Prolog gewesen war. Nicole Fessel und Hanna Kolb scheiterten im Viertelfinale, Fessel erhielt nach einem Rempler gegen Tatjana Stiffler sogar eine Verwarnung der FIS. Einen Juryentscheid musste auch Josef Wenzl hinnehmen, der auf den 30. Rang zurückgestuft wurde. Tags darauf konnte Nicole Fessel als starke Siebte überzeugen und auch Katrin Zeller wurde gute Elfte und Steffi Böhler 17. Bei den Herren konnten Franz Göring und Axel Teichmann auftrumpfen und unter die ersten Zehn laufen, Tobias Angerer wurde nach einem kleinen Einbruch 24. vor Tom Reichelt. Jens Filbrich musste auf einen Start in Polen kurzfristig komplett verzichten, er fiel mit einem Magen-Darm-Infekt aus. Die besten Bilder der Deutschen und von Justyna Kowalczyk & Co. findet ihr in unseren Bildergalerien:
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