Mit Skikes auf den Klausenpass: Freipass – ich war so frei

Passhöhe Klausenpass © freipass.ch

Manchmal gibt es Dinge die man unbedingt „will“. Man ist darauf fokussiert und lässt sich so schnell nicht davon abbringen. Es muß einfach sein. Inspiriert von den Berichten des Trainings der Kaderläufer, hatte ich schon länger den Plan mit meinen Cross-Skates einen Pass zu bewältigen. Natürlich kann ich mich nicht den dort erbrachten Leistungen messen, aber ich möchte ausloten ob man das als Hobbysportler schaffen kann. An normalen Tagen oder am Wochenende ist das allerdings nicht ganz ungefährlich, rollt doch dann meist reger Verkehr über die Berge.

Da kam mir die Freipass-Veranstaltung gerade recht. „Freipass.ch“ ist eine Organisation in der Schweiz die sich zum Ziel gesetzt hat, jeden Schweizer Pass einmal im Jahr für einen Tag vom motorisierten Verkehr zu „befreien“. Da sind dicke Bretter zu bohren zumal die Tourismusbetriebe und Gastronomen um ihre Einnahmen an diesem Tag fürchten. Doch sie haben auch Erfolg. Am 22. September ist also Freipass-Tag am Klausenpass und da „will“ ich hinauf. Die Voraussetzungen sind jedoch alles andere als einladend. Es regnet, nein es schüttet als ich nach Linthal fahre. Wenigstens hört es kurz auf als ich am Bahnhof die Skikes anschnalle und Richtung Start rolle. Es ist kein Rennen, sondern eine Freizeitveranstaltung an der jeder teilnehmen kann der bereit ist unmotorisiert – E-Bikes dürfen auch – unterwegs zu sein. Die allermeisten nehmen das Velo, und so bin ich der Exot als ich mit meinen Skates und den Stöcken starte.

Den Klausenpass kenne ich recht gut vom Radfahren, und die Fakten sind beeindruckend. 1285 Höhenmeter verteilt auf 22 km sind schon eine Ansage! Entsprechend vorsichtig mache ich mich auf den Weg und versuche den wieder einsetzenden Regen einfach auszublenden. Man muss seinen Rhythmus finden, auf die Signale des Körpers achten und aufpassen das man nicht überzieht. Immerhin haben die Skike-Reifen ganz gut Grip auf dem nassen Asphalt. Nur die ersten Kehren, die warum auch immer mit Kopfsteinpflaster belegt sind, erfordern einige Vorsicht. Zu leicht verhaken sich die Stöcke in den Spalten und einen Stock- oder Spitzenbruch will ich nicht riskieren. Ich bin weitgehend allein unterwegs und geniese trotz des Regens die Ruhe ohne Verkehr. Der Atem geht gleichmässig und nur das Stakkato der Stöcke und das gischten der Reifen begleiten mich. Obwohl ab Linthal die Steigung recht gleichmässig ist, geht schon dieser Abschnitt ganz schön in die Beine und Arme. Immerhin ist nach ca. 1h knapp 10km weiter und 600Hm höher der Urnerboden erreicht. Jetzt geht es erstmal 4 km flach oder nur leicht steigend durch das bei Sonne wunderschöne Hochtal. Heute stehen Pfützen auf der Strasse, und da das Weidevieh noch oben ist gibt es immer wieder mal Kuh-Glatteis, oder das Wasser rinnt einfach als Bächlein über die Strasse. Ich bin schon ordentlich durchnässt und nutze eine kurze Regenpause für einen Stop. Ein Heißgetränk wird angeboten und zwei Energieriegel wandern mißmutig in meinen Magen. Dann geht’s weiter, bloß nicht auskühlen.


Nochmals knapp 10km, nochmals knapp 600Hm – jetzt wird es schon hart. Ich stochere in den tiefhängenden Wolken herum, die nur für kurze Augenblicke die Sicht in die Berge freigeben. Der Asphalt wird etwas rutschiger und die Kräfte schwinden. Immer öfters muß ich die „kleine Anfrage“ der Beine und Arme an das Oberstübchen „ob das wirklich sein muss“ diskutieren. Es muss!! Mit nochmals zwei kleinen Stops und den kurzen „Erholungen“ wenn man die Kehren ganz aussen nimmt, erreiche ich schließlich den Pass auf 1948m. Es ist kalt, es regnet immer wieder und ich bin erstmal ziemlich erschöpft, aber auch zufrieden. Knapp 2.5h war ich unterwegs, davon 2h15min wirklich gerollt. Einige Radler konnte ich überholen, einige musste ich neidlos ziehen lassen. Auf jeden Fall ist das mit den Skikes wohl etwas Besonderes. Kaum jemand kennt sie und so muss ich immer wieder erklären wie das so geht. Ja, sie haben Bremsen, ja das ist luftbereift, ja sie rollen auch über unbefestigte Wege – und nein, ich fahre damit nicht ab! Heute bei den Bedingungen sowieso nicht und wenn es trocken wäre wohl auch nicht. Ob die Bremsen 1300Hm packen? Ich nehm den Postbus der mich sicher wieder ins Tal bringt. Und das bringt mich selbst zum Staunen – das alles bin ich gerade noch geskatet. Wow!

Ich habe mir einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Die Freude überwiegt und vielleicht sind ja beim nächsten Mal bessere Bedingungen. Wer immer sich mal einer solchen Herausforderung stellen will, bei so einer Freipass-Veranstaltung ist eine gute Gelegenheit. Denn wenn dann auch noch der motorisierte Verkehr an einem vorbei dröhnt wäre dass vielleicht doch ein Grund, der einen davon abbringen könnte.