Interview mit Jessie Diggins: „Ich glaube ich sterbe vor Nervosität“

Jessie Diggins © Felgenhauer/Nordic Focus

Sie ist eine der jüngsten Skilanglauf-Weltmeisterinnen und feierte mit Kikkan Randall einen historischen Triumph für die USA: Jessie Diggins. Im Interview spricht sie über den WM-Teamsprint im Val di Fiemme, ihre Vorbilder und Ziele.

In der vergangenen Saison ist es dir und deiner Teamkollegin Kikkan Randall im Teamsprint als ersten Amerikanerinnen gelungen, eine WM-Goldmedaille zu gewinnen. Zu diesem Zeitpunkt warst du gerade einmal 21 Jahre alt und bist mit Randall, der weltweit an Nummer eins gelisteten Sprinterin gelaufen. Kannst du dich an deine Gefühle vor, während und nach dem Rennen erinnern?
Ich kann mich erinnern, dass ich so, so nervös war die Tage vor dem Event! Es war mein erstes Rennen bei der WM 2013 und ich war die einzige im Team, die jetzt schon ein Rennen anlaufen musste. Ich wusste also nicht, ob der Formaufbau funktioniert hatte oder nicht. Ich kann mich tatsächlich erinnern, dass ich in Kikkans Zimmer gegangen bin und nur gesagt habe: „Ich glaube ich sterbe vor Nervosität. Hilf mir!“ Aber wir haben uns auf all das Positive konzentriert; all die Rennen und Taktiken, die für uns in Teamsprints zuvor gut ausgegangen sind und wir konzentrierten uns auf die Vorbereitung, die zu tun war, um bereit für das Rennen zu sein. Als das Rennen gestartet war, war meine Nervosität weg und ich war voll konzentriert auf jeden Moment; welche Ski ich auswähle, wie ich mich am besten aufwärme, wie ich die Übergabe anlaufe und jeden Anstieg in Angriff nehme. Und nach dem Rennen? Das war ein Wirbelsturm! Ich hatte mich im Kopf auf jedes mögliche Rennszenario vorbereitet, aber vergessen, mich darauf vorzubereiten was passiert, wenn wir gewinnen! Es war eines der besten Gefühle, in der Mitte dieser Teamumarmung im Zielbereich zu sein, zu fühlen, dass sich all die harte Arbeit gelohnt hat und wir es tatsächlich geschafft haben!

Du bist schon in sehr jungem Alter auf Weltniveau erfolgreich gewesen. Denkst du, es war hilfreich, dass du zu Athleten aus deinem Land oder Kanada aufschauen konntest wie zum Beispiel Randall, Beckie Scott, Chandra Crawford und ihre Erfolge, als du deine Ziele auf höchstem Level verfolgt hast?
Definitiv! Ich habe Poster von Bill Koch, Kikkan, Freeman, Newell und Beckie Scott überall zuhause im Wachsraum. Ich erinnere mich, von Rennen gehört und gedacht zu haben: „Ich möchte das machen. Ich möchte in diesem Team sein, mehr als alles andere.“ Es ist einfach großartig für mich, sie alle als Vorbilder und nun als Teamkollegen zu haben, die mehr wie ältere Brüder und Schwestern sind, die auf mich aufpassen. Ich hoffe, dass ich auch mal genauso gut als Vorbild für jemanden sein kann, wie sie für mich waren.

Es sind nun weniger als sechs Monate zu den Olympischen Spielen in Sochi. Gibt es spezielle Wettbewerbe, auf die du dich konzentrierst?
Die 4x5km Staffel! Es ist mein größtes Ziel, in diesem Staffelteam zu sein und diesem Team zu helfen, eine Medaille bei Olympia zu gewinnen. Ich denke, das wäre eine großartige Sache für den nordischen Sport in den USA. Wir haben bereits ein Podium im Weltcup, nun glauben wir alle, dass es möglich ist und hier ist unsere Chance, es zu schaffen!


Du hattest einen größten Teil deines Erfolgs letzte Saison in Teamevents. Wie du gerade erwähnt hast warst du auf dem Podium am ersten Weltcup-Wochenende in Gällivare, wo du dich voll reingehängt hast, um das Team zurück auf Rang drei in der 4x5km Staffel zu bringen. Bei der WM im Teamsprint mit Randall hast du keine Angst gezeigt und Ruhe bewahrt, als du einen Stock auf deiner letzten Runde verloren hast. Gibt es etwas an Wettbewerben mit Teamkolleginnen, das dir erlaubt, dein Bestes zu geben?
Sicherlich. Ich liebe die Team-Events. Ich denke, es ist das Wissen, dass meine Teamkolleginnen und ich so hart zusammen trainiert haben und sie alles gegeben haben, das mir hilft, in einer Staffel mehr zu kämpfen, als allein. Ich möchte sie nicht enttäuschen und Teil des Teamziels sein! Und es fühlt sich so viel besser an, einen Team-Sieg zu feiern, als eine persönliche Bestmarke. Etwas alleine zu machen ist cool, aber mit einem Team Grenzen zu durchbrechen, ist besser als alles andere.

Konzentrierst du dich auf irgendetwas spezielles während der Vorbereitung?
Während der Vorbereitung war ich sehr konzentriert auf die Qualität der Trainingseinheiten, nicht so sehr die Quantität. Wo ich immer gedacht habe, hart zu trainieren reicht aus, arbeite ich daran, besser darin zu werden, auf meinen Körper zu hören und smart zu trainieren.

Hast du irgendwelche Wettkampf-Rituale, die du absolvierst, um dich mental auf den Wettkampf vorzubereiten? Irgendwelches Essen, Songs, spezielle Socken?
Aber ja, das mache ich! Ich bin Team USAs ganz eigene Glitzerfee. Vor jedem Rennen mache ich Glitzer auf meine Wangen und ins Gesicht jedes Teammitglieds, das mir zu nahe kommt (sogar die Männer lassen mich Glitzer draufmachen vor Großevents). Es ist eine gute Erinnerung daran, dass Skilanglaufen Spaß macht. Ich mache es, weil ich es genieße und ich will mich nie zu ernst nehmen! Und dann gibt es noch die „magischen“ Wadenwärmer … die gestreiften tragen wir bei allen Staffeln. Diese Dinger sind genial!

Du bist nun seit einigen Jahren im Weltcup, aber noch immer die Jüngste im US-Damenteam. Hast du irgendwelche Tipps von deinen älteren Teamkolleginnen bekommen, die du dir selbst in jüngeren Jahren geben würdest?
Gefühlt war ich schon immer die Jüngste in jedem Team in dem ich war! Ich denke, ich habe definitiv viel von meinen Teamkolleginnen gelernt, wie man professioneller im Training und Wettkampf ist. Eines der wichtigsten Dinge, das ich mir gesagt hätte ist, dass es am Ende nur ein Rennen ist. Wirklich. Ich war sehr hart zu mir selbst, wenn ich nicht so abgeschnitten habe, wie ich es mir vorgenommen hatte. Aber etwas, das meine älteren Teamkolleginnen sehr gut machen und ich lerne, ist, in der Lage zu sein, etwas abzuschütteln und dass es manchmal in Ordnung ist, zu versagen. So lernen wir!

Quelle: www.fiscrosscountry.com