Interview mit Remo Fischer: „Erschreckenderweise vermisse ich das Sportlerleben überhaupt nicht“

Remo Fischer © Swiss Ski

Am Ende der vergangenen Saison gab Langläufer Remo Fischer seinen Rücktritt bekannt. Nach zwölf Jahren im Weltcup, einem dritten Platz im 50-km-Wettkampf von Oslo und einem Sieg in der Team-Staffel, entschied sich der Schweizer die Langlaufskier gegen einen Bürostuhl zu tauschen. Neu arbeitet er für das Bundesamt für Sport (BASPO) in Magglingen und hat viel Spaß an seiner neuen Aufgabe. Swiss-Ski besuchte Remo Fischer nach knapp fünf Monaten im „Langlauf Ruhestand“.

Am 15. Mai 2014 hast du deinen Rücktritt aus dem Langlaufsport bekannt gegeben und bist voll in die Berufswelt eingestiegen. Wie sieht deine Bilanz nach knapp fünf Monaten aus?
Wenn ich zurückdenke, waren die letzten fünf Monate für mich enorm lehrreich und sehr interessant. Es ist viel passiert in dieser Zeit, und mir wurde sicherlich nie langweilig.

Was ist deine aktuelle Aufgabe beim BASPO?
Ich bin verantwortlich für alle Sportanlagen sowie den Werkhof des Bundesamts für Sport in Magglingen. In meinen Aufgabenbereich fällt die Koordination der nötigen Aufgaben, um alle Anlagen in Schwung und auf dem neuesten Stand zu halten. Die Arbeit macht mir Spaß und ist für mich eine neue Herausforderung. Es läuft immer etwas.

Wie hat sich dein Leben verändert?
Als Leistungssportler hat man immer den Druck, gesund zu bleiben, nicht krank zu werden oder sich zu verletzten und gut zu trainieren. Durch den Rücktritt habe ich nun einen anderen Druck, welcher auf mir liegt – ein völlig anderer Leistungsdruck.

Vermisst du das Sportlerleben – die Vorbereitung, die Wettkämpfe, das Teamleben usw.?
Erschreckenderweise vermisse ich das Sportlerleben überhaupt nicht. Dies zeigt mir, dass ich die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt getroffen habe. Die neue Arbeit bietet eine neue Herausforderung, welche mir auch großen Spaß macht. Der Übergang aus dem Sportler- ins Berufsleben verlief reibungslos.

Gab es einen Moment in welchem du deinen Rücktritt bereut hast?
Bis heute habe ich keine Sekunde an meiner Entscheidung gezweifelt. Vielleicht kommt diese Phase ja noch, doch dies war bis jetzt nicht der Fall.

Verfolgst du das Geschehen im Langlaufsport und deiner ehemaligen Teamkollegen?
Sicherlich werde ich im Winter das eine oder andere Rennen am Fernseher mitverfolgen. Doch jetzt im Sommer hatte ich nie den Drang, Langlaufhomepages zu besuchen oder zu schauen, was meine ehemaligen Teamkollegen machen.


Hast du Kontakt zu deinem ehemaligen Team und Teamkollegen?
Ja, ich habe noch Kontakt zu einzelnen Trainern, Betreuern und Servicemännern. Während des Sommers war das Langlaufteam mehrmals in Magglingen, wodurch ich die Jungs wieder gesehen habe und mit ihnen reden konnte.

Bleibst du dem Langlaufsport auf die eine oder andere Art erhalten, zum Beispiel als Trainer oder Betreuer?
Da ich mich schon länger mit dem Rücktrittsgedanken befasst habe, konnte ich im Sommer letzten Jahres die Ausbildung zum „Trainer Leistungssport mit eidg. Fachausweis“ abschließen. Falls der Wunsch also da wäre, Athleten zu betreuen und zu trainieren, könnte ich dies tun. Doch mit dem Jobangebot von Seite des BASPO’s habe ich mich für diese Herausforderung entschieden.

Läufst du weiterhin Rennen?
Der Langlaufsport ist und bleibt meine große Leidenschaft. Nach dem Rücktritt ist der Sport nun nicht mehr mein 100%iger Lebensinhalt, sondern mehr ein Hobby. Im Winter werde ich sicherlich am einen oder anderen Volkslauf oder FIS-Rennen teilnehmen, doch nicht mit der Verbissenheit und dem Ehrgeiz eines Profisportlers.

Wie trainierst du weiterhin?
Als Leistungssportler kannst du nicht von 100 auf 0 Prozent wechseln. Dies ist für den ganzen Körper und vor allem für Herz und Lunge nicht das Beste. Pro Woche mache ich ca. zehn Stunden Sport und probiere so, meinen Körper langsam an die neuen Umstände anzupassen. Wenn es im kommenden Winter in Magglingen Schnee hat, werde ich sicher das eine oder andere Mal auf der Langlaufloipe anzutreffen sein.

Was schätzt du am „normalen“ Leben?
Ich befinde mich nicht mehr auf dem schmalen Grat zwischen gut und schlecht. Der Druck ob man optimal trainiert hat oder nicht, sowie sich nicht zu verletzen, ist nicht mehr da. Heute habe ich einen Tagesablauf in einem Team. Man fühlt sich freier, und hat eine andere Lebensqualität. Nun kann ich meine Freizeit und den Tag selbst gestalten, ohne auf die Trainingszeiten Rücksicht nehmen zu müssen.

Letzte Woche hattet ihr in Magglingen die Europäischen Sportminister zu Besuch. Wie unterscheidet sich diese berufliche Herausforderung mit Herausforderungen im Sport?
Im Sport war ich während einem Rennen auf mich alleine gestellt. Sicher hatte ich ein Umfeld mit Trainer, Staff und den Teamkollegen. Doch schlussendlich bist du für deine Leistungen verantwortlich und musst schauen, dass du immer das Bestmögliche herausholst. Beim BASPO bin ich in einem System integriert und bin ein Puzzleteil von vielen. Während dieses Anlasses war ich mit meiner Abteilung verantwortlich, dass die ganzen Abläufe funktionierten. Das heisst, dass die Sporthallen mit dem richtigen Equipment ausgestatten waren und diese nach der Konferenz auch wieder zeitgerecht abgebaut wurden.

Quelle: www.swiss-ski.ch