A to B Rollerski: Die Geschichte von Raymond Dombrovskis

Raymond Dombrovskis © Raymonds Dombrovski/www.atobrollerski.com

Dichter Regen zieht an meinem Fenster vorbei, meine „Feierabend Skirollerrunde“ kann ich bei dem Wetter wohl heute vergessen! Doch ehe mir mehr Zeit bleibt, mich darüber zu ärgern, klingelt auch schon wieder das Telefon. Gleichgültig und noch in Gedanken auf einer einsamen Straße dem Sonnenuntergang entgegenrollernd nehme ich den Hörer ab. Nur langsam entschwindet mir mein Traumbild und ich vernehme den Anrufer. Es geht um dessen Bekannten – es geht um Lettland, Biathlon und Skirollern. Wieder eine dieser Sponsor-Anfragen denke ich noch, doch die Sätze ergeben langsam ein Bild, das meinem „Traum“ von eben erstaunlich ähnelt. Mich macht die Geschichte allmählich neugierig. Eine Geschichte die wohl alles andere als „alltäglich“ ist.

Es geht um eine unglaubliche Skirollertour aus dem Jahre 1988, von der bisher kaum jemand wusste. Es geht um Raymonds Trip von Inuvik an der Nordspitze Kanadas nach Baja in Mexiko, „Transcontinental Rollerski from Arctic to Baja“, 6759 Kilometer in 90 Tagen. Aber alles der Reihe nach …

Raymond Dombrovskis ist 1962 in Riga (Lettland) geboren. Als Jugendlicher einer der besten Nachwuchsbiathleten seines Landes, muss er mit 17 Jahren 1979 aus politischen Gründen Lettland verlassen und emigriert in die USA. In New York vermisst er seinen Sport und findet später in Seattle wieder zum Biathlon zurück. Mit hartem Training erreicht Raymond die amerikanische Biathlonspitze und wird in das US-Olympiateam für Calgaray 1988 berufen. Kurz vor der Olympiade musste er sich dann jedoch einer Blinddarm OP unterziehen – das Karriere-Aus!

In Raymonds Kopf schwirrte derweil schon seit langem diese verrückte Idee, ein Abenteuer auf Skirollern, eine Tour von 6759 Kilometern. Von Inuvik (Nordkanada) nach Baja in Mexiko, von Artic to Baja. Am Anfang fehlte es vor allem an Geld, um die Reise zu beginnen. Auch die Unterstützung von Firmen wie Uvex und Helly Hansen brachte keine finanziellen Mittel in die leere Tour-Kasse ein. Keine der Firmen glaubte an das Gelingen, das Sponsoring bezog sich auf kleine Sachspenden. Doch die Tour startete trotzdem! Raymond wählte nicht den einfachsten, kürzesten Weg. Die Strecke beinhaltete gefährlich lange Abfahrten, die er ohne Schutzausrüstung mit bis zu 120km/h Geschwindigkeit bewältigte. Die Reise war alles andere als durchgeplant und abgesichert. Haupteinnahme war der Verkauf von T-Shirts mit dem Tour Logo an der Strecke. Manchmal wurde das Geld knapp und das Begleitfahrzeug musste zum nächsten Postamt vorfahren, um 100 Dollar zu erhalten, die Freunde schickten. Während dieser einzigartigen Reise lernte er die Natur und den Straßenbelag der USA, Kanadas und Mexikos kennen, hatte viele Begegnungen mit Leuten am Rande der Strecke und deren Leben sowie Probleme. Er lernte bei der Tour viel über sich selbst und stärkte seinen Willen „NIE aufzugeben“.

Auf die Hauptfrage, die ihm die Leute stellten: „Warum tun sie das?“ antwortete Raymond: „Als ich startete hatte ich keinen Grund, aber jetzt habe ich hundert Gründe um weiter zu laufen.“ Nach 90 Tagen, etlichen verschlissenen „Rollen“ und Stockspitzen erreichte Raymond Baja. Dank des mitreisenden Fotografen Martins Grants wurde die Reise perfekt dokumentiert. Aus fast 20 Stunden Videomaterial soll nun ein Dokumentarfilm über die Tour entstehen, der 2015 fertiggestellt wird. Bemerkenswert, dass Raymond die Geschichte erst jetzt auf Drängen von Freunden nach über 25 Jahren an die Öffentlichkeit bringt. Wie sagte mein Anrufer so schön: „Er erwähnte die Tour mir gegenüber erst nach Jahren, beiläufig während der Abfahrt aus seinem Auto: ‚Ach so, was auch eine tolle Sache war, die Tour von A to B.'“

Autor: Sven Albert www.sportalbert.de

Weitere Infos zur Tour findet ihr hier: atobrollerski.com