Wissenschaft: Gleittests für alle

Gleittests und Auswertung © Modica/NordicFocus

Von Matthias Scherge

Bald beginnt wieder die Zeit der großen Langlauf-Events. Sei es der König-Ludwig Lauf in Oberammergau, der Engadin Skimarathon oder der Vasalauf in Schweden, diese Läufe ziehen eine immer größere Schar von Langläufern an. Alle die schon einmal teilgenommen haben, wissen wie schwer es ist, sich skitechnisch optimal vorzubereiten. Die Frage, welcher Ski bei welchen Bedingungen gut läuft, ist schwer zu beantworten. Da für Amateure die analytischen Möglichkeiten sehr begrenzt sind, bleiben eigentlich nur Skitests im Selbstversuch übrig. Diese Tests können im Vorfeld zu Hause oder am Wettkampfort stattfinden. Neben der subjektiven Bewertung, wie der Ski vom Fuß geht, bieten Gleittests eine gute Basis zur Bewertung der Ski. Wäre da nicht die Frage, wie man die Gleitzeit mit einfachen Mitteln messen kann. Und hier beginnen die Probleme. Wie bestimmt man den Start- und den Endpunkt, wer misst die Zeit und wie genau ist das Ganze. Je länger die gewählte Gleitstrecke ist, desto geringer ist der Fehler bei der Zeitnahme. Gleichzeitig kommt es zu neuen Fehlern, da bei längerer Gleitstrecke die Körperspannung nachlässt. Darüber hinaus gibt es an den meisten Wettkampforten nur wenig geeignete Strecken, auf denen man das Gleiten testen kann. Da nur wenige sich eine teure Zeitmessanlage leisten möchten, muss nach Auswegen gesucht werden. Und darum geht es im neuen Einseiter von GLIDING.

Zur Anwendung kam ein kommerziell erhältlicher Miniatursensor, der Beschleunigung und Drehbewegung messen kann. Da derartige Sensoren über eine präzise Zeitmessung verfügen, konnte nach Wahl eines geeigneten Start- und Endauslösers die Gleitzeit gemessen werden. Außerdem war es möglich, durch Nutzung von ein paar mathematischen Hilfsmitteln das Gefühl, wie der Ski vom Fuß geht, zu quantifizieren. Die Datenspeicherung und -visualisierung erfolgt auf dem Handy. Wenn man dann noch ein kleines Mikroskop zum Wettkampfort mitnimmt, was es für ein paar Euro zu kaufen gibt, kann man Bilder vom Schnee aufnehmen. Komplettiert mit den Temperaturen und der Luftfeuchte ist es nun möglich, in wenigen Jahren eine Datenbank aufzubauen, auf die man für nachfolgende Rennen zurückgreifen kann. Den kompletten Artikel findet ihr hier: snowstorm-gliding.de

Matthias Scherge

Matthias Scherge beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit den Grundlagen des Gleitens auf Eis und Schnee. Er leitet das MikroTribologie Centrum, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer Gesellschaft und des Karlsruher Instituts für Technologie, wo er als Professor das Fach Tribologie lehrt. Die Tribologie ist die Wissenschaft von Reibung, Verschleiß und Schmierung und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Gleitverhalten von Kufen und Ski. Seit 2012 berät Scherge das Nordic Paraski Team Deutschland und leitet das Team Snowstorm, ein leistungsfähiges Netzwerk aus Hochschulpartnern und Unternehmen zur Unterstützung von Athleten und ambitionierten Wintersportlern: www.team-snowstorm.de

5 Kommentare

  1. Sigrid Keydana

    Hallo, was waere denn ein geeigneter Sensor (Marke/Modell), und wo findet man eine ausfuehrlichere Beschreibung der Auswertungslogik (idealerweise den source code der Software)?

    Danke!

    Antworten
      1. Sigrid Keydana

        danke!

        Antworten
  2. Felix Springer

    Wer nicht gleich 100 EUR oder mehr investieren will aber vielleicht ein einigermaßen aktuelles Smartphone besitzt sollte sich einmal die sowohl für iOS als auch Android kostenlos erhältliche App PhyPhox (https://phyphox.org) ansehen. Damit lassen sich sehr einfach alle im Smartphone verfügbaren Sensoren, darunter auch je nach Telefon, die im Artikel angesprochenen, Beschleunigungs und Drehratensensoren auslesen. Mit etwas Aufwand kann man so zum Beispiel ein Experiment definieren welches einem professionellen Gleittest sehr nahe kommt.
    Das ganze könnte dann in etwa so aussehen:
    Smartphone am Unterschenkel befestigt, Start- und Endpunkt sowie etwaige Zwischenmesspunkte neben der Loipe mit starken Magneten, angebracht auf Höhe des Telefons markiert.
    Mit Hilfe der App werden nun die Daten des Beschleunigungs sensors und Magentometers aufgezeichnet. Beim Passieren einer Markierung (Magnet) ist das nun im Signal des Magnetometers deutlich zu sehen. Die synchron aufgezeichneten Beschleunigungsdaten können nun nach Belieben ausgewertet werden wobei das Megntometer Signal als Zeitmarker dient.

    Um hier jedoch einen Mehrgewinn gegenüber der reinen Messung einer Gleitstrecke bis zum Stillstand zu gewinnen sollte ein gewisses Maß an Programmiererfahrung und Signalverabreitung mitbringen.

    Wer das ganze noch weiter treiben will kann sich für die allermeisten Sensoren die in einem Smartphone verbaut sind auch etsprechende Evaluation Kits besorgen, diese in ein geeignetes Gehäuse packen und seine Software selbst schreiben, selbst BLE, LTE und GPS sind kann „schnell“ in die eigene Telemetreilösung integriert 😉

    Antworten
    1. Mario Felgenhauer

      Servus Felix,
      klingt spannend! Allerdings ist zum Beispiel im Weltcup das Aufstellen von „Zeitmessequipment“ auf der Strecke verboten. Dazu würde denke ich so ein Magnet auch zählen. Gäbe es aus deiner Sicht noch einen anderen Trigger, für den man kein zusätzliches Gerät benötigt?

      Antworten