10 Stunden in den Bergen oder „Die Unvollendete“

Kurt Mühlbacher © Kurt Mühlbacher

Die Nacht zum Renntag hatte ich nicht gut geschlafen. Ich habe das Streckenprofil hundertmal gedreht und gewendet. Es blieb immer gleich schwer. 3400 Höhenmeter auf 42 Kilometer verteilt. Ein schier unvorstellbares Vorhaben hatte ich mir da in den Kopf gesetzt. Nach meinem ersten Trail Marathon im Juni beim Mozart100 wo ich die Strecke für „Anfänger“ (42km / 1500HM) gelaufen bin, war ich total am Boden. Die relativ einfache Strecke hat mich damals beinhart abgeworfen. Schlimmste Krämpfe in den Wadln zwangen mich die Halbe Strecke zu gehen! So kam ich nach 8 Stunden ins Ziel, total kaputt aber glücklich. Weil das mit den Krämpfen nicht normal sein konnte machte ich ein paar Wochen später in Reit im Winkl beim neuen MountainMan einen neuen Versuch. Die Beine waren gut aber die Bergab Passagen von der Steinplatte auf felsigem Untergrund haben mir gar nicht gefallen. Ich war im Regenwurm Tempo unterwegs. Nach fast 9 Stunden war ich im Ziel. Im Wissen das ich mehr kann suchte ich die dritte Chance. In Saalbach beim Trailmaster Marathon sollte es passen.

Es passte wieder nicht

Schon am Start wurde mir schlecht. Das kleine Starterfeld mit 37 Startern bestand fast nur aus Berg Gämsen! Alle hatten diesen Blick. Diesen Blick den ich erst lernen muss 🙂 Ich sah es an Ihrer spartanischen Ausrüstung und an Ihren wohl definierten Muskeln. Nur 2 oder 3 Normalos sah ich. Einer hatte so eine Art Jeanshemd an!! Ein älterer Mann mit grauen Haaren. Na den werd ich doch packen. Ich packte ihn nicht, die Sache war nach 1 KM erledigt. Er war weg. Nur das fesche Münchner Dirndl, Katharina, lief mein Tempo. Nach dem Startschuss ging es ohne Aufwärmrunde sofort eine Skipiste hinauf. Ja das war ein Trail – 100%. Von nun an begann ich zu leiden, das ist bald zugegeben, aber ich konnte es nicht ändern. Mir tat vom ersten Meter an die linke Ferse weh. Die hatte ich die Tage vorher mit Tempoläufen am flachen Asphalt demoliert. Ich hätte es wissen müssen. Kurt – bleib im Gelände.

Kurt Mühlbacher © Kurt Mühlbacher

Heute war zumindest das Wetter gut, Sonnenschein und nicht zu heiß, ideal. Nach den ersten 500 Höhenmetern konnte man das erste mal das großartige Panorama rund um Saalbach genießen. Ich fühle mich wohl hier, denn das Gebiet kannte ich ja gut vom Skifahren. Katharina und ich wurden bald vom ganzen Starterfeld überholt und so waren wir ganz alleine Unterwegs. Wir waren wie Pech und Schwefel. Ich war Bergauf schneller, sie bergab. So waren wir gleich langsam und gingen alles gemeinsam. Nach nur 6KM und 1000 Höhenmetern(!) waren wir beim ersten Gipfel. Dem Schattberg Ost Gipfel, hier ist auch das Ziel. Wir waren zumindest schon mal hier. Nach der ersten Pause liefen wir leicht bergauf und bergab den Bergkamm entlang neben der imposanten Lawinen Verbauung bis zum Schattberg West. Ein Traum Trail. Der erste Downhill verlangte gutes Schuhwerk und gämsenartiges Laufen. Das war nicht mehr so meins. Wir waren auf einem MTB Downhill unterwegs. Mir gänzlich unvorstellbar wie man da mit einem Rad runter fahren kann. In Hinterglemm zweigte die Light Strecke (24km) ab und wir durften zu unserem zweiten Gipfel aufbrechen. Dem Zwölferkogel, einem anspruchsvollen Skiberg, mit SKI WM Abfahrtsstrecke. Es wurde heißer und wir mussten die Getränke sparsam verwenden. Der Elite war es wohl egal aber wir Amateure hätten uns hier eine Verpflegungsstation gewünscht. Nach 4 ½ Stunden kamen wir zum Checkpoint am Gipfel. Wir waren die letzten, das war enttäuschend aber eine Tatsache. Wir versorgten uns mit Obst und Getränken und liefen weiter. Die Stimmung war nicht die Beste. Katharina war motiviert aber auch nicht schneller als ich. So sagte ich zu ihr, dass sie bergab ruhig vorne weg laufen kann. Sie wollte nicht, mich freute es natürlich, nicht alleine laufen zu müssen. Ab dem Zwölferkogel waren wir am Saalbacher Höhenweg unterwegs. Und das war die beste Trail Sektion des ganzen Sommers. Entlang von bunten Wiesen und steilen Hängen ging es auf die zweite Hälfte des Marathons. Unendlich kitschig schön. Die vielen Wanderer hatten immer aufmunternde Worte für uns, das hob die Stimmung ein bisschen. Die sportliche Stimmung war gemeint. Wir waren ja nach wie vor letzter und sollten es auch bleiben, soviel darf schon verraten werden.
Neben der bezaubernden floralen Welt waren wir auch angetan von den vielen Kuhherden die das satte Grün sichtlich genossen und den Pferden die majestätisch unter der starken Bergsonne grasten. Dass wir so weit herum kamen hat mich fasziniert, den ganzen Tag sahen wir die Marathon Runde vor uns. Wir konnten immer alle Gipfel sehen, die wir schon gesammelt hatten und wir sahen immer das, was noch auf uns zu kam. Und das erschrak uns manchmal. Nach 7 Stunden hatten wir erst 26 KM hinter uns. Oje!! Im letzten Downhill vor dem finalen großen Anstieg kamen wir auf eine Lichtung und ein einsamer Streckenposten stoppte uns. Er hat schon auf uns gewartet. Wir hörten wieder das wir immer noch letzte waren. OK, wir werden uns beeilen. Aber das ist leichter gesagt als getan. Ich konnte einfach nicht richtig laufen vor Schmerzen. Wir liefen/wanderten weiter, auf einem immer noch genialen Wanderweg zur nächsten Labstation. Die Frau an der Quelle sagte uns bestimmend aber freundlich: „ Ihr seits die letzten“. Wir wissen es, danke für die Info. Wir verweilten wohl länger als alle anderen an den Verpflegungsstationen. Und Fotos haben wir ja auch gemacht. Wir sind doch beide Blogger!! Wir nahmen alles was wir bekamen. Zwischendurch verteufelten wir den Veranstalter Streckenchef und Mastermind Gunter Mayer. Für uns nahm die Streckenführung oft die eine oder andere unverständliche Wendung. Aber das war wohl nur das Gefühl wenn man LETZTER ist.

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