Sportlerinnen und Sportler, die in Schutzanzügen auf dem Ergometer hocken oder trotz Sommerhitze mit Winterbekleidung draußen Sport machen. Was sich nach Quatsch anhört, ist ein um sich greifender Trend im Ausdauersport: Heat-Training oder auf Deutsch ganz einfach Hitze-Training. Im Folgenden gehen wir den Hintergründen dieser Trainingsmethode auf die Spur und schauen uns auch an, was die aktuelle Forschung dazu sagt.
Was genau ist eigentlich Hitze-Training?
Unter Hitze-Training versteht man das gezielte Training bei erhöhten Temperaturen mit dem Ziel, die Körpertemperatur kontrolliert auf über 38,5°C ansteigen zu lassen. Die maximale Temperatur sollte allerdings die 39°C nicht viel überschreiten, (spätestens) ab 40°C kommt es in der Regel zu negativen Effekten. Hitze-Training kann aktiv und passiv durchgeführt werden. Unter aktivem Training versteht man sportliche Aktivität in warmer Umgebung und mit wärmender Bekleidung. Dies kann sowohl Indoor, beispielsweise auf dem Ergometer ohne Frischluftzufuhr oder Ventilator, als auch Outdoor durchgeführt werden. Beim passiven Training begibt man sich direkt nach einer (intensiven) Einheit in eine heiße Umgebung, in der Regel eine Sauna. Positive Effekte des passiven Hitze-Trainings sind jedoch bisher kaum nachgewiesen, weswegen wir uns hier mit dem aktiven Hitze-Training befassen.
Ziele
Ein wichtiges und durch mehrere Studien bestätigtes Ziel des Hitze-Training ist es, Sportlerinnen und Sportler auf Wettkämpfe bei sehr hohen Temperaturen zu akklimatisieren. Der Körper passt sich dementsprechend an, dass er früher, bei niedrigeren Temperaturen und insgesamt mehr Flüssigkeit ausschwitzt. Das führt zu einem größeren Kühlungseffekt. Des Weiteren wird dabei über den Schweiß jedoch weniger Natrium abgegeben, was hilft, um Krämpfe zu verhindern. Hitze-Training sorgt ebenfalls dafür, dass die Herzfrequenz bei Hitze später beziehungsweise langsamer ansteigt. All diese Effekte sorgen also dafür, dass bei hohen Temperaturen eine bestimmte Leistung über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten werden kann. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch auch potentielle positive Folgen für die Leistungsfähigkeit in gemäßigten Temperaturen. Im Konkreten geht es dabei um die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max), den wichtigsten Nenner der Leistungsfähigkeit im Ausdauersport. Hitze-Training soll zu einer Zunahme des Plasmavolumen im Blut sorgen, was das Gesamtblutvolumen erhöht (das Herz kann pro Schlag mehr Blut und damit Sauerstoff in den Körper pumpen), das Blut wird weniger zäh, was den Blutfluss erleichtert, der venöse Rückstrom des Bluts zurück zum Herzen wird verbessert (das Herz kann effizienter arbeiten) und der Blutdruck stabilisiert sich, besonders bei Belastung in der Hitze.
Wie?
Wie bereits erwähnt, wird beim Hitze-Training eine Erhöhung der Körpertemperatur auf über 38,5°C angestrebt. Dies sollte über einen Zeitraum von einer knappen Stunde geschehen. In wissenschaftlichen Studien dauert eine Trainingseinheit unter Hitze häufig 50 Minuten. Um eine entsprechende Erhöhung der Körpertemperatur zu erreichen sind mehrere Lagen Bekleidung erforderlich und um den kühlenden Effekt des Fahrtwindes zu verhindern, wird das Training häufig auf einem Ergometer absolviert. Dadurch ist eine regelmäßige Kontrolle der Körpertemperatur leichter möglich. Regelmäßiges Messen der Körpertemperatur ist beim Hitze-Training wichtig, um die entsprechenden Effekte erreichen zu können. Ebenfalls unerlässlich ist ausreichend Flüssigkeitszunahme. Durch Wiegen der Körpergewichts vor und nach der Einheit kann überprüft werden, ob ausreichend Flüssigkeit zugeführt wurde.
Erste positive Auswirkungen im Sinne einer Akklimatisierung treten bereits innerhalb einer Woche auf. Für eine optimale Akklimatisierung sollten aber zehn bis vierzehn Tage angestrebt werden. Für diesen Zeitraum werden schließlich mindestens fünf bis sechs Einheiten pro Woche empfohlen. Um die Effekte beizubehalten, scheinen ein bis zwei wöchentliche Einheiten anschließend wichtig zu sein. Ohne eine Fortführung des Hitze-Trainings verpufft der Effekt nach wenigen Wochen.
Das sagt die Wissenschaft
Eine Studie untersuchte den Effekt von fünf wöchigem Hitze-Training bei professionellen Skilangläufern und Biathleten. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Hitzetraining wurde eine signifikante Zunahme der Hämoglobin-Masse erreicht, ähnlich wie nach einem Höhentraining. Ebenso gab es eine Volumenzunahme der roten Blutkörperchen. Eine Zunahme des Plasmavolumens wurde nicht gemessen. Und auch bei den verschiedenen Leistungstests (VO2max, Laufökonomie, 15‑Min‑Leistungstest und der Leistung bei 4 mmol Laktat) wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt. Dies wurde auf die begrenzte Sensitivität bei hochtrainierten Athleten zurückgeführt. Für Sportler, die keine Möglichkeit zu Höhentrainingslagern haben, könne der Hitzeanzug aber trotzdem eine effektive Alternative sein, um die Hämoglobin-Masse zu steigern (Rønnestad et al., 2022).
In einer Studie mit professionellen Rennradfahrern konnte nach einer fünfwöchigen Intervention eine signifikante Zunahme der Hämoglobinmasse verzeichnet werden. Die VO2max und direkte Leistungswerte zeigen keine statistisch signifikante Verbesserung, jedoch kleinere bis mittlere positive Effekte. Deswegen wurde auch hier Hitzetraining als eine effektive Alternative zu Höhentraining benannt, um hämatologische Anpassungen zu erzielen, besonders für Sportler mit logistischer Einschränkung hinsichtlich Höhe (Rønnestad et. al, 2020).In einem Review mehrerer Studien wurden die physiologischen Anpassungen von Höhen- und Hitze-Training für Belastungen in „normaler“ Höhe und bei gemäßigten Temperaturen miteinander verglichen. Als wichtigstes Ergebnis kam hierbei heraus, dass beide Methoden über traditionelles Training hinaus physiologische Anpassungen auslösen können. Der Nutzen von Höhentraining bei gut trainierten Athletinnen und Athleten, in erster Linie durch eine Erhöhung der Hämoglobinmasse, welche sich positiv auf die Sauerstofftransportkapazität auswirkt, sei jedoch wesentlich besser nachgewiesen. Hitzetraining zeige ebenfalls Potenzial, vor allem hinsichtlich einer Zunahme des Plasmavolumens, während eine Zunahme der Hämoglobinmasse nur teilweise nachgewiesen werden konnte. Insgesamt zeige sich jedoch ein heterogenes Bild bei der Studienlage zu Hitzetraining, was auch an den oft unterschiedlichen verwendeten Protokollen (Intensität und Häufigkeit) liegt (Baranauskas et al., 2021).
Fazit und Folgerungen für die Praxis

Es zeigt sich also, dass Hitze-Training für die Akklimatisierung an hohe Temperaturen große Vorteile bietet beziehungsweise sehr zu empfehlen ist. In Bezug auf mögliche Leistungssteigerungen auch bei niedrigeren Temperaturen, die beispielsweise durch eine Erhöhung der VO2max auftreten sollen, ist die aktuelle Studienlage noch sehr heterogen. Leistungssteigernde Effekte können auftreten und wurden bereits nachgewiesen, weitere Forschung hinsichtlich der genauen Effekte sowie einem klareren Bild sind jedoch erforderlich. Aufgrund dessen scheint Hitze-Training nach aktuellem Stand wohl wenn dann für erfahrene (Leistungs-) Sportlerinnen und Sportler sinnvoll, um durch eine neue Trainingsmethode noch ein paar Prozent Leistungssteigerung zu erzielen. Im Hobbysport gibt es genug andere und deutlich einfacher durchzuführende Trainingsmethoden, um Leistungssteigerungen zu erzielen. In allen Fällen gilt jedoch, dass Hitze-Training nur bei voller Gesundheit und mit entsprechender Vorsicht (regelmäßige Temperaturmessung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Anpassung des sonstigen Trainings) durchgeführt werden sollte, gegebenenfalls ist eine Absprache mit einem Arzt empfehlenswert.