Nordische Kombination: Norweger holen Mannschaftsgold, Silber für Deutschland

Johannes Rydzek (GER), Eric Frenzel (GER), Fabian Riessle (GER), Vinzenz Geiger (GER), (l-r) © Modica/NordicFocus

Die deutschen Kombinierer haben zum Abschluss der Nordischen Skiweltmeisterschaft in Seefeld die Silbermedaille im Mannschaftswettbewerb gewonnen. Gold ging an Norwegen, Bronze an die Gastgeber aus Österreich. Der heimliche Held war aber ein anderer.

Österreich gewinnt Springen

Mario Seidl (AUT) © THIBAUT/NordicFocus

Im Sprungdurchlauf verzückten die einheimischen Athleten ihre Fans. Bernhard Gruber legte für Österreich 105,5 Meter vor. Dies bedeutete zunächst den dritten Zwischenrang, da Vinzenz Geiger (Oberstdorf/ 105 Meter) und Espen Bjoernstad (Norwegen/ 108,5 m) ebenfalls stark sprangen und eine gute Basis für ihre Teamkollegen legten. Die größe Weite des Tages erzielten ebenfalls für Österreich sowohl Mario Seidl in Gruppe zwei als auch Franz-Josef Rehrl in der dritten Startgruppe. Beide kamen auf 111,5 Meter. Beide profitierten dabei auch von den recht günstigen Windverhältnissen. Rehrl musste sich allerdings trotz größerer Weite Akito Watabe (Japan/ 110 m) geschlagen geben, da dieser weniger Windpunkte abgezogen bekam. Große Spannung herrschte vor der letzten Gruppe. Konnte Lukas Klapfer die gute Ausgangsposition für Österreich halten? Seine unmittelbaren Gegner Yoshito Watabe (Japan/ 108,5 m), Fabian Riessle (Breitnau/ 103,5 m) und Jarl Riiber (Norwegen/ 107 m) sprangen zwar etwas weiter als er. Dennoch reichten seine 100,5 Meter, um die zwischenzeitliche Führung der Österreicher zu verteidigen. Unter großem Jubel der zahlreichen Fans sicherte Klapfer Österreich mit 0,9 Punkten Vorsprung vor Japan den Sprungsieg.

Deutsche Adler in guter Ausgangslage

Johannes Rydzek (GER) © Sandra Volk

Für ganz vorne reichte es im Springen am heutigen Tag nicht. Eric Frenzel (Oberwiesenthal/ 100 m), Johannes Rydzek (Oberstdorf/ 99,5 m) und Riessle belegten in ihren jeweiligen Startgruppen den vierten Platz. „Insbesondere wenn man den Probedurchgang sieht, war das heute sicher nicht das, was ich kann“, gestand Rydzek leicht zerknirscht. Insgesamt 30,5 Punkte Rückstand bedeuteten dennoch eine gute Ausgangsposition für die anschließende Staffel: 41 Sekunden betrug der Rückstand am Start. Vorne lag Österreich genau eine Sekunde vor Japan, dahinter lauerte Norwegen mit 17 Sekunden Rückstand. Magnus Moan, der seine norwegischen Teamkollegen vor Ort unterstützte, gab die Parole für den Lauf aus: „Nur nach vorne schauen!“

Italiener stark, aber Costa disqualifiziert

Aaron Kostner (ITA) © Sandra Volk

Auf den fünften Rang sprang Frankreich. Die „Bleus“ verloren auf der Schanze allerdings bereits über eine Minute auf die Deutschen und mussten sich damit in erster Linie nach hinten orientieren, wo nur drei Sekunden später Polen startete. Dahinter kamen, zwei Minuten neun hinter den Führenden, durchaus ernstzunehmende Genger in der Loipe. Team Finnland konnte zwar, außer Ilkka Herola (101 Meter) mit ihren Sprungleistungen nicht zufrieden sein, dennoch bestand Aussicht auf eine Positionsverbesserung. Pech hatten dagegen die Italiener: Aaron Kostner hatte tolle 106,5 Meter vorgelegt, auch Raffaele Buzzi (93,5 m) und Alessandro Pittin (96 m) hielten Italien im Spiel. Dann allerdings die schlechte Nachricht: Samuel Costa wurde aufgrund nicht regelgerechter Skilänge disqualifiziert, worduch Italien auf den elften Rang zurückfiel.

Viel Taktik im Rennen

Mario Seidl (AUT) © Modica/NordicFocus

Österreich begann den Lauf mit Bernhard Gruber. Das Signal war klar: Die anderen gar nicht erst nahe herankommen lassen. Gruber legte los wie die Feuerwehr und baute den Vorsprung zunächst auf bis zu 34 Sekunden vor Japan aus. Dann jedoch kam Norwegens Espen Bjoernstad heran, und auch Johannes Rydzek konnte den Rückstand verkürzen. Beim ersten Wechsel übergab Gruber mit 11,5 Sekunden Vorsprung vor Deutschland, Norwegen lag 2,3 Sekunden dahinter. In der zweiten Gruppe zeigte sich ein ähnliches Bild. Nun war es Mario Seidl, der, angefeuert vom Publikum, sehr schnell in seine Runde startete. Bei Kilometer 6,1 lag er eine halbe Minute vor Norwegens Jan Schmid, Deutschlands Eric Frenzel war sogar noch hinter Japan auf Platz vier zurückgefallen.

Frenzel mit „Überrennen“

Eric Frenzel (GER) © Modica/NordicFocus

Das schnelle Anfangstempo von Seidl und Schmid rächte sich. „Ich war so voll Adrenalin, die Zuschauer haben mich so gepusht, aber das Rennen war sehr hart für mich. Ich habe versucht, das Tempo zu halten“, so Seidl anschließend. Auch Schmid spürte bereits den heißen Atem Frenzels hinter sich. „Er kam näher und näher, ich habe dann nur noch versucht, ihn nicht zu weit weglaufen zu lassen.“ Am Ende der zweiten Gruppe waren die Abstände der ersten drei exakt dieselben wie fünf Kilometer zuvor: Frenzel übergab mit 11,5 Sekunden Rückstand an Rießle, dahinter ging Joergen Graabak ins Rennen.

Nichtangriffspakt an der Spitze

Jarl Magnus Riiber (NOR), Lukas Klapfer (AUT), Vinzenz Geiger (GER), (l-r) © Modica/NordicFocus

Was nun folgte, war Taktik pur. Graabak und Rießle schlossen zu Rehrl auf, und fortan lief die Spitze gemeinsam. „Die dritte Runde hat sich angefühlt wie die Schlussrunde. Wir haben uns gegenseitig belauert, keiner wollte so wirklich Führungsarbeit machen, keiner wollte anreißen, keiner wollte dem vierten Läufer Rückstand mitgeben. Es hat sich ein bisschen komisch angefühlt“, fasste Rießle anschließend zusammen. Graabak und Rehrl hatten sogar Zeit, sich gegenseitig abzuklatschen.

Riiber sprintet zu Gold

Vinzenz Geiger (GER), Jarl Magnus Riiber (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Den schwierigsten Job in der letzten Gruppe hatte Österreichs Lukas Klapfer, wusste er doch, dass Riiber und Geiger die stärksten Sprinter im Feld waren. Gleichzeitig wusste er jedoch auch, dass er nicht die ganzen fünf Kilometer alleine an der Spitze laufen konnte, wollte er nicht riskieren, völlig unterzugehen. So taktierte auch die letzte Gruppe, und zwar derart, dass Japans Schlussläufer Akito Watabe, der mit über einer Minute Rückstand gestartet war, wieder auf Sichtweite herankam. Als die Spitzengruppe in die letzte große Abfahrt ging, versuchte Klapfer auszureißen. Im Stadion flog Riiber jedoch wieder an ihm vorbei, und die ersten drei schoben sich erneut zusammen. Am letzten Minianstieg tat Riiber das, worauf alle gewartet hatten: Er griff an. Auch Geiger hatte dies vorausgesehen: „Meine Taktik war, hinter Jarl in die letzte Abfahrt zu gehen und aus dem Windschatten zu kommen. Aber er hat einen taktischen Schritt gemacht und da habe ich ein bisschen geschlafen. Jarl machte zwei bis drei Meter gut. Ich kam nicht in den Windschatten und konnte dann nicht mehr aufholen.“ So siegte schließlich Norwegen mit einer Sekunde vor Deutschland. Österreich sicherte sich die Bronzemedaille und kam fünf Sekunden nach den Siegern ins Ziel. Enttäuscht war im deutschen Lager aber keiner. „Die anderen haben es echt gut gemacht. Deshalb ist es ein Teamwettbewerb. Wenn einer mal nicht den besten Tag hat wie ich heute, können die anderen es immer noch retten. Eric hat ein Überrennen gemacht. Ich bin megahappy und kann es noch gar nicht glauben“, bedankte sich Rydzek bei den Kollegen.

Hirvonen rettet Österreichs Medaille

Eero Hirvonen (FIN) © Sandra Volk

Was viele erst nach dem Wettkampf mitbekamen, war, dass Österreichs Bronzemedaille am seidenen Faden gehangen hatte. Was war passiert? Bernhard Gruber hatte vor dem Sprung eine Lasche an seinem Schuh abgerissen, welcher sich dadurch nicht mehr schließen ließ. Mit offenem Schuh hätte ihm aber die sichere Disqualifikation gedroht. Doch Rettung kam ausgerechnet in Form der Konkurrenz. „Eero Hirvonen ist mein Held heute. Ich habe den Lift verpasst, dadurch geriet ich ziemlich in Stress, weil ich als Erster unseres Teams springen musste, und ich war sehr nervös. Als ich im Lift die Schuhe zumachen wollte, habe ich die Plastiklasche abgerissen. Ich dachte, oh mein Gott, ich hab nix zum reparieren. Eero öffnete ganz cool seinen Schuh, nahm ein Aluminiumteil heraus und gab es mir. So konnte ich meinen Schuh reparieren und einen wirklich guten Sprung machen“, berichtete Gruber über die nervenaufreibenden Minuten.

Positives Fazit der Kombinierer

Espen Bjoernstad (NOR), Jan Schmid (NOR), Joergen Graabak (NOR), Jarl Magnus Riiber (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Hirvonens Fairplay setzte den Schlusspunkt unter bemerkenswerte Weltmeisterschaften der Kombinierer. Nach vier Goldmedaillen der Deutschen in Lahti 2017 hat sich die Weltspitze zusammengeschoben. „Das Wichtigste heute ist, dass wir wieder zurück in der Weltspitze sind. Wir können um die Golddmedaille kämpfen. Heute hat es nicht ganz gereicht, aber wir sind zurück und in der Zukunft können wir wieder mitkämpfen“, zog Rehrl eine positive Bilanz aus Sicht des ÖSV. Und auch Rießle sieht die Entwicklung insgesamt positiv: „Gerade Norwegen und Österreich haben im letzten Jahr deutlich aufgeholt. Viele junge Athleten kommen nach, die in den letzten Jahren noch nicht die Chance bekommen hatten. Es tut der Sportart insgesamt gut, dass das Feld ein bisschen aufgemischt wird, und auch uns zeigt es, dass wir uns auf unseren Lorbeeren nicht ausruhen dürfen.“

Hier findet Ihr das Ergebnis des Teamwettkampfes.

Abschließender Medaillenspiegel der Nordischen Kombination

Bildergalerie