Auf Skirollern durch Europa: Mittel- und Osteuropa Teil 1

Auf Skirollern durch Europa - Osteuropa © Stefan Prinz

Fahrten mit Begleitung reduzieren die Belastung erheblich

Ich mache gerade Pause in einem kleinen Dorf und bekomme von einem Einheimischen mal wieder leckeres Obst aus dem Garten. Da treffe ich in diesem Moment die wohl einzigen hier tourenden Radler. Drei junge deutsche Radfahrer wollen der Donau ans Schwarze Meer folgen: Linus fährt in Badelatschen, Jana singt beim Fahren freudig vor sich hin, und Anke will bis nach Istanbul weiter. Nachdem ich sie zur Pause dazu gewunken habe, beschließen wir, zusammen weiter zu fahren. Es zeigt sich schnell: Wir werden zusammen als Reisegruppe ein paar mehr Kilometer und Tage zurücklegen. Die Gruppe bietet mir den großen Vorteil, dass ich plötzlich viel entspannter und sicherer im dichten Verkehr mithalten kann. Ich muss nun nicht mehr ständig über die Schulter zurück blicken, ob etwa ein Auto angerast kommt und mich womöglich umfährt. Diese reduzierte Belastung ist sofort spürbar, wodurch ich es viel besser laufen lassen kann. Wir zelten zusammen wild, gehen nachts in der Donau baden, singen laut vor uns her und haben eine Menge Spaß. Und ich bin ein guter Friseur, hatte ich das schon erwähnt?

Auswirkungen der Jugoslawienkriege in Kroatien

Bahnhof in Vukovar (Kroatien) © Stefan Prinz

Die restlichen Kilometer Südungarns sind erschwert von Passagen auf langen Sand- und Graswegen. Nicht selten bin ich fast am Verzweifeln. Aber dann existieren auch wieder kontrastreiche, wunderschöne Dammwege mit bestem Asphalt, auf denen ich nach Baja und Mohacs rolle. Anschließend steht schon der nächste Grenzübergang nach Kroatien an. Über wenig befahrene Landstraßen geht es in die kroatische Großstadt Osijek, wo das Verkehrsaufkommen wieder stark zunimmt. Wenn ich mal nach links und rechts schaue, werde ich nun vermehrt mit den Auswirkungen des Balkankrieges konfrontiert – Landminen und bombardierte Gebäude prägen die Landschaft. In der Kriegsstadt Vukovar schließlich stehen überall Gebäuderuinen mit teils gewaltigen Einschusslöchern. Es sind traurige Überbleibsel des brutalen Kroatienkrieges vor 30 Jahren. Ich hatte irgendwie ein anderes Bild vom Urlaubsland Kroatien. Ich frage mich, wieso hier der Wiederaufbau von Häusern und Infrastruktur nicht schneller vorwärts geht. Gehen alle Gelder für den kroatischen Massentourismus am Meer drauf?

Stürze gehören wohl einfach dazu

Kurze Zeit später passiert es. Ich würde es so gerne rückgängig machen. Ich stürze. Komoot ließ mich auf einer Uferpromenade geradeaus fahren, nur kamen da wie aus dem Nichts Treppenstufen, die ich hinuntergesegelt bin. Man kann es sich ja bildlich vorstellen. Mal wieder bin ich im totalen Schockzustand und zittere am ganzen Körper. Aber bis auf kleine Kratzer an Stock, Skiroller und Körper scheint alles einigermaßen gut gegangen zu sein. Dachte ich. Nach zwei weiteren Stunden auf den Skirollern bemerke ich stechende Schmerzen im Fußgelenk. Oh je. Nicht gut. Für heute ist Schluss. An einem kleinen freien grünen Fleck am Donauufer wird der Schlafsack ausgebreitet. Ich hüpfe noch schnell in die Donau, bevor es auch schon Pasta aus dem Kochtopf gibt. Der Sternenhimmel ist klar, ein paar Sternschnuppen sind zu sehen. Soll ich mir was wünschen? Weniger Schmerzen. Na dann, gute Nacht.

Hitzewelle in Serbien

Serbische Wegqualität vom Feinsten © Stefan Prinz

Mit dem Grenzübergang nach Serbien verlasse ich die Europäische Union – aufwendige Einreisekontrolle inclusive. Inzwischen nähern wir uns der 40-Grad-Grenze, und da wirkt eine Wasserdusche aus dem Schlauch eines Baustellen-Tankwagens sehr erfrischend. Am Nachmittag werde ich noch in den Garten einer älteren Dame zum Essen eingeladen, auch die drei Radler stoßen hier etwas später zeitversetzt dazu. Bei ihr gibt es eine ausgiebige Mahlzeit, bevor es gut gestärkt weitergeht nach Novi Sad, in die Kulturhauptstadt Europas 2022. Die Ausfahrt aus der Stadt ist nur auf einer äußerst stark befahrenen zweispurigen Bundesstraße möglich, sodass mir dringlich empfohlen wurde, für wenige Kilometer auf den Zug umzusteigen. Denn auf der Bundesstraße zu rollen, wäre lebensmüde. Nach nur einer Haltestelle steige ich aus dem Zug schon wieder aus – ein bisschen traurig, dass ich die Bahn nehmen musste, aber gleichzeitig froh, dass ich wohlauf bin. Das ist wohl das Wichtigste. Inzwischen hat es 41 Grad, kein Scherz. In der äußerst unangenehmen Mittagshitze erreiche ich die serbische Hauptstadt Belgrad. Nach dem Aufstieg zur Festung von Belgrad lege ich hier zum ersten Mal einen Pausentag ein. Vielleicht geht es dann ja meinem Fuß endlich mal wieder besser. Sternschnuppen sind leider nicht da. Stattdessen ziehen Gewitterwolken auf. Irgendwo da hinten wird gerade die Nacht zum Tag gemacht. Aber ich will einfach nur schlafen. Ich bin völlig erschöpft.

Weiter geht’s hier mit Teil 2! Schafft es Stefan Prinz bis ans Schwarze Meer oder muss er das Projekt kurz vor dem Ziel abbrechen?

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