Hausbesuch bei Salomon in Annecy: Ja wo entwickeln sie denn?

Dekor © Felgenhauer/XC-Ski.de

Journalisten können ja bekanntlich ihren Job nie so ganz hinter sich lassen und so habe ich einen Tag meines Urlaubs in Frankreich dazu genutzt, im Annecy Design Center von Salomon vorbeizuschauen.

Die Einladung von Alexander Haas, Nordic Brand Manager von Salomon, stand schon lange im Raum, Ende Mai fand sich nun endlich eine Gelegenheit, sie wahrzunehmen. Im Rahmen meines Frankreich-Urlaubs durfte ich sonst unzugängliche Bereiche betreten und mich in der Entwicklungsabteilung von Salomon in Annecy umschauen. Einfach zu finden waren das Gelände und die verschiedenen Gebäude darauf nicht. Das Navi hatte die Straße nicht in seiner Datenbank. Mit kleineren Orientierungshilfen fand ich jedoch schließlich doch noch bis zur Pforte, wo ich zunächst nur auf Französisch angesprochen wurde. Fünf Minuten und ein paar Brocken Englisch später durfte ich dann doch passieren und stand wenig später in der Empfangshalle. Von hier ging es nur noch mit Akkreditierung und einem Salomon-Mitarbeiter weiter. In meinem Fall übernahmen Alexander Haas und Anne Besson vom Marketing meine Betreuung und zeigten mir zunächst zur Einführung das neue Image-Video von Salomon. Nun sind solche Werbevideos eigentlich immer hochgradig emotional und im Fall von Salomon zeigt es die Verbundenheit des Unternehmens mit den Bergen. Wie mir Alexander später im Gespräch bestätigt, ist es aber tatsächlich so, dass ein Großteil der Beschäftigten selbst sportlich aktiv in den Bergen rund um Annecy unterwegs ist und auch schon mal die Mittagspause zu einer Laufeinheit nutzt.

Dann geht es endlich los in die heiligen Hallen. Nur mit einer Chipkarte lässt sich der Eingang öffnen. Um den Treppenaufgang in den ersten Stock, wo die Designer sitzen, machen wir einen großen Bogen. Dort befindet sich momentan die Kollektion für 2013/2014 in Vorbereitung und dabei sind Journalisten mit Fotokameras mehr als nur ungern gesehen. Durch eine Tür geht es zusammen mit Skientwickler Thomas Saillet, der inzwischen zu uns gestoßen ist, zunächst in die Näherei. Hier werden an 30 Arbeitsplätzen unterschiedlichste Protoypen gefertigt. Die Produktpalette reicht vom Oberteil eines Mavic Radschuhs bis zur Salomon Langlaufmütze. Denn hier in Annecy werden alle neuen Produkte von Salomon entwickelt, inklusive Laufrädern, Bekleidung und Schuhen von Mavic. So entsteht Wissenstransfer zwischen den einzelnen Abteilungen und es entstehen Innovationen, die in andere Produktgruppen transferiert werden können. Gerade wird eine neue Salomon Windjacke anprobiert und am Rücken eine kleine Änderung vorgenommen. In einem Nebenraum befindet sich der Zuschneideplatz. Hier stehen diverse Maschinen, unter anderem ein Wasserschneider, mit dem sogar Carbon präzise geschnitten werden kann. Das Schnittmuster wird zunächst per Beamer auf das Stoffteil projiziert und kann manuell ausgerichtet werden. Dann erledigt das Schneidegerät den Rest. An der Wand lagern unterschiedliche Stoffe unter denen ich auch die Außenhaut eines Langlaufschuhs erkenne.


Einen Raum weiter hat der Schuhmacher seine Werkstatt. Gerade wird ein neuer Prototyp-Schuh zusammengebaut. In einem Plastikbehälter befinden sich die Einzelteile, die dann zunächst auf dem Leisten in Form gepresst und an einer anderen Maschine mit der Sohle verklebt werden. Mit dabei steht Produktentwicklerin Anna Reinaudo, die den neuen Schuh sofort begutachtet. Auch Übergrößen und Sonderanfertigungen werden hier produziert, die Hauptproduktion der Schuhe findet allerdings in Osteuropa statt. Beim Weitergehen kommen wir zunächst an einer Regalwand mit unzähligen Leisten vorbei. Sie sorgen als Formgeber für den passenden Sitz der Schuhe. Eine Wand weiter finden sich diverse Plastikteile wie zum Beispiel die Schalen für Skating-Schuhe. Hier wird schließlich alles in jeder Schuhgröße benötigt.

Aber nun führt uns die kleine Besichtigungstour in eine große Produktionshalle. Auch hier sind durch Trennwende einzelne Bereiche abgeteilt. Ich darf zunächst einen Blick in die Testlabors werfen. Dort gibt es unterschiedliche Maschinen, die die Produkte auf Haltbarkeit und Langlebigkeit testen. In der Kältekammer werden gerade bei Minus 20 Grad Salomon Equipe Bindungen in die Mangel genommen. So müssen die Gummiflexoren der Bindungen unzählige Stauchungen aushalten. Eine Station weiter hat eine Testmaschine Snowboardschrott produziert. Die Durchbiegung wurde bis zum Bruch des Boards getestet. Auch Langlaufski landen regelmäßig hier. Auf einer speziellen Messvorrichtung mit unzähligen Sensoren kann die Druckverteilung unter einem Ski genau bestimmt werden. Zusammen mit Praxistests arbeiten die Salomon-Mitarbeiter so an der optimalen Wachsfuge oder dem besten Spannungsverhältnis bei Skating-Ski. Schließlich geht es aber weiter ins Herzstück der Halle, der Skiproduktion. Hier kann man den Produktionszyklus eines Rennskis nachverfolgen. Von der Nomexplatte, die am Ende den Kern des Skis bilden wird, über die Vorstufe mit hölzernen Seitenwangen bis zum „Backautomaten“ vor dem die einzelnen Lagen des Skis aufeinandergelegt und am Ende in einer Form mit 20 bis 110 Kilogramm Druck und einer Temperatur von 130 Grad „verschmolzen“ werden. Welche Spannung der Ski haben wird, bestimmt eine Anordnung von elektronisch gesteuerten Keilen unter der „Backform“. So lassen sich Ski für unterschiedliche Bedingungen und Gewichtsklassen herstellen. Nach dem Abkühlen werden die überstehenden Kanten entfernt und jeder Ski genau vermessen. Die Ergebnisse landen dann mittels eines Aufklebers auf dem Ski und sind für jedermann einzusehen. Damit ist der Ski fertig. Bis ein solcher Prototyp dann reif für die Massenproduktion ist, kann es aber schon mal drei bis vier Jahre dauern. Mindestens in zwei Wintern wird er auf Schnee getestet, bevor jedermann damit in die Loipe gehen kann.

Den Abschluss meiner Besichtigung bildet schließlich noch ein kurzer Besuch beim Rennservice. Dessen nordischer Chef Bertrand Regard hat sein Büro direkt angrenzend an die Skiproduktion in der großen Halle. Noch näher am Ort der Materialentstehung geht nicht. Von hier aus werden die von Salomon unterstützten Athleten betreut und Vertragsverhandlungen geführt. Jetzt im Juni wird Matti Heikinnen, das neue Aushängeschild Salomons im Weltcup, vorbeischauen und zwei Monate in der Gegend von Annecy trainieren. Sicher wird er dabei auch mit den Entwicklern im ADC sprechen. Denn der Kontakt zum Athleten wird hier groß geschrieben.

Für mich geht ein interessanter Tag in Annecy zu Ende und ich werde künftig Langlaufausrüstung mit anderen Augen und dem Wissen was drinsteckt ansehen. Ihr sicherlich auch, oder?