Mit Crossrollern vom Bodensee ans Nordkap: Eine Vision wurde Wirklichkeit

Vom Bodensee zum Nordkap © Reto April

Ein Reise- und Erlebnisbericht von Reto April
Gesamtdistanz: 4.271,6 km | 273:26 h | in 60 Etappen während 64 Tagen

Es begann mit einer Idee. Oder eher mit einer Vision.

Mit Rollski vom Bodensee ans Nordkap – das klingt für viele auf den ersten Blick nach Spinnerei. Für mich war es ein lang gehegter Traum. Inspiriert vom Wintersport, der Liebe zur Bewegung und der Neugier auf den Norden wurde aus der Idee ein Plan, aus dem Plan eine Route – und aus der Route eine Reise, die ich so schnell nicht vergessen werde. Nach meinem Vorbericht auf xc-ski.de über die Planung der Tour war klar: Ich wollte es wirklich durchziehen. Am 10. Mai 2025 startete ich meine erste Etappe in Ermatingen (CH) am Bodensee. Am 12. Juli – fast genau zwei Monate später – stand ich am Nordkap, am berühmten Globus, mit einer Flagge in der Hand, einer Träne im Auge und einem riesigen Lächeln im Gesicht.

60 Etappen, sieben Länder, unzählige Eindrücke

Vom Bodensee zum Nordkap © Reto April

Die Tour führte mich durch sieben Länder: Schweiz, Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen. Der Weg war lang – aber nie langweilig. In Süddeutschland wechselten sich breite Radwege mit engen Dorfstraßen ab. In Frankreich war ich plötzlich allein auf kilometerlangen Wirtschaftswegen zwischen Weizenfeldern unterwegs. In Dänemark rollte ich über top ausgeschilderte Routen, begleitet von vielen Kartoffelfeldern. Skandinavien war dann eine Klasse für sich: endlose Wälder, einsame Seen, Rentierherden – und ein Himmel, der nachts einfach nicht mehr dunkel wurde. Ich fuhr durch Industriegebiete und Nationalparks, Großstädte und Dörfer, bei warmem, aber auch kühlem Wetter, bei Regen, Windstille, Rücken- und Gegenwind. Es ging aufwärts (gefühlt vor allem in Norwegen), abwärts (z. B. 212 m unter dem Meeresspiegel im Nordkaptunnel), lange Strecken geradeaus (vor allem in Schweden) – und manchmal auch kurz rückwärts, wenn der Weg endete, bevor er begann. Täglich legte ich zwischen 50 und 100 Kilometer zurück. Ich plante grob voraus, passte aber jeweils vor jeder Etappe je nach Wetter, Straßenbelag und Übernachtungsmöglichkeit flexibel an. Manchmal lief es wie geschmiert, manchmal war der Wind brutal – besonders in Mittelschweden, wo mich manchmal starker Gegenwind regelrecht festnagelte. An anderen Tagen war es der Regen, der die Moral etwas drückte – oder die Mücken, die uns in Nordfinnland plagten. Doch es gab auch viele andere Tage. Die, an denen alles passte: Rückenwind, Sonne, glatter Asphalt, eine tolle Strecke entlang eines Sees oder durch ein Tal – und am Ende ein kühles Cola und meine Familie mit warmem Essen im Etappenziel.

Der Weg ins Ziel

Vom Bodensee zum Nordkap © Reto April

Nordnorwegen war rau, aber atemberaubend: karge Hochebenen, schroffe Küsten, Fjorde. Und dann: der Nordkaptunnel – fast sieben Kilometer lang, 212 Meter unter dem Meeresspiegel. Ein Moment, den ich nie vergessen werde. Es war laut, kalt und leicht beängstigend – aber als ich am anderen Ende wieder ans Tageslicht kam, wusste ich: Jetzt ist es nicht mehr weit. Die letzten 30 Kilometer hatten es nochmals in sich. Zwei Pässe galt es noch zu überwinden. Die Straße windete sich hoch über dem Meer, das sich an diesem Tag in Nebel und Wolken hüllte. Der Wind blies kräftig – und dann, ganz plötzlich, war er da: der Globus am Nordkap. Und davor meine Familie – mit einer großen Schweizerfahne in der Hand. Ein Moment, der sich kaum in Worte fassen lässt. Es war geschafft. Ich war angekommen.

Unterwegs mit FLOIG – Technik

Vom Bodensee zum Nordkap © Reto April

Die FLOIG-Rollski von Otto Eder haben mich die gesamte Tour über begleitet – zuverlässig, robust und mit einem Fahrverhalten, das selbst nach mehreren Tausend Kilometern noch begeistert. Bereits im Vorfeld habe ich mir genau überlegt, welcher Rollski für ein Abenteuer dieser Größenordnung der richtige ist. Die Wahl fiel bewusst auf FLOIG – dank ihres ausgewogenen Verhältnisses von Stabilität, Gewicht, Sicherheit und Komfort – und das auf nahezu jedem Untergrund. Eine Entscheidung, die sich während der gesamten Tour in jeder Hinsicht bewährt hat. Natürlich blieb es auf über 4.000 Kilometern nicht ganz ohne Zwischenfälle: Einmal brach mir ein Stock, als mich eine Windböe aus dem Gleichgewicht brachte – die Stöcke und Schlaufen stammten allerdings von einem anderen Hersteller. Erstaunlich: Kein einziges Mal musste ich eine Stockspitze ersetzen – auch das hat mich überrascht. Ein Reifenwechsel wurde im Laufe der Zeit erforderlich, weil sich die Reifen durch den Abrieb allmählich abnutzten. Aber: Das Material hat standgehalten – keine Lagerprobleme, keine Achsbrüche, kein Totalausfall. Und selbst optisch machten die FLOIGs am Ende noch eine richtig gute Figur. Nicht nur das Produkt, auch der Service war durchweg überzeugend – schnell, hilfsbereit und unkompliziert. Genau das, was man sich als Sportler unterwegs wünscht.

Familie auf vier Rädern

Vom Bodensee zum Nordkap © Reto April

Was diese Tour für mich besonders gemacht hat, war die Begleitung durch meine Familie. Im Wohnmobil fuhren sie meine Route mit – als mobiles Basislager, Unterstützungsteam, Versorgungsfahrzeug, Reparaturhelfer, Mutmacher und manchmal auch als Mitfahrer. Denn meine Kinder begleiteten mich streckenweise auf dem Fahrrad. Meistens stand ich früh auf und begab mich auf meine Tagesetappe, während meine Familie noch weiterschlief. Sie frühstückten gemeinsam und erledigten oft schon eine erste Schuleinheit. Danach kümmerten sie sich um die Ver- und Entsorgung von Frisch- und Abwasser im Mietcamper, machten Einkäufe und fuhren zum vereinbarten Stell- oder Campingplatz, um dort alles einzurichten. Mittags gab es oft Nudeln aus dem Wohnmobil. Am Nachmittag erkundeten wir die Umgebung – und mein Sohn fischte uns gelegentlich eine feine Vorspeise fürs Abendessen. Abends fielen wir müde, aber zufrieden ins Bett – oder standen noch ein wenig draußen im Licht der Mitternachtssonne. Es war nicht immer einfach – aber intensiv, schön und für uns alle eine besondere Zeit. Eine Mischung aus Abenteuer, Alltag und Familienleben auf Achse.

Gedanken an die Zukunft

Vom Bodensee zum Nordkap © Reto April

Während ich jeden Tag meine Kilometer auf den Rollski machte, war in meinem Hinterkopf auch immer wieder meine berufliche Zukunft präsent. Nach den Sommerferien trete ich meine veränderte Stelle als Schulleiter an – ein Schritt, auf den ich mich sehr freue, der aber auch Verantwortung und neue Herausforderungen mit sich bringt. Und tatsächlich habe ich auf der Tour viele Parallelen gespürt: Ohne Planung geht es nicht – aber genauso wichtig ist es, flexibel zu bleiben. Es braucht klare Ziele, aber auch realistische Etappen. Und vor allem: Es geht nie allein. Ob in der Schule oder auf einer 4.000-Kilometer-Tour – das Miteinander entscheidet, ob es gelingt. Diese Erkenntnisse nehme ich mit. Nicht nur als Sportler, sondern auch als Schulleiter. Und: Allein ist man vielleicht schneller, aber nur gemeinsam kommt man wirklich weit.

Der Dank am Ziel

An dieser Stelle möchte ich vor allem meiner Familie danken – für die große Unterstützung und Begleitung meines Projekts. Sie haben mich von Anfang an in meinem Traum bestärkt und mitgetragen. Natürlich gab es auch bei uns einige Hürden. Als Lehrer hatte ich die Möglichkeit, unsere Kinder aus dem Unterricht zu nehmen, und wir haben sie unterwegs während der sechs verpassten Schulwochen selbst unterrichtet. Besonders dankbar bin ich auch Otto Eder, dem Entwickler und Hersteller der FLOIG-Rollski, mit denen ich die gesamte Strecke zurückgelegt habe. Er stand mir bereits in der Vorbereitungszeit sowie auch unterwegs stets mit Rat und Tat zur Seite – sei es bei Materialfragen oder einfach als motivierende Stimme. Ein weiterer grosser Dank geht an das Ausdauernetzwerk – und ganz speziell an Thomas Freimuth, der mich in den letzten Jahren mit seinen Trainingsplänen Schritt für Schritt an immer größere Herausforderungen herangeführt hat. Vom Engadiner über den Vasalauf bis hin zum Wasa-Double (Nachtvasa und Vasalauf direkt nacheinander) – und schließlich zu dieser wohl einmaligen Reise.

Fazit

Diese Reise war kein Rennen. Kein Projekt zur Selbstoptimierung. Kein Leistungsnachweis. Sie war ein lang gehegter Traum, den ich mir erfüllt habe. Ich habe Europa auf Rollski durchquert, habe Städte und Wälder, Wind und Wetter, Schweiß und Stille erlebt. Ich fuhr 4.271,6 Kilometer auf Rollski. Habe dabei über 273 Stunden trainiert, manchmal geflucht, gestaunt, gelacht, geschwitzt, gefroren – und unzählige Male gedacht: „Was für ein Glück, das erleben zu dürfen.“ Ich wusste vor der Reise nicht, wie mein Körper auf die langen Tagesetappen reagieren würde – und wie schnell ich mich jeweils wieder davon erholen könnte. Umso positiver war ich überrascht, dass ich während der ganzen Tour nur sehr wenige körperliche Beschwerden hatte. Ein kleiner Sturz, den ich gut wegstecken konnte, zwei Blasen an den Händen – die kamen, als ich nach gut der Hälfte der Strecke das Stockschlaufenmodell wechselte, weil sich am rechten Daumen eine beginnende Sehnenscheidenentzündung bemerkbar machte. Insgesamt fühlte ich mich immer erstaunlich gut – so gut, dass ich die ursprünglich eingeplanten Ruhetage gar nicht nutzte. Sie hätten mir keinen wirklichen Mehrwert gebracht, und ich merkte schnell: Im Rhythmus bleiben, das tat mir besser.

Das Nordkap war mein Ziel. Aber die Reise war mein Gewinn.

Das komplette Reisetagebuch findet ihr hier: www.polarsteps.com

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