Schwedische Biathleten haben wieder einen deutschen Chef-Trainer: Johannes Lukas übernimmt

Johannes Lukas - SWE © Håkan Blidberg - skidskytte.se

Der Münchener Johannes Lukas ist neuer Cheftrainer der schwedischen Biathleten. Vier Jahre war der studierte Sportwissenschaftler Assistent des Erfolgstrainers Wolfgang Pichler. Nach dessen Rückzug übernimmt der 25jährige die Verantwortung für die schwedische Biathlon-Nationalmannschaft. Wir haben bei ihm nachgefragt und er hat uns einen interessanten Einblick zu seinem Werdegang und seinen Ziele geboten.

Vom Praktikanten zum Cheftrainer

Johannes Lukas war selbst Biathlet, war im Skizug der Bundeswehr und hat in Mittenwald zwei Jahre profimäßig trainiert. Nach einer Knieverletzung und zwei darauffolgenden Operationen hat er dem aktiven Leistungssport adieu gesagt und an der TU München Sportwissenschaften studiert. Dass er das erforderliche Praktikum im Biathlon-Bereich ableisten möchte war für ihn klar. Aber wo? Das deutsche System hatte er als Athlet schon kennengelernt. Seine Wahl fiel auf das schwedische Team. Der Vater von Johannes Lukas kannte Wolfgang Pichler aus der Jugendzeit und so war schnell ein Kontakt hergestellt. Die Hospitation begann bei einem Trainingslager in Ruhpolding. Aus einem Trainingslager wurde noch eins, dann folgte ein Weltcup, aus dem einen Weltcup wurden alle Weltcups und dann kam die Weltmeisterschaft in Oslo und am Ende der Saison das Angebot als Assistenztrainer in Schweden zu bleiben. „Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe gute Arbeit dort geleistet“, so Johannes Lukas, zu seinem Werdegang als Assistenztrainer bei einem der besten und erfolgreichsten Biathlontrainer der Welt. Vor seiner Hospitation war er nie in Schweden, jetzt gibt er seine Interviews bereits in fließendem Schwedisch. „Es ist mir wichtig, dass ich mich mit dem Land identifiziere“.

Umstellung der Organisation

Nach dem Rückzug von Wolfgang Pichler musste Johannes Lukas nicht lange überlegen, ob er das Cheftrainerangebot annimmt. „Für mich war klar, dass ich in Schweden bleiben möchte. Ich fühle mich da sehr wohl, hatte super vier Jahre und mit Johan Hagström und Mattias Nilsson ein super Trainerteam.“ Es gab allerdings auch zwei Angebote von anderen Nationen, aber er wollte die Athleten nicht im Stich lassen. Es gab Überlegungen die Organisation umzustellen und Anders Byström wurde als Sportchef geholt. „Die Idee dahinter war, dass er viel von den Verwaltungssachen übernimmt und wir Trainer wirklich Zeit haben um uns auf den Sport zu konzentrieren. Ich glaube die Lösung ist sehr gut und ich denke wir werden es sehr gut meistern“. Byström ist Schwede, hat zuletzt in Norwegen gearbeitet und ist künftig verantwortlich dafür, dass die Koordination zwischen den Teams besser funktioniert um langfristig gesehen den Biathlonsport in Schweden weiterzuentwickeln.

Ausgangspunkt München

Der lizenzierte Biathlontrainer stammt aus München und wohnt mit seiner Freundin dort. Die vielen Reisetage machen ihm nichts aus und München ist für die Weltcups und auch die Trainingslager immer ein zentraler Ausgangspunkt. „Das funktioniert sehr gut“, erklärt er uns. In München hat er auch seine eigene Firma, das Johannes Lukas Trainingssystem. „Mein Gedanke war, dass ich den Leistungssport und den ambitionierten Breitensport sowie die Amateurathleten ein bisschen näher zusammen bekommen kann. Ich habe sehr viele Kunden, die auch neben ihrer Arbeit sehr professionell trainieren, sich z. B. auf Marathons vorbereiten.“ Wie das in Zukunft mit seiner Firma geht, will Johannes Lukas auf sich zukommen lassen, er macht sich diesbezüglich keine großen Gedanken. Seiner Meinung sind Organisation und Zeitmanagement gefragt und da ist er sehr zuversichtlich.

Zentraler Stützpunkt in Östersund

Johannes Lukas - SWE © Håkan Blidberg - skidskytte.se

Wenn er sich mit seiner Mannschaft nicht gerade im Trainingslager befindet, ist er ein- bis zweimal im Monat in Schweden am zentralen Stützpunkt in Östersund. Alle Athleten aus dem A-Team, die meisten aus dem B-Team, die Athleten aus der Universitätsmannschaft und das Juniorenteam trainieren dort. Eine ziemlich große Gruppe, die in Östersund einen hervorragenden Service vorfindet. Mattias Nilsson und Johan Hagström bleiben dem Verband als Trainer erhalten. Nilsson ist sein Ansprechpartner für die Trainingsplanung und Hagström ist Schießtrainer. „Wir haben die letzten vier Jahre sehr gut zusammengearbeitet und ich bin froh, dass beide mit mir an Bord sind“.

Erfahrung gesammelt als Pichler´s rechte Hand

Mona Brorsson (SWE), Anna Magnusson (SWE), Linn Persson (SWE) und Hanna Oeberg (SWE) gewinnen Silber mit der Staffel © Manzoni/NordicFocus

Als Assistenztrainer war Johannes Lukas mit dem schwedischen Nationalteam bei der WM 2016 in Oslo, bei der WM 2017 in Hochfilzen und zuletzt bei der Heim-WM 2019 in Östersund (1 x Gold, 1 x Silber, 1 x Bronze) sowie bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang, wo sein Team zwei Mal Gold und zwei Mal Silber holte. Er hat eng mit Pichler zusammengearbeitet und war dabei in erster Linie für das Laufen zuständig aber auch für das Kraft- oder Techniktraining. „Ich habe zugehört was er haben wollte und konnte auch meine eigenen Ideen miteinbringen, wir haben zusammen sehr gut geplant und ich konnte die letzten Jahre sehr viel von ihm lernen, er hat oft gesagt, ich bin seine rechte Hand“, so der neue Cheftrainer. Sechs Damen (Anna Magnusson, Hanna Öberg, Mona Brorsson, Elvira Öberg, Emma Nilsson, Linn Persson) und fünf Herren (Pepe Femling, Sebastian Samuelsson, Martin Ponsiluoma, Torstein Senersen, Jesper Nellin) bilden das schwedische Nationalteam. Johannes Lukas setzt auf ein kleineres A-Team und ein starkes B-Team, „wir wollten den Weg weitergehen, das Team immer wieder zu verjüngen und neue Reize einbringen, da sind wir auf einem guten Weg und bei einem kleineren Team, kann man einen speziellen Fokus setzen“. Dass Damen und Herren zusammen trainieren sieht er als großen Vorteil. „Wir sind ein sehr starkes Team, jeder kann von jedem profitieren, im Training und auch nach dem Training. Ich bin froh, dass wir so gut miteinander auskommen“. Die Saisonplanung steht und neben den Trainingslagern auf Kreta, in Italien, voraussichtlich in Frankreich und anderen Orten in Schweden ist auch eine Teilnahme an den Blink-Festivalen vorgesehen.

Saisoneröffnung daheim in Östersund

Die Biathlon-Saison startet in diesem Jahr wieder in Östersund, praktisch zu Hause, und das schwedische Team wird die letzte Vorbereitung in Östersund oder in der Nähe absolvieren. „Der Biathlonzirkus kann froh sein, dass man sich Ende November keine großen Gedanken über die Schneebedingungen machen muss und es in Östersund Schneesicherheit gibt“, so Johannes Lukas, der sich auf den Saisonauftakt freut und daheim gute Ergebnisse erzielen möchte. „Man wird mich an der Strecke finden, da war ich die letzten vier Jahre und das werde ich auch weiterhin so machen. Ich habe immer viel in Sachen Taktik und Renntechnik an den Wettkampftagen gearbeitet, das will ich beibehalten. Johan Hagström steht als Schießtrainer selbstverständlich am Glas und wenn er nicht dabei ist, kann Mattias Nilsson übernehmen. Das hat bisher sehr gut funktioniert und das will ich auf jeden Fall so beibehalten. Ich bin froh, dass sich das sehr gut organisieren lässt um am Ende an der Strecke vielleicht den entscheidenden Taktik-Tipp in der Hinterhand zu haben.“

Ziele

Johannes Lukas - SWE © Håkan Blidberg - skidskytte.se

Zu seinen Zielen befragt, ist für Johannes Lukas als schwedischem Cheftrainer am Wichtigsten die Qualität im Training beizubehalten und durch kleine Veränderungen noch einmal kleine Schritte nach vorne zu machen, die letzten Prozent herauszuholen. „Wir sind auf einem sehr hohen Level angekommen, das heißt jetzt werden die Schritte schwieriger, die nächsten Entwicklungen kommen definitiv nicht mehr so schnell und nicht mehr so leicht. Man muss Feinheiten verändern um die letzten Prozente rauszukriegen. Das ist definitiv unser Ansatz. Das große Ganze, was wir uns die letzten Jahre zusammen mit Wolfgang erarbeitet haben, das wollen wir beibehalten. Wir haben ein sehr gutes Trainingssystem, das funktioniert und wir wissen wie die Athleten darauf reagieren. Ich bin froh, dass ich ein starkes Trainerteam habe, mit dem ich schon lange zusammengearbeitet habe und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir auch die nächsten guten Ergebnisse in kurzfristiger Sicht und auch langfristig im Hinblick auf Peking 2022 erreichen können.“