Sorge um die Nordische Kombination – bald nicht mehr olympisch?

Am 24. Juni entscheidet das IOC über die Aufnahme der Nordischen Kombiniererinnen ins Olympia-Programm.
Am 24. Juni entscheidet das IOC über die Aufnahme der Nordischen Kombiniererinnen ins Olympia-Programm. © Thibaut/NordicFocus

Ende Juni trifft das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Entscheidung über das Programm der Olympischen Spiele 2026 in Mailand und Cortina d‘Ampezzo (Italien). Für die Nordische Kombination könnte dieser Tag gleich in doppelter Hinsicht zum Schicksalstag werden. Denn einerseits geht es um die erstmalige Aufnahme der Kombinierinnen zu den Spielen. Doch inzwischen verbreitet sich die Sorge vor einem ganz anderen Szenario: Möglicherweise könnten stattdessen die Männer ihren Platz verlieren und die Nordische Kombination überhaupt nicht mehr olympisch sein.

FIS kämpft um Teilnahme der Frauen

Der Internationale Skiverband (FIS) kämpft seit Jahren um die Aufnahme der Frauen bei Olympia. Der Antrag auf eine Teilnahme in Peking 2022 wurde noch abgelehnt, doch bis vor Kurzem sah es so aus, als sei die Aufnahme für 2026 eine Formsache. Schließlich schreibt sich das IOC auf die Fahnen, Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen herstellen zu wollen. Und die Nordische Kombination ist aktuell der einzige Sport, der nur mit den Männern bei Olympia vertreten ist. Die Ablehnung für Peking 2022 war unter anderem damit begründet worden, dass die Leistungen der Kombiniererinnen sowie die Breite des Teilnehmerfeldes noch nicht ausreichend für eine Aufnahme ins Programm gewesen seien.

Roadmap voll erfüllt

Das IOC gab der FIS eine Roadmap mit auf den Weg, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um eine Aufnahme zu ermöglichen. Dazu gehörten unter anderem die Durchführung eines Weltcups sowie die Teilnahme an Junioren-Weltmeisterschaften und Olympischen Jugendspielen. Bereits in der Saison 2020-21 hatte ein erster Weltcup in Ramsau am Dachstein stattgefunden. In der vergangenen Saison konnten insgesamt neun Weltcups der Damen erfolgreich durchgeführt werden, mit der Norwegerin Gyda Westvold Hansen als überragender Siegerin. Auch  bei Junioren-Weltmeisterschaften sind die Kombiniererinnen seit 2019 fest vertreten. Und schließlich feierte die Österreicherin Lisa Hirner bei der Premiere der Frauen bei Olympischen Jugendspielen in Lausanne 2020 einen historischen Sieg. Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, lässt sich ein klar positiver Trend erkennen. Die Zahl der aktiven Athletinnen steigt jährlich. Auch die Anzahl der internationalen Wettkämpfe wird sich weiter erhöhen. So stehen für die kommende Wintersaison 12 Weltcups für die Damen auf dem Plan; außerdem werden die Damen an der Nordischen Ski-WM in Planica teilnehmen. Die Breite und Leistungsstärke der Athletinnen wird sich also voraussichtlich bis 2026 gegenüber heute noch beträchtlich steigern.

Nordische Kombination insgesamt vor dem olympischen Aus?

Obwohl also bis vor wenigen Wochen alles nach Plan zu laufen schien, mehrten sich in den letzten Tagen die Anzeichen, dass die Aufnahme der Frauen keinesfalls gesichert scheint. Als möglicher Grund ist zu hören, dass das IOC im Sinne der Abkehr von einem Gigantismus, wie in Peking gesehen, die Anzahl der Teilnehmenden nicht erhöhen wolle.  Auch aus wirtschaftlichen Gründen sei die Nordische Kombination der Damen nicht attraktiv genug. Eine fortgesetzte Nicht-Teilnahme der Frauen würde allerdings dem Gleichberechtigungsgrundsatz des IOC zuwider laufen. Als Konsequenz könnte dies dem Vernehmen nach allerdings auch dadurch gelöst werden, dass man die Männer ebenfalls aus dem Olympischen Programm streichen würde. Damit wäre eine der traditionellsten olympischen Wintersportarten überhaupt nicht mehr vertreten, ist die Nordische Kombination doch eine der ganz wenigen Sportarten, die seit Beginn der Olympischen Spiele der Neuzeit 1924 im Wettbewerb zu finden sind.

Aktionen in den Sozialen Medien und Unterschriftensammlung

Am 24. Juni wird das IOC seine Entscheidung bezüglich der Nordischen Kombination fällen. Derweil versuchen Aktive wie Verbände alles, um das IOC zu einer Entscheidung zugunsten der Kombination zu bewegen. Seit Tagen gibt es Kampagnen in den Sozialen Medien, auch eine Unterschriftenaktion wurde gestartet, die von zahlreichen Athleten – Frauen wie Männern – sowie Verbänden geteilt wurde.

Entscheidungen des FIS Frühjahrsmeetings: Kalender, Messmethoden und Skifliegen

Während die Entscheidung des IOC mit Spannung erwartet wird, hat die FIS ihrerseits beim kürzlich abgehaltenen Frühjahrsmeeting einige Entscheidung bezüglich der Zukunft der Nordischen Kombination getroffen. So wurden zunächst die Kalender für die kommende Sommer- wie Wintersaison bestätigt. Der Sommer Grand Prix sieht für Frauen und Männer dieselbe Anzahl an Wettkämpfen vor, mit einem Mixed Team-Wettkampf in Oberwiesenthal. Des Weiteren wurde die Qualifikation innerhalb des provisorischen Wettkampfdurchganges (PCR) abgeschafft, was bedeutet, dass alle anwesenden Athleten am Wettkampf teilnehmen dürfen. Änderungen wird es auch bei den Messmethoden bezüglich der Sprunganzüge geben. Nachdem insbesondere im Mixed Team-Bewerb der Spezialskispringer in Peking große Probleme und zahlreiche Disqualifikationen aufgetreten waren, sollen die Athleten nun per Lasertechnik im Sitzen oder Liegen vermessen werden, um die korrekten Maße für die Anzüge zu ermitteln. Und schließlich könnte den männlichen Kombinierern noch eine ganz besondere Änfderung ins Haus stehen: Eine endgültige Entscheidung dazu wird erst im Herbst fallen, aber möglicherweise dürfen die Kombinierer beim Weltcup in Oberstdorf im kommenden Frühjahr erstmals von der Skiflugschanze an den Start gehen. 

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