Langlauf Peking 2022: Johaug holt zweites Gold im Klassikrennen, Hennig Fünfte

Therese Johaug (NOR) © Modica/NordicFocus

Beim erneuten Sieg von Therese Johaug bei den Olympischen Spielen in Peking belegte Katharina Hennig einen starken fünften Platz, Katherine Sauerbrey wurde Elfte. Im Kampf um die Medaillen ging es um Hundertstelsekunden.

Johaug hauchdünn vor Niskanen

Kerttu Niskanen (FIN), Therese Johaug (NOR), Krista Parmakoski (FIN), (l-r) © Modica/NordicFocus

Fünf Grad unter Null zeigte heute zum Start das Thermometer an, der Wind wehte etwas stärker als in den letzten Tagen, was die gefühlte Temperatur wieder etwas kälter machte. Ab morgen und vor allem nächste Woche sind aber noch ganz andere Windgeschwindigkeiten angekündigt, mit denen Sportler aller Sportarten sich dann arrangieren müssen. Therese Johaug ging als erste der absoluten Gold-Favoritinnen ins Rennen, so dass sich die internationale Konkurrenz an ihren Zeiten orientieren konnte. Anders als sonst ging die Norwegerin sehr viel kontrollierter an, so dass auf den ersten zwei Kilometern Nepryaeva, Niskanen, Pärmäkoski und Sorina schneller waren und sie bei den ersten beiden Zwischenzeiten zwölf und neun Sekunden langsamer war als die Russin. Nach der ersten Runde führte die 33-Jährige ganz knapp vor Kerttu Niskanen das Klassement an, die sich nach ihrem Sieg bei der Tour de Ski-Etappe als härteste Konkurrentin entpuppte. Im langen Anstieg der zweiten Runde nahm die Finnin der Norwegerin sogar zehn Sekunden ab, womit sich klar zeigte, dass Johaug den schweren Anstieg in beiden Runden nicht mit voller Kraft lief. Taktisch erwies sich das als die beste Lösung, denn Niskanen büßte ihren Vorsprung auf dem welligen Terrain Richtung Stadion wieder fast komplett ein und lag vor Abfahrt und letztem Anstieg vor dem Stadion nur noch 1,3 Sekunden vorne. Im Ziel fehlten Niskanen dann 0,4 Sekunden zum Titelgewinn, was zu lautem Jubel bei Johaug führte, obwohl das Rennen noch nicht beendet war. „Es war sehr hart. Ich glaube, das waren die schwersten Minuten meiner Karriere, als ich die zwei Minuten im Ziel warten musste. Mir wurde gesagt, dass uns nur eine Sekunde trennte bei der letzten Zwischenzeit. Es war ein tolles Gefühl, als mein Name dann ganz oben stehen blieb“, sagte Johaug im NRK. Kerttu Niskanen war überglücklich, am Ende ihrer olympischen Karriere noch eine Medaille geholt zu haben und brach im Interview im finnischen Fernsehen in Tränen aus: „Es ist ein tolles Gefühl. Ja, dies war die letzte Chance, noch eine olympische Medaille zu holen. Ich bin stolz, dass ich bis zum Schluss um den Sieg kämpfen konnte. Ich bin sehr zufrieden.“ In Sochi 2014 hatte sie Platz vier belegt über 30 Kilometer wie auch am Wochenende im Skiathlon. „Ich hatte immer etwas Pech, oft wurde ich Vierte. Natürlich wurde heute mit 0,4 Sekunden auch wieder Salz in die Wunde gestreut. Aber ich sollte mich jetzt nicht ärgern. Jede Medaille ist eine Medaille. Natürlich hatte ich darauf gehofft, aber die Strecke ist hart und viele Mädels wollten eine Medaille.“

Nepryaeva verpasst Bronze um 0,1 Sekunden

Natalia Nepryaeva (ROC) © Modica/NordicFocus

Die größte Gefahr für die Medaillen stellte noch Natalia Nepryaeva als letzte Läuferin der roten Gruppe dar, die aber schon Ende der ersten Runde Zeit verlor und in der zweiten Runde sichtlich zu kämpfen hatte. Erwartungsgemäß summierte sich ihr Vorsprung auf den letzten Kilometern bis auf etwa 30 Sekunden. Platz vier für die Russin schien bei der letzten Zwischenzeit sicher zu sein mit acht Sekunden Rückstand auf Edelmetall, aber im Ziel musste die Drittplatzierte Krista Pärmakoski doch noch einmal zittern, denn Nepryaeva hatte auf den letzten 1,6 Kilometern überhaupt keine Zeit eingebüßt, so dass beide im Ziel nur 0,1 Sekunden trennten. „Alles lief gut, ich habe mich gut gefühlt und auch der Ski war gut. Mehr kann ich dazu nicht sagen“, so Nepryaeva und ihr Trainer Yuriy Borodavko sagte: „Das ist so enttäuschend! Nur eine Hundertstel! Um eine Nasenlänge hat sie die Medaille verpasst, nun ist es nur Holz.“ Krista Pärmäkoski war bei Yle im Interview überglücklich mit ihrer Medaille: „Das ist jetzt ein tolles Gefühl. Das Rennen war sehr schwer und die Windbedingungen machten es noch schwerer. Ich bin schnell angegangen, aber Kerttu noch schneller. Ich versuchte, etwas kontrollierter zu laufen, aber die zweite Runde war sehr schwer.“

Hennig erstklassige Fünfte

Katharina Hennig (GER) © Modica/NordicFocus

Bei dieser schweren Strecke, der Höhenlage und dem langsamen Schnee kam es ganz besonders auf die Renneinteilung an. Das merkten nicht nur Johaug & Co. Wichtig war, nicht zu schnell anzugehen, um dann nicht blau zu gehen – darauf hatte Teamchef Peter Schlickenrieder vor dem Rennen noch einmal hingewiesen. „Wenn man überzieht, stellt es einen in der zweite Runde richtig auf“, zitierte Marc Rohde vor dem rennen Katharina Hennig bei Eurosport, was die Deutsche im Skiathlon bereits erlebt hatte wie auch die Nordischen Kombinierer gestern. So ging sie wie Johaug sehr vorsichtig in den ersten Anstieg, was sich später auszahlte. Schon nach fünf Kilometern lag die Sächsin knapp hinter Andersson an sechster Stelle und hatte in der kompletten zweiten Runde bei allen Zwischenzeiten Platz fünf inne. Im Ziel trennten sie 43 Sekunden von Johaug und zwölf Sekunden von Bronze. „Ich bin super, super glücklich, dass ich bei einem Großereignis meine Leistung zu 100% abrufen konnte. Ich hatte hier einen Plan für die Strecke, für das Rennen und habe meine Lehren gezogen aus dem Skiathlon und aus dem, was mir da passiert ist und habe deswegen wirklich versucht, hier mit angezogener Handbremse anzulaufen und hab es Gottseidank auch geschafft. Ich habe mich an den Plan gehalten und der ist aufgegangen“, freute sich die 25-Jährige im ZDF-Interview. „Als ich gestern die Startliste gesehen habe, war ich eigentlich ganz froh, weil ich als Erste der roten Gruppe losgelaufen bin. Das hat mir in die Karten gespielt, weil ich so halt nicht die krassen Zwischenzeiten gesagt bekommen habe, das hätte mich dann nur verrückt gemacht und dann hätte ich meinen Plan verlassen und so konnte ich den in Ruhe durchziehen. Das war für mich für das, was ich heute vorhatte, ganz gut so.“ Hinter ihr belegten Ebba Andersson, eine heute stärkere Yulia Stupak und Jessie Diggins die Plätze sechs bis acht gefolgt von Teresa Stadlober und Tatiana Sorina.

Sauerbrey bestätigt starke Form

Katherine Sauerbrey (GER) © Modica/NordicFocus

Dass die 24-jährige Katherine Sauerbrey im Weltcup-Team angekommen ist, lässt sich nach ihrem starken Debüt bei der Tour de Ski und dem nun zweiten Top15-Ergebnis bei den Olympischen Spielen definitiv sagen. Die Thüringerin ging das Rennen genauso konservativ wie die Teamkollegin, büßte im weiteren Verlauf der Runde aber nur noch wenige Sekunden ein. Sie lag quasi das gesamte Rennen um einen sehr guten 15. Platz und verbesserte sich auf dem Weg ins Ziel sogar noch um fünf Positionen, während einigen anderen im letzten Anstieg noch die Luft ausging. So konnte sie sich mit Platz elf wieder über ein herausragendes Ergebnis freuen. In dieser Form ist sie aus der deutschen Staffel nicht wegzudenken, so dass mit Sauerbrey, Hennig und Krehl nun drei Namen für die Staffel gesetzt scheinen. „Wahnsinn, ich kann es selber gar nicht glauben! Ich bin so happy, dass es so gut läuft diese Saison und dass ich hier mit einem elften Platz abschließe, ist supergeil. Ich bin mehr als zufrieden, das ist so cool! Ich genieße das und es könnte nicht schöner sein. Ich habe schon versucht, cool zu bleiben, meinen Schritt zu finden und auf die Atmung zu achten, so dass es sich gut anfühlt und ich denke, das ist mir gut gelungen. Ich habe immer besser in das Rennen reingefunden und habe alles gegeben. Ich wüsste nicht, wo ich was liegen gelassen habe“, freute sich die Newcomerin und sagte weiter: „Es ist eine richtig harte Strecke, aber ich glaube, das liegt mir. Deswegen will ich mich gar nicht weiter drüber aufregen. Ich fands megacool. Erschöpft bin ich schon, ich merke es auch an der Atmung. Ich bin schon noch ganz schön außer Puste, aber man blendet es durch die Emotionen ganz aus.“ Auch Teamchef Peter Schlickenrieder war voll des Lobes: „Kate ist hintenraus die letzten zwei Kilometer in der Geschwindigkeit von Therese Johaug gelaufen und hat sich super reingesteigert. Und Katha mit ihrem fünften Platz und dem Abstand, das ist noch mal deutlich näher dran als bisher. Glückwunsch auch an den Damentrainer und die Heimtrainer, die die Katha und die Kate auf den Punkt fit ins Rennen geschickt haben.“ 

Fräbel zufrieden mit Debüt

Antonia Fraebel (GER) © Modica/NordicFocus

Auch Antonia Fräbel war mit ihrem Olympiadebüt sehr zufrieden, das auf Platz 28 endete. „Ich habe mir fest vorgenommen, es zu genießen und das ist bis zu einem gewissen Punkt auch gelungen. Aber durch die Umstände, durch den Wind und so weiter kam dann irgendwann der Punkt, da war es ein hartes Genießen, aber ich bin trotzdem stolz, dass ich hier heute laufen durfte und habe versucht, das Beste draus zu machen“, so Fräbel im ZDF. „Die Strecken sind ganz speziell. Man nimmt sich vor, gar nicht so schnell anzugehen und ich habe den Plan konsequent so verfolgt. Und an der Stelle, wo ich mir vorgenommen habe, ab hier Gas zu geben, habe ich es gemacht, aber es ging vielleicht 20 Sekunden gut und dann hat man gemerkt, es geht nicht. Das finde ich ganz verrückt und das ist wirklich sehr speziell.“ Laura Gimmler kam bei ihrem ersten Start in Peking als 33. mit drei Minuten Rückstand in die Wertung.

Stadlober zufrieden mit Top10-Platz

Teresa Stadlober (AUT) © Modica/NordicFocus

Nach ihrer überraschenden Bronzemedaille im Skiathlon konnte sich Teresa Stadlober diesmal über einen guten neunten Platz freuen. Dennoch klagte sie nach dem Rennen, dass sie wegen der Kälte nicht ihre beste Technik laufen konnte: „Die erste Runde bin ich vielleicht etwas zu verhalten angegangen und habe mir echt schwergetan. Die zweite Runde war ein bisschen besser, aber bei so kalten Verhältnissen wie heute ist meine Technik nicht die beste. Ich bin aber trotzdem sehr zufrieden, denn ein einstelliges Ergebnis ist sehr gut“, sagte die Salzburgerin in ihrem ÖSV-Statement. Ihre Landsfrau Lisa Unterweger wurde 31. bei ihrem zweiten Start in Peking. Auch für die Schweizer waren mit Nadine Fähndrich, Nadja Kälin und Anja Weber drei Athletinnen unterwegs. Fähndrich kam nach ihrer großen Enttäuschung über Platz fünf im Sprint diesmal als 22. ins Ziel und verlor dabei 2:17 Minuten auf Johaug. Nadja Kälin wurde 43. und Anja Weber 55. 

Neuigkeiten bei Norwegen und Schweden

Simen Hegstad Krueger (NOR) © Modica/NordicFocus

Das norwegische Team ist in Sorge: Die Vorbereitung in der Höhe scheint nicht so angeschlagen zu haben wie gedacht. Ein Rennen nach dem anderen entwickelt sich zum Debakel für den norwegischen Skiverband. So überlegt man sogar, ob es die Möglichkeit gibt, Tiril Eckhoff in die Langlauf-Staffel zu integrieren, was die Biathletin als eine Ehre ansehen würde. Allerdings fehlt es bei den Norwegerinnen eher in der klassischen Technik. Eigentlich waren Heidi Weng und Anne Kjersti Kalvå für das heutige Rennen vorgesehen, die aber wegen ihrer Corona-Infektion von der Seiser Alm fehlen. Inzwischen steht auch fest, dass beide nicht mehr anreisen werden. Dagegen hat das schwedische Team, das im morgigen Rennen auf den nach seiner Corona-Infektion im Skiathlon enttäuschend schwachen Leo Johansson verzichtet, schon heute entschieden, drei Athleten nach Hause zu schicken. Elf Tage vor Ende der Spiele ist klar, dass man Anna Dyvik, Marcus Grate und Anton Persson nicht mehr für die verbleibenden Rennen braucht. Während die Herren tief enttäuscht sind, hat Dyvik sogar um ihre Abreise gebeten: Sie weiß, für den Teamsprit gibt es bessere Alternativen und auch für die Staffel kommt sie nicht in Frage. Den 30er will sie selbst gar nicht laufen. Von Simen Hegstad Krüger gibt es seit seinem ersten Negativtest am Sonntag gute Neuigkeiten. Bisher trainiert er noch auf der Seiser Alm, während er die nötigen Negativtests sammelte. Seine Reise nach Peking ist für den Samstag geplant, eine Woche vor den 50 Kilometern. 

=> Ergebnis 10 Kilometer KT Damen

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