Gliding: Gleiten auf nassem Schnee

Computertomographiebild von Schnee. Deutlich zu erkennen sind die Poren im Schnee, die bei Temperaturen um den Gefrierpunkt mit freiem Wasser gefüllt werden. © Team Snowstorm

Eine Einführung von Matthias Scherge

Nasser, pappiger Schnee und ein wenig Nieselregen. Das waren die Bedingungen, die diesen Winter für viel Kopfzerbrechen sorgten. Es ist bekannt, dass die Wachs- und Schliffauswahl bei diesen Bedingungen eine größere Bedeutung als bei trockenem und kaltem Schnee hat. Wie aber muss die richtige Auswahl aussehen? Wie wasserabstoßend muss der Ski sein, welche Tiefe sollen Schliff oder Handstruktur aufweisen?

Einsatz von Computertomographie

Die wissenschaftliche Antwort auf diese Fragen scheinen drei Forscher vom Schweizer Lawinenforschungsinstitut (SLF) gefunden zu haben. Fabian Wolfsperger, Denes Szabo und Hansueli Rhyner haben dazu in den gekühlten Laboren des SLF Schnee hergestellt und mit einem Computertomographen dreidimensional bezüglich Porigkeit und Wasseraufnahme analysiert. Danach erfolgten Reibungsmessungen auf nassem Schnee im Vergleich zu trockenem. Als Reibpartner dienten Skibelagsmaterial aber auch andere Polymere. Es zeigte sich, dass auf trockenem Schnee nahezu alle Materialien gute Gleiteigenschaften aufweisen, allerdings nicht auf nassem Schnee. Das deckt sich mit den Beobachtungen vieler Fernsehzuschauer, die besonders bei Temperaturen um den Gefrierpunkt spektakuläre Wachsdebakel verschiedener Nationalteams beobachten durften. Wenn die Polymere im Versuch ähnlich dem Skischliff profiliert wurden, änderte das wenig an den Gleiteigenschaften auf trockenem Schnee. Im Gegenteil, die Strukturen vergrößerten die Reibung noch, was mit intensiverer Verhakung mit den Schneekörnern begründet wird. Auch hier fühlt sich der Praktiker wieder bestätigt, der bei „kalt“ einen feinen Schliff wählt.

Analyse des Schnees

Bei nassem Schnee spielt natürlich die Wasserabweisung die entscheidende Rolle. Bei kaltem und trockenem Schnee hingegen, ist diese nicht so wichtig. Die Wasserabstoßung wird sowohl vom Wachs als auch durch die Skistruktur beeinflusst. Eine Gewichtung der beiden Einflussgrößen ist allerdings nur nach der Analyse des Schnees möglich. Diese kann vor Ort erfolgen, wenn man sich für 4,95 € ein Handymikroskop leistet und mit diesem Schneekornform und -größe bestimmt. Wird zum Beispiel der Schliff mit Bezug auf die Korngröße zu grob gewählt, dringen die Schneekörner in die Schleifriefen ein und bremsen. Der Beitrag befindet sich ein wenig auf der Hardcore Seite der GLIDING Artikel, da er viele Zahlen enthält und in englischer Sprache verfasst ist. Wer sich aber tiefer mit der Materie beschäftigen möchte, dem sollte das kein Hinderungsgrund sein. Es warten spannende Details! Den Artikel findet ihr wie immer auf der Snowstorm Webseite: team-snowstorm.de/Gliding22020.pdf 

Und hier habt ihr die Möglichkeit, einen der Autoren, Fabian Wolfsperger, näher kennenzulernen: Snowstorm Podcast mit Fabian Wolfsperger

Matthias Scherge

Matthias Scherge beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit den Grundlagen des Gleitens auf Eis und Schnee. Er leitet das MikroTribologie Centrum, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer Gesellschaft und des Karlsruher Instituts für Technologie, wo er als Professor das Fach Tribologie lehrt. Die Tribologie ist die Wissenschaft von Reibung, Verschleiß und Schmierung und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Gleitverhalten von Kufen und Ski. Seit 2012 berät Scherge das Nordic Paraski Team Deutschland und leitet das Team Snowstorm, ein leistungsfähiges Netzwerk aus Hochschulpartnern und Unternehmen zur Unterstützung von Athleten und ambitionierten Wintersportlern: www.team-snowstorm.de