Gliding: Strukturgeräte, die Geheimwaffe im Wachskoffer?

SRB Strukturgerät © Felgenhauer / xc-ski.de

Eigentlich sollte es heute kalt und sonnig werden. Vorige Woche gab es reichlich Neuschnee und dann wurde es kalt, was den erfahrenen Skilangläufer dazu verführt, eine feine Schliffstruktur auszuwählen. Auf der Loipe angekommen, fängt es plötzlich an zu tropfen und dann zu nieseln und es ist spürbar milder geworden. Nach kurzer Zeit zeigen sich unter den Skiern erste zaghafte Stollen, dann eine kompakte Schneeschicht, die das Laufen zur Hölle macht. Kurz vor dem Aufgeben bietet mir jemand ein Strukturgerät an und rät zu einer Rolle, mit der ich ein geordnetes Rillenmuster auf die Ski zaubern soll. Der Rest des Tages ist schnell erzählt: Von da an war ich der Schnellste.

Das ist natürlich alles nur blanke Theorie, denn nicht jeder besitzt ein Strukturgerät – was bei Anschaffungskosten bis zu mehreren Hundert Euro verständlich ist – und derjenige, der sich einen Kasten zugelegt hat, wird ihn mit großer Sicherheit nicht in der Loipe dabei haben. Was also helfen dann Strukturgeräte?

Dieser Frage sind wir mit einem speziellen Testski und einem Strukturkoffer mit mehreren Rollen nachgegangen. Mein Ko-Autor Christian Winker, Techniker des Nordic Paraski Teams Deutschland und Gewinner des 100 km Rucksacklaufs, hat einen ungeschliffenen Ski mit der Hand strukturiert und danach getestet. Analysen im Labor haben ergeben, dass mit dem Strukturgerät die reibungsentscheidende reale Kontaktfläche zwischen Ski und Schnee verändert wird. Diese Änderungen sind mit dem bloßen Auge allerdings nicht sichtbar und die Auswertung der Topographiemessungen bedarf gewisser Erfahrungen bei Auswahl und Interpretation der Rauheitskennwerte. In unserem Beispiel, bei der herrschenden Schneetemperatur und -feuchte sowie der vorliegenden Schneekorngröße und -form, ist die Kontaktfläche und somit auch die Reibung mit jeder der nacheinander zur Anwendung gekommenen Rollen kleiner geworden. Es wird deutlich, dass die sichere Auswahl einer Strukturrolle nur möglich ist, wenn genug Information über die herrschenden Bedingungen vorliegen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die eingebrachten Strukturen recht dauerhaft in der Laufsohle verbleiben, man also Schritt für Schritt den primär eingebrachten Schliff verändert.

Den kompletten Artikel lest ihr hier: team-snowstorm.de/Gliding12020.pdf

Matthias Scherge

Matthias Scherge beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit den Grundlagen des Gleitens auf Eis und Schnee. Er leitet das MikroTribologie Centrum, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer Gesellschaft und des Karlsruher Instituts für Technologie, wo er als Professor das Fach Tribologie lehrt. Die Tribologie ist die Wissenschaft von Reibung, Verschleiß und Schmierung und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Gleitverhalten von Kufen und Ski. Seit 2012 berät Scherge das Nordic Paraski Team Deutschland und leitet das Team Snowstorm, ein leistungsfähiges Netzwerk aus Hochschulpartnern und Unternehmen zur Unterstützung von Athleten und ambitionierten Wintersportlern: www.team-snowstorm.de

Ein Kommentar

  1. Carsten Unger

    Vielen Dank für den Artikel. Sehr interessant zu lesen.

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