Wissenschaft: Über das komplexe Zusammenspiel von Ganganalyse und Biomechanik beim Langlauf

Thierry Langer bei der Gleitanalyse © Team Snowstorm

Unser Experte für Tribologie (Reibung) Prof. Dr. Matthias Scherge hat bei der virtuell veranstalteten „International Conference on Biotribology“ einen Vortrag zum Thema „Verbindung von Ganganalyse und Biomechanik beim Langlauf“ gehalten. Der biomechanische Zusammenhang zwischen Gehen und Gleiten wurde mit einem Skilangläufer der Eliteklasse untersucht. Als experimentelle Plattform wurde eine hochauflösende Kraftmessplatte (2 m x 0,5 m, 15.000 integrierte Sensoren) verwendet. Zusätzlich dienten Videoanalysen und Stockkraftmessungen dazu, ein ganzheitliches Bild der biomechanischen Vorgänge zu erhalten.

Unterschiede in der Druckverteilung

Der Versuchsablauf wurde durch eine Ganganalyse eingeleitet. Der Athlet, der an einem auffälligen Hallux valgus (linker Fuß) litt, zeigte ein entsprechendes Gangbild, das durch signifikante Unterschiede in der Druckverteilung zwischen linkem und rechtem Fuß gekennzeichnet war. Insbesondere der Erstkontakt zwischen Fuß und Kraftmessplatte wurde schmerzvermeidend durchgeführt, obwohl dies vom Athleten nicht beabsichtigt war. Interessanterweise wurden ähnliche Muster beim Gleiten mit Skiern über die Platte erhalten. Die Druckverteilung zeigte eine geringere Intensität unter dem linken Ski und es lässt sich daraus schließen, dass durch die unterschiedlich wirkenden Kräfte auch die Tribologie beeinflusst wird. Kraftunterschiede zwischen linkem und rechtem Ski werden von unterschiedlichen Reibungskräften begleitet. Als Konsequenz erfährt der Athlet eine Verdrehung entlang der vertikalen Körperachse, was sich nachteilig auf die Vortriebskraft beim Doppelstockschieben auswirkt. Neben den biomechanischen Aspekten werden in dem Vortrag auch die tribologischen Implikationen im Zusammenhang mit der Individualisierung der Ski- und Schuhwahl beleuchtet.

Matthias Scherge

Matthias Scherge beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit den Grundlagen des Gleitens auf Eis und Schnee. Er leitet das MikroTribologie Centrum, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer Gesellschaft und des Karlsruher Instituts für Technologie, wo er als Professor das Fach Tribologie lehrt. Die Tribologie ist die Wissenschaft von Reibung, Verschleiß und Schmierung und beschäftigt sich unter anderem auch mit dem Gleitverhalten von Kufen und Ski. Seit 2012 berät Scherge das Nordic Paraski Team Deutschland und leitet das Team Snowstorm, ein leistungsfähiges Netzwerk aus Hochschulpartnern und Unternehmen zur Unterstützung von Athleten und ambitionierten Wintersportlern: www.team-snowstorm.de

Ein Kommentar

  1. Andreas Laute

    Sehr interessant. Dies Asymmetrie stört beim klassischen Laufen sicherlich potentiell mehr als beim Skating. Interessant wäre dieser Test, bei Probanden mit leicht unterschiedlich langen Beinen (was ja bei vielen der Fall ist). Auf Schnee wird das Problem zum Glück weitestgehend „pulverisiert“.

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