Sportpsychologie: Wie Ziele unserem Handeln eine Richtung geben

Alexander Bolshunov (RSF) © Modica/NordicFocus

Die neue Saison steht vor der Tür, die ersten Schneekilometer werden gesammelt, die Wettkampf-Vorfreude ist ungebändigt! Während die Profis in Skandinavien Trainingslager und die ersten Weltcup Stationen abklappern, geht’s für die Amateure unter uns auch bald wieder heiß her. Was sind deine Ziele? Zu welchen Events fährst du und wann möchtest du besonders gut abliefern? Wenn du deine Saison strukturiert in Angriff nehmen willst, sind Ziele immer ein guter Anfang.

Es gibt nur ein Ziel! Nicht ganz richtig…

Bildlich gesprochen stimmt das bei dem ein oder der anderen. Allerdings gibt es unterschiedliche Zielarten, die auch verschiedene Zwecke erfüllen können. Sicher kennst du die Ergebnisziele. Solch ein Ziel hast du dir gesetzt, wenn du dir eine bestimmte Platzierung im Wettkampf vornimmst, also im Bezug zu anderen Läufern (z.B. Top 50 beim Engadiner oder Top 3 bei den Olympischen Spielen). Ergebnisziele können deine Motivation sehr lange hochhalten, können aber während eines Wettkampfes manchmal hohen Druck verursachen. Um dich auf eine bestimmte Aufgabe und das Hier und Jetzt zu konzentrieren, helfen dir Handlungs- oder Prozessziele. Beispielsweise kann ein Ziel wie „Ich möchte heute besonders auf meine Gleitphase achten“ Wettkampfangst mindern und helfen, deine Strategie umzusetzen. Wenn du deinen eigenen Fortschritt kontrollieren möchtest, solltest du dir Leistungsziele setzen. Diese sind immer im Bezug auf deine eigene Leistung zu sehen und können sehr stark motivieren. Ein Beispiel für ein Leistungsziel ist: „Ich möchte meine Zeit bei den 3000m auf der Bahn um 30 Sekunden verbessern.“

Smarte Woop-Ziele… bitte was?

Vielleicht hast du schon von sogenannten SMARTen Zielen gehört, wobei jeder Buchstabe für ein Adjektiv steht, was dein Ziel beschreibt. Spezifische, Messbare, Attraktive, Realistische und Terminierte Ziele sind das A und O und das kleine 1×1 des Zielesetzens. Wenn du ein SMARTes Ziel gesetzt hast, hast du schon das W der WOOP-Methode sicher, denn es steht für „Wish“. Dein konkreter Wish sollte immer in deinem eigenen Handlungsbereich liegen, das heißt, du kannst selbst aktiv werden, um ihn zu erfüllen. Das „Outcome“ soll dich dazu anregen, dir dein gesetztes Ziel lebendig vorzustellen und zu überlegen, was das Schönste daran wäre, wenn du es endlich erreicht hast. Bei den „Obstacles“ geht es darum, dir schon im Vorhinein Gedanken zu machen, was dir bei der Erreichung deines Ziels im Weg stehen könnte. Hast du Angewohnheiten oder Handlungsweisen die dich davon abhalten könnten? Fehlen dir die zeitlichen oder materiellen Strukturen? Der „Plan“ soll dir helfen, diese Hindernisse schon anzugehen, bevor sie überhaupt auftreten. Nimm dir Zeit und überlege dir konkrete Strategien um die Widerstände zu überwinden, damit du gut darauf vorbereitet bist.

Ziele sind nicht in Stein gemeißelt

Sicherlich hast du dir im Frühjahr schon Ziele für die anstehende Saison gesetzt. Super Idee! Hat denn auch alles so geklappt, wie du es dir vorgestellt hast? Noch besser! Wenn du mal gekränkelt hast, zu viele Termine dich vom Training abgehalten haben oder deine Motivation einfach mal nicht da war, dann hast du aber vielleicht Trainingsrückstand. Du könntest jetzt wie ein Verrückter trainieren und dem Schnee hinterherfahren, um die Lücke zu schließen; auf Dauer wäre das aber möglicherweise nicht die sinnvollste Einstellung. Es lohnt sich, ab und an zu checken, ob deine gesetzten Ziele noch realisierbar sind. Wenn du sie zu Beginn des Trainingsjahres aufgeschrieben hast, dann nimm einfach ein neues Blatt Papier. So hast du auch während der Saison immer vor Augen, wo du gerade stehst und kannst deine Ziele gegebenenfalls korrigieren. Übrigens nicht nur nach unten…

Quellen:
Engbert, K. (2011). Mentales Training im Leistungssport: Ein Übungsbuch für den Schüler-und Jugendbereich. Neuer Sportverl..
Haueisen, B., Kossak, T. N., & Vogt, M. (2020). DSV Mental Stark!–Fit in Schule, Sport und Leben.

Lisa König ist Sportpsychologin. Sie war Skilangläuferin am Sportgymnasium Oberhof und der Unimannschaft der Michigan Tech University in den USA. Nach ihrem Bachelorabschluss in Psychologie absolvierte sie ein Masterstudium der angewandten Sportpsychologie und hilft Sportlern, Trainern und Mannschaften das beste aus ihrer sportlichen Leistung herauszuholen und ihr mentales Wohlbefinden zu verbessern. Sie bietet sportpsychologische Workshops, Coachings und Trainings an: www.die-sportpsychologen.de/lisa-koenig.