Langlauf Weltcup Sochi: DSV erfolgreich in Krasnaya Polyana

Viertelfinale © Merkushev/NordicFocus

Bei der Weltcupremiere in Sochi gab es vieles Positives und Negatives zu beobachten. Noch nicht alles lief rund, doch das deutsche Team konnte mehr als zufrieden sein.

Russland war eine Reise wert

Wieder war Russland für den Deutschen Skiverband eine Reise wert! Denkt man einmal zurück, brachten die deutschen Athleten eigentlich immer beim Weltcup in Rybinsk Top-Leistungen, in diesem Winter war es auch schon im fernen Kanada der Fall. Ein gutes Omen für 2014? Wollen wir es hoffen! Auf jeden Fall wusste das Team bei der olympischen Generalprobe auf 1500 Meter über dem Meer im Laura-Stadion sehr zu überzeugen. Nicole Fessel schaffte als Dritte ihr bestes Weltcupresultat, Katrin Zeller wurde starke Fünfte und Hanna Kolb Neunte im Sprint. Tobias Angerer steuerte einen sechsten Platz zum tollen Mannschaftsergebnis bei und schaffte zusammen mit Axel Teichmann im Teamsprint den Sprung aufs Podium. So kann es weitergehen… Dass man nicht unbedingt topfit sein muss, um zu gewinnen, bewies einmal mehr Kikkan Randall. Nachdem sie zu Saisonbeginn trotz eines durchgemachten Ermüdungsbruches siegreich war, trat sie diesmal trotz Krankheit an – und gewann. Obwohl sie zuvor wie auch Franz Göring und Josef Wenzl im deutschen Team mehrere Tage krank war. Wer soll die Amerikanerin denn dann im nächsten Jahr in gesundem Zustand schlagen? In Distanzrennen sollte man durchaus Kristin Steira auf der Rechnung haben. Schließlich hat die Norwegerin nie Probleme in großer Höhe und die Olympischen Spiele haben bei ihr absolute Priorität: Endlich einmal mehr als Vierte werden!
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Schwierige Strecken und Höhenlage

Kaum einer kannte vor diesem Wochenende die Strecken, denn die Russen ließen ja im Vorfeld niemanden dorthin – „die sind noch nicht fertig“, mussten sich die Teams immer wieder anhören. Eine Ausrede? Man wusste nur: Leicht wird es nicht. Einerseits durch die Höhenlage, andererseits haben es die Strecken aber auch sehr in sich. Da wäre zum einen der fast einen Kilometer lange Anstieg, der die Freistilrunde zu einer Herausforderung macht: Ganz nach unten und dann ganz wieder hoch zum Stadion – das beschreibt die Skatingrunde am treffendsten. Dagegen ist die Klassikrunde eher als nicht so schwierig, aber kupiert, zu bezeichnen. Im Sprint gibt es ebenfalls einen Anstieg zum Stadion, den Dario Cologna wie auch im Skiathlon zur Attacke nutzte. „Die Strecken haben olympischen Spirit, wie in Vancouver“, wie Kikkan Randall strahlend erklärte. „Im Sprint gewinnt der Sportler mit der besten Kraft-Ausdauer“, meinte Alexey Petukhov im Vorfeld. Nun, damit behielt der Russe, der selbst große Probleme hatte, recht: Petter Northug. Der Norweger zum Beispiel meinte zwar im Sprint, ihm läge diese Strecke und er sei zuversichtlich für 2014, doch in Distanzrennen muss man das eher bezweifeln. Dazu liegt ihm der lange Anstieg auf der Freistilrunde einfach zu wenig. Die Chance für seine Konkurrenten? Tobias Angerer jedenfalls hat seinen anfänglichen Respekt schnell abgelegt: „So schlimm ist der Anstieg gar nicht!“
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Schwierige Wetter- und Wachsbedingungen

Dass es nicht leicht werden würde auf den Olympiastrecken, war schon im Vorfeld klar: Schwierige Höhenlage von knapp unter 1500 Meter, hohe Luftfeuchtigkeit im Westkaukasus nahe des Schwarzen Meeres, Nebel, Temperaturen um den Gefrierpunkt. Und dann schneite es auch noch vier Tage nonstop! Alles in allem sehr schwierige Bedingungen für die Wachser und die Athleten, bei denen so mancher sich total verzockte. Beispiel Justyna Kowalczyk: Nach Problemen bei der Anreise lief es schon im Sprint gar nicht, das überraschende Ausscheiden im Prolog war das Ergebnis. Tags darauf noch schlimmer: Der frühe Ausstieg im Skiathlon. Hier schiebt sie die Schuld aber nicht auf die Höhenlage oder ihr Technikteam, sondern auf sich selbst: „Meine Techniker haben wir zwei ganz unterschiedliche Ski rausgelegt und ich habe mich für den falschen entschieden. Es machte keinen Sinn, weiterzulaufen“, so Kowalczyk später. Zählenswertes konnte sie an diesem Wochenende also nicht sammeln – nur ein paar Erfahrungen für das nächste Jahr. Ähnlich erging es dem schwedischen Herrenteam, das mit Ausnahme vom abschließenden Teamsprint überhaupt nicht überzeugen konnte. Ratlosigkeit in Schweden. Eine Mischung aus fehlender Höhenanpassung, falscher Wachswahl und Kniebeschwerden, die Jönsson schon bei den schwedischen Meisterschaften plagten, wird vermutet. Allerdings ging bei ihnen auch in der Anreise einiges schief, erst zwölf Stunden vor dem ersten Rennen war vernünftiges Skimaterial an Ort und Stelle. Durch den dichten Schneefall im Skiathlon wurde auch der Pitstop fast zu einer eigenen Disziplin: Wo sind meine Ski? Ski und Stöcke gingen im Tiefschnee fast unter, zum Teil landete ein Lappen zum Abdecken der Bindungen auch mal schnell in der Nachbarbox. Humoristisch dargestellt in der neuen Karikatur von Thomas Zipfel:

Wenig Zuschauer auf dem Berg

Dass so ein Retorten-Stadion viele Nachteile hat, merkte man bereits bei der Premiere. Das Stadiongelände ist zwar offiziell für bis zu 7500 Zuschauer zugelassen, so viele Zuschauer wird man im nächsten Jahr aber wohl nicht vor Ort sehen: Maximal 6000, wie aktuelle Schätzungen lauten – inklusive aller VIPs, Volunteers undundund. Denn schließlich muss der Veranstalter diese Menschenmenge ja auch erst mal mit der Gondelbahn auf den Berg befördern, einen anderen Weg gibt es außer einer schmalen und kurvigen Versorgungsstraße nicht auf den Psehako. Das war diesmal aber gar nicht das Problem, denn die vorhandenen Zuschauer hätte hat auch problemlos mit Handschlag begrüßen können. Schätzungsweise die Hälfte davon trug auch noch leuchtend blaue Jacken mit der Aufschrift „Volunteer“, die sich aber zugegebenermaßen um gute Stimmung bemühten. Ist das Zuschauerinteresse in der Region so gering oder stimmt es, dass Anwohnern der umliegenden Orte, die gern gekommen wären, der Besuch verweigert wurde? Bleibt zu hoffen, dass im nächsten Jahr mehr los ist im „Laura“-Stadion.

Es läuft nicht alles rund

Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Zwar sind die Athleten von den schwierigen Strecken durchaus begeistert, bei den Technikern wird das nicht ganz der Fall sein. Den Schnee bezeichnen viele als schwierig, vor allem manche Nordeuropäer. Vor allem aber ist für die Techniker kein Platz in Stadionnähe: Während die Athleten im nächsten Jahr zum größten Teil im Olympischen Dorf einen Platz finden, nur wenige hundert Meter vom Stadion entfernt auf dem kleinen Plateau am Psehako, müssen sie unten im 800 Meter tiefer gelegenen Krasnaya Polyana nächtigen: Acht Kilometer entfernt, Transfer mit Bussen, Gondelbahn und Skidoo-Taxi zum Stadion. Alles sehr umständlich, doch das Olympische Dorf, in dem noch fleißig gebaut wird, wird ohnehin wohl nicht für alle Athleten reichen, weil oben am Psehako wirklich alles sehr beengt ist. Egal, manche Teams wie die Kanadier denken ohnehin daran, mit dem gesamten Team in Krasnaya Polyana zu wohnen, wie der Amerikaner Noah Hoffman bloggte, nachdem er seine Kollegen im Ort besucht hatte. Denn drei Wochen oben auf dem Berg könne nächstes Jahr ganz schön langweilig werden, meinte er, außerdem sei „unten das Essen besser“. Außerdem gibt es dort vermutlich intakte Wasserleistungen, denn wie das US-Team in der Unterkunft im Olympischen Dorf feststellen musste: Wenn Simi Hamilton oben unter der Dusche steht, tropft es unten bei Jessie Diggins durch die Decke. Da sollte bis nächstes Jahr vielleicht noch nachgebessert werden… Der Platzmangel am Plateau sorgt übrigens auch dafür, dass das Stadion „wachstruckfreie Zone“ bleiben wird. Eine offizielle Absage haben bisher zwar noch nicht alle Nationen bekommen, sieht man sich den Stadionbereich aber aus der Luft an, wird schnell klar, dass für solchen Luxus einfach kein Platz am Psehako-Kamm ist. Also alles auf die herkömmliche Art und Weise in Wachskabinen…