Norweger gewinnen in kuriosen Sprints: Gold an Falla und Hattestad

Podium Herren © NordicFocus/www.nordicfocus.com

Favoritensterben und Sturzfestival: Über zu wenig Action im olympischen Sprint kann sich wohl niemand beschweren. Die Olympiasiege holten sich die Norweger Maiken Caspersen Falla und Ola Vigen Hattestad.

Bjørgen, Randall und Herrmann scheitern, Falla gewinnt Gold

Bjørgen, Randall, Herrmann – eigentlich waren die Favoritenrollen klar verteilt. Doch alles sollte anders kommen… Kikkan Randall ließ sich schon im Zielsprint ihres Viertelfinals auf den letzten Metern von Gaia Vuerich abkochen und schied als Lauf-Vierte aus, für Bjørgen und Herrmann war im Halbfinale Schluss. So trafen im Finale drei andere Norwegerinnen auf eine Schwedin, eine Slowenin und eine Amerikanerin. Das Rennen wurde von Beginn an von Maiken Caspersen Falla bestimmt, an deren Fersen sich Vesna Fabjan heftete. Die Slowenin hatte in den letzten beiden Jahre nicht viel Zählbares zustande gebracht, war aber in Sochi auf den Punkt fit. Nach dem Anstieg zu den Olympischen Ringen hatten sich mit Falla, Fabjan und Ingvild Flugstad Østberg drei Damen abgestzt, die die Medaillen unter sich ausmachten. Zwar bemühte sich Astrid Uhrenholdt Jacobsen noch um Anschluss, bis zum Zielstrich konnte sie das Trio aber nicht mehr ganz erreichen. Maiken Caspersen Falla konnte sich über den Olympiasieg freuen, im Zielsprint um Silber stach auf dem letzten Meter noch Østberg die Slowenin aus, weil Fabjan beim Ausfallschritt strauchelte. „Ich kann nicht glauben, was ich da geschafft habe. Davon habe ich geträumt, seit ich drei Jahre alt bin! Es haben so viele Menschen in mich vertraut und sie haben geglaubt, dass ich ein gutes Rennen abliefere. Diese Saison lief bisher nicht so gut, darum ist es umso besser, dass ich meinen besten Tag heute hatte“, freute sich Falla. Astrid Jacobsen, Sprintweltmeisterin von 2007, verpasste das ersehnte Edelmetall nur ganz knapp. Ida Ingemarsdotter wurde Fünfte, Sophie Caldwell belegte nach einem Sturz im Anstieg Rang sechs.

Chaotisches Herrenfinale

Das Finale im olympischen Herrensprint kann man mit Fug und Recht als die chaotischste Sprintentscheidung aller Zeiten bezeichnen. Doch von vorn: Teodor Peterson und Topfavorit Ola Vigen Hattestad hatten sich nach dem Start an die Spitze gesetzt und sie bestimmten das Geschehen unter der Führung des Norwegers auch am Anstieg. Schon früh musste Emil Jönsson erkennen, dass für ihn nichts mehr zu holen war – der Schwede wirkte kraftlos und ließ im Anstieg schnell abreißen. Hattestad, Peterson, Gløersen, Hellner und Ustiugov gingen nacheinander in die schwierige Abfahrt, in der es schon im Prolog einige folgenschwere Stürze (mit Verletzungen von Roman Schaad (SUI) und Xu Wenlong (CHN)) gegeben hatte. Auch diesmal sorgte die schwierige Kurve mit dem tiefen, weichen Schnee für Probleme: Gløersen und Hellner rutschten auf dem Hosenboden um die Kurve, der Russe konnte nicht ausweichen und fuhr ungebremst in Hellner hinein und traf ihn am Bauch. Alle versuchten schnell wieder aufzustehen, doch Ustiugov musste zunächst den Stock wechseln und Hellner verzichtete mit schmerzverzerrter Miene darauf, das Rennen fortzuführen. So schien der Weg frei zur Bronzemedaille für den Norweger, doch er hatte die Rechnung ohne den wieder erstarkten Schweden Emil Jönsson gemacht! In zügigem Tempo lief er an den Gestürzten vorbei und schloss auf dem Weg ins Stadion zu Gløersen auf. Für alle überraschend – am meisten für ihn selbst – sicherte sich Jönsson die Bronzemedaille. Zuvor hatte sich im Kampf um Gold Ola Vigen Hattestad durchgesetzt. Silbermedaillist Teodor Peterson war in der Kurve ins Stadion hinein ins Straucheln gekommen, gab den Kampf aber dennoch bis kurz vor der Ziellinie nicht verloren. „Ich habe sie nicht stürzen sehen. Ich dachte mir, dass es etwas komisch ist, dass mich niemand attackiert am Anstieg, weil ich recht langsam unterwegs war. Dann war ich oben und hörte den schwedischen Trainer rufen, dass wir einen Vorsprung haben. Dann erst habe ich realisiert, dass Teodor und ich allein um Gold kämpfen. Also wusste ich, dass ich eine Medaille sicher habe, aber ich wusste auch, dass Teodor einer der Schnellsten ist, so habe ich mich weiter konzentriert auf die letzte Kurve, um meine Kräfte zu sammeln“, beschrieb Hattestad dieses ungewöhnliche Finale. Vierter wurde Anders Gløersen, Fünfter Sergey Ustiugov und Marcus Hellner erreichte abgeschlagen als Sechster das Ziel. Jönsson lag zu diesem Zeitpunkt immer noch völlig k.o. im Ziel. Er hatte sich total verausgabt und musste von Betreuern weggetragen werden. „Ich habe nur noch schwarz gesehen. Es hat Minuten gedauert, bis ich mich wieder bewegen konnte. Am ersten Anstieg habe ich gemerkt, dass ich Probleme mit dem Rücken bekomme“, erklärte er später. Dario Cologna war im Viertelfinale zweimal gestürzt und ausgeschieden. Sein Teamkollege Roman Schaad kam ersten Diagnosen zufolge bei seinem bösen Sturz im Prolog mit einer schweren Knieprellung davon.

Herrmann wird Achte im olympischen Sprint

Für Denise Herrmann hat es diesmal nicht gereicht. Die Oberwiesenthalerin, die in dieser Saison in jedem Sprint im Finale dabei war, schied im Halbfinale aus, nachdem sie zuvor im Viertelfinale einen beeindruckenden Schlussspurt gezeigt hatte. „Es ist schon ein Luxus, dass man mit einem achten Platz nicht zufrieden sein kann. Ich fühle mich eigentlich total fit, es hat alles gepasst in der Vorbereitung. Ich hatte einen super Ski gehabt. Man hätte es einfach machen können, sage ich mal. Ich habe es dieses Jahr oft genug gezeigt, dass ich in der Lage bin, auf das Podium zu laufen. Es soll einfach nicht sein“, meinte sie später. Im Halbfinale hatte sie es mit derselben Taktik versucht wie zuvor: Mit Schwung aus der Abfahrt ins Stadion hinein, dann außen den langen Weg in der Zielkurve gehen und mit Tempo auf die Zielgerade. Doch diesmal klappte es nicht so gut wie im Viertelfinale: „Ich war im Halbfinale leider nicht die Zweite außenrum, sondern die Dritte. Es waren da schon ein paar Meter zu viel, die ich zurücklegen musste“, erklärte sie, die außerdem zu Beginn der Zielgeraden etwas ins Straucheln geraten war. „Ich hatte auch koordinativ zu kämpfen gehabt auf diesem Korridor, den ich dann gewählt habe, und da habe ich mich dann von Leuten schlagen lassen, die ich sonst im Griff haben müsste.“ Auch die übrigen Deutschen hatten mit der schwierigen Strecke zu kämpfen. Aus deutscher Sicht schafften nur noch Hanna Kolb und Tim Tscharnke den Sprung unter die besten 30. Die Allgäuerin, die sich nur äußerst knapp für die Finalläufe qualifiziert hatte, schied in ihrem Viertelfinale chancenlos aus.

Tscharnke mit Uralt-Ski

Tim Tscharnke sah zwar während des Rennens besser aus, agierte aber zu passiv, wie er später erklärte: „Ich habe mir ein bisschen wenig zugetraut. Ich war ziemlich kaputt nach dem Prolog. Von daher habe ich es erstmal ruhig angehen lassen, habe dann nie die Initiative ergriffen. Als dann die Post abging, habe ich es etwas verschlafen. Zumindest habe ich mich zum Prolog gesteigert, der war schon sehr, sehr enttäuschend.“ Tscharnke hatte das Rennen mit einem Relikt aus alten Zeiten bestritten: „Ich hatte am Berg technisch große Probleme heute, die Techniker haben Riesenarbeit geleistet und mir einen 20 Jahre alten Ski organisiert, weil von mir her bei dem Wetter gar nichts gelaufen ist. Der war ein Stückchen kürzer als meine normalen, ließ sich im weichen Sumpf sehr gut laufen, ist sehr gut gefahren. Aber am Berg hatte der so gut wie keine Führung gehabt, so dass ich technische Probleme hatte, das zu koordinieren und einen guten Schritt zu finden. Daher kann ich nicht unzufrieden sein, ich habe nicht mehr erwartet.“ Die übrigen Deutschen Lucia Anger und Claudia Nystad sowie Josef Wenzl, Thomas Bing und Sebastian Eisenlauer schieden knapp aus und belegten Plätze zwischen Rang 31 und 35.