Vor Ort in Sochi mit Michael Greis: Doping und ein Olympia-Fazit

Michi Greis © Madshus

Die Olympischen Spiele in Sochi sind Geschichte. Die letzten Tage hatten aus deutscher Sicht zwar auch Positives, aber leider viel mehr Negatives zu bieten. Da fällt ein Fazit nicht so leicht.

Jeder spricht über Doping

Was die letzten drei Tage in Sochi alles änderten! 13 Tage waren es saubere Spiele, dann wurden nach und nach sechs Dopingvergehen bekannt. Aus deutscher Sicht natürlich besonders tragisch ist der Fall Evi Sachenbacher-Stehle. Nach ihrem positiven Test sprechen nämlich alle sogenannten „Dopingexperten“ Deutschlands wieder von versauten Spielen. Versteht mich bitte nicht falsch: Positiv ist positiv und damit ein Dopingvergehen. Aber wenn es sich bewahrheitet, dass Evis positive Probe auf verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel zurückzuführen ist, dann war das eine riesen Dummheit von ihr, aber bei weitem nicht so schlimm, wie absichtliches Dopen, wie es zum Beispiel der Österreicher Johannes Dürr praktiziert hat. Schlimm sind dagegen die Reaktionen vieler Sportfans, die daraus schließen, dass in Deutschland systematisch gedopt wird und die Funktionäre und Betreuer mit drin stecken. Klar ist, dass Nahrungsergänzungsmittel ein schwieriges Thema sind. Aber solange man mit Eiweiß, Kohlenhydraten und Vitaminen nur die Regeneration unterstützt und versucht gesund zu bleiben, ist man ganz weit weg von der Leistungssteigerung durch Dopingmittel. Einzige Alternative wäre: Alle Sportler dürften nur nach einem Ernährungsplan genau dasselbe essen. Und das ist nicht durchführbar.

Tolle Spiele mit Pech für deutsche Athleten

Sieht man einmal von den Dopingfällen ab, muss man sagen: Es waren tolle Olympische Spiele. Ich habe eine super schöne Zeit in Sochi verbracht und bin positiv überrascht worden. Die Abwicklung der Wettbewerbe war sehr professionell und alle Helfer waren sehr freundlich. Natürlich war alles unheimlich groß und teilweise überdimensioniert. Aber das ist typisch für Olympische Spiele. Und dass viele Stadien aus dem Boden gestampft wurden, ist sicherlich zum Teil auch bedingt durch die Vorgabe des IOC, möglichst kompakte Spiele auszutragen. Es stellt sich natürlich die Frage, wie das alles später weiter genutzt wird, aber das ist sicher keine Frage des Sports. Hier ist Sochi als Urlaubsregion und der russische Staat gefragt. Aus sportlicher Sicht ist man natürlich von deutscher Seite her mit anderen Erwartungen an Biathlon herangegangen, als an Langlauf. Es war von vornherein klar, dass man nicht an die Zeiten von Vancouver und davor werde anknüpfen können. So war die Bronzemedaille der deutschen Damenstaffel eine tolle Überraschung. Und auch die Chance im Teamsprint von Dotzler/Tscharnke, um eine Medaille mitlaufen zu können, ist sicherlich ein Erfolg. Tragisch daran ist, dass von Olympischen Spielen nur Medaillengewinner im Gedächtnis bleiben. Vom Sturzpech redet in zwei Wochen keiner mehr. Aber es besteht weiter Hoffnung auf zukünftige Erfolge und vielleicht klappt es ja 2018 in Pyeongchang.

Schöne Grüße
Euer Michi Greis