Auf Skirollern durch Europa: Westeuropa

Auf Skirollern durch Europa: Einsame Bucht mit Felsformation irgendwo am Atlantik © Stefan Prinz

Atemberaubende Flusslandschaften im Elsass, Jura und Burgund

Über die Dreiländerbrücke rolle ich schließlich nach Frankreich, rolle auf verlassenen Wegen durch das südliche Elsass nach Mulhouse und Montbéliard und folge über viele Kilometer dem scheinbar immer geradeaus laufenden Rhein-Rhône-Kanal. Teilweise laufe ich zwar auch auf Schotter, aber überwiegend dominieren wunderbar asphaltierte Radwege. Diese bringen mich zum Fluss Doubs, dem ich in Schlangenlinien durch wirklich schöne Berglandschaften bis in die Stadt Besançon folge. Auch wenn ich hier nicht wirklich Luftlinie zurücklege, genieße ich den glatten Asphalt unter den Füßen. Ich begebe mich in das Jura, darf mich in den mittelalterlichen Gassen von Dole mit ein paar Touristen ablichten lassen und erreiche den Flusslauf der Saone und die Region des Burgund. Ich rolle entlang nicht endender Kanäle, die vor allem von Freizeitschiffen und Anglern genutzt werden.

Gastfreundschaft und Erfahrungen beim Slow Travel

Auf Skirollern durch Europa: Kalte Nacht im Schlafsack, Wildzelten bei Etupes © Stefan Prinz

Ich werde mit meinem Vorhaben in diesen französischen Regionen oft ungläubig angeschaut, sodass ich selbst auf offiziellen Campingplätzen mein Zelt gratis aufschlagen darf und immer wieder von Einheimischen Weinproben, Bier oder auch warme Crêpes bekomme. Was für ein herzlicher Empfang hier in Frankreich… Wenn ich vom Zelt im Rucksack erzähle, wird mir oftmals gleich eine ganze Beherbergung angeboten, die ich dann bei Dauerregen und Sommergewitter auch gerne mal annehme. Ich lerne dabei komplett neue Personen und Kulturen kennen, helfe auf dem Bauernhof mit, bin bei Kälbergeburten und Weinlese dabei, aber sehe auch, wie unterschiedlich und ungerecht die Lebensverhältnisse in all den von mir inzwischen „befahrenen“ Ländern sind. Während ich im letzten Sommer auf meiner Deutschlandtour überwiegend Wohlstand und Luxus wahrnahm, fand ich auf meiner Tour nach Budapest in ungarischen Dörfern nicht einmal vernünftige Toiletten oder sauberes Leitungswasser, erlebte in der Slowakei heftige Enteignungen, und werde nun aktuell in vielen französischen Dörfern mit heftiger (Kinder-)Armut konfrontiert. Das macht mich unglaublich traurig. Aber der Frankreich-Urlauber, der mit dem Flugzeug von München aus an den Atlantik abhebt, wird nur den Fitness-Bereich und Pool seines Fünfsternehotels sehen, an herausgeputzten Strandmeilen und Bars herumflanieren und vor den Top-Sehenswürdigkeiten für einen Instagram-Post posieren. Aber genau das unterscheidet meine Reise eben so sehr von einem All-inclusive-Urlaub im Hotel. Viele beschränken meine Tour auf die rein sportliche Leistung – auf der natürlich der Schwerpunkt meiner Reise liegt. Aber es gibt eben auch noch sehr viele andere Seiten dieses Slow-Travel-Modus und ich kann diesen zum Ausprobieren deshalb nur jedem ans Herz legen.

Menschenleere Radwege und Mantelprobleme an der Loire

Zurück zum sportlichen Geschehen… In Digoin schließlich treffe ich auf die Loire, deren Flusslauf ich nun länger begleiten werde. Nach einigen anstrengenden Kilometern im Hinterland der Loire erreiche ich die Stadt Nevers und rolle auf dem bekannten Loireradweg dahin. Ich hatte die Befürchtung, dass dieser Fernradweg stark von den „Ich-fahre-E-Bike-aber-klingeln-habe-ich-nicht-nötig“-Radlern frequentiert ist, aber ich treffe im späten September nun absolut keine Radler mehr an. Freie Loipe also. Die Kilometer und Tage plätschern so dahin, aber plötzlich greift meine hintere linke, selbst angebrachte Bremse am Roller nicht mehr richtig. Was ist da los? Nachdem ich kurz zuvor noch den Druck in den Schläuchen des luftbereiften Cross-Rollers angehoben habe, schiebt der hintere Mantel seitliche Bäuche raus, was schließlich zum ruckartigen Bremsen führte. Aber ich habe ja von Materialproblemen auf vergangenen Touren dazugelernt, und so habe ich ein komplettes Ersatzrad sowie Ersatzmäntel im Gepäck dabei. Vorsorglich senke ich in den anderen Reifen den Druck, um mich mit keinen weiteren Materialeinbußen herumärgern zu müssen. Schließlich liege ich mit meinen Druckwerten auch immer weit über den angegebenen Maximalwerten… Und schon nach weiteren 100 Kilometern stelle ich fest, dass auch an zwei weiteren Mänteln leichte seitliche Dellen zu erkennen sind. Platzer-Risiko? Ich bin mir nicht sicher, wie lange das noch gut geht… Ich entscheide mich, einen Boxenstopp einzulegen und ziehe die verbleibenden zwei Ersatzmäntel auf die Alufelge auf. Aber dank dem neuen Tiefbett der Felgen geht das auch unterwegs ganz gut. Aber jetzt darf dann wirklich nichts mehr kaputt gehen.