Wenn’s der Vasaloppet allein nicht tut: Wie es ein Österreicher beim Vasa-Triple in die Top-10 schaffte

Matthias Enzenhofer im Ziel des Cykelvasan

Die 90 legendären Kilometer zwischen Sälen und Mora auf Skiern waren Matthias Enzenhofer nicht genug. Der 24-jährige Landwirt aus dem oberösterreichischen Zwettl an der Rodl fuhr nach seinem ersten Start beim Vasaloppet im März 2018 mit der festen Absicht nach Hause, schon im Sommer nach Mittelschweden zurückzukehren. Vasa Triple lautete für ihn das Zauberwort. Und so nahm er die Strecke im August ein zweites und ein drittes Mal in Angriff: Zunächst beim Cykelvasan auf dem Mountainbike und nur eine Woche später beim Ultravasan in Laufschuhen. Der außergewöhnliche Mehrkampf endete für Matthias Enzenhofer mit einer Überraschung: Unter 247 Sportlern (darunter 237 Schweden), die in diesem Jahr alle drei Hauptwettkämpfe über die komplette Distanz absolviert hatten, landete er mit einer Gesamtzeit von 18:11:58 Stunden auf Platz 9. „Ich habe echt gestaunt, dass mein Name in der Ergebnisliste so weit vorn auftaucht“, gibt er gerne zu. Der Stolz ist durchaus berechtigt: Der zweitbeste Nicht-Schwede war ein Norweger auf Platz 48.

Auf dem Weg zu diesem bemerkenswerten Ergebnis von Matthias Enzenhofer hatte auch der Zufall eine Rolle gespielt. Denn dass er irgendwann einmal den Vasaloppet unter die Skier nehmen würde, stand für den jungen Österreicher schon lange fest. Schließlich hatte er bis zu seinem 18. Lebensjahr in Linz leistungssportlich Skilanglauf betrieben. Auf das Vasa Triple wurde er dann im Sommer 2016 während einer Urlaubsreise aufmerksam. Damals besuchte er seinen Bruder Klaus, der in Schweden studiert hat und inzwischen dort lebt, und verband das mit einem Start beim Cykelvasan, der Radvariante des Vasaloppet. Das Vasa Triple, das es erst seit der Einführung das Ultravasan 2014 gibt, steckte damals noch in den Kinderschuhen (32 Teilnehmer). Matthias Enzenhofer bekam jedoch Wind davon und hatte Blut geleckt: „Das klang spannend und mir war irgendwann klar, wenn ich schon den Vasaloppet mal mitmache, dann wage ich mich auch ans Triple.“

In diesem Jahr war es für den drei- bis viermal in der Woche trainierenden Sportler dann soweit. Im Winter hatte er dabei gleich doppelt Glück. Zum einen lag genug Schnee, um sich daheim gut vorbereiten zu können. So qualifizierte er sich als 63. beim König-Ludwig-Lauf in Oberammergau in 2:10:23 Stunden über 42 Kilometer für die Startgruppe 2. „Die zwei flachen Runden kamen mir entgegen. Da ist es richtig gut gegangen“, erinnert er sich. Zum anderen hatte das Skimarathon Team Austria noch einen Platz in der Hütte frei, sodass er sich nicht großartig um organisatorische Dinge kümmern musste und sich auch gleich noch Wachstipps holen konnte. Mit dem Minimalziel angereist, die begehrte Medaille (dafür wären 6:36 Stunden nötig gewesen) zu holen, verpasste Matthias Enzenhofer letztlich in 5:38:55 Stunden nur ganz knapp einen Platz unter den ersten 1000. „Ich hatte zwei, drei Tiefs, aber dadurch, dass mich mein Bruder unterwegs verpflegt hat, ist es am Ende doch sehr gut gelaufen“, berichtet er. Beeindruckt hat ihn vor allem die Größenordnung des Rennens. „Man staunt ja schon, wenn man nur hört oder liest, dass da 15.000 Läufer starten. Aber wenn man diese riesige Menschenmasse auf Skiern selbst sieht, ist das noch viel beeindruckender“, erzählt er.

Seine mit Abstand beste Platzierung in Mora schaffte er gute vier Monate später im Radrennen, das unter anderem aufgrund einer anderen Streckenführung kurz nach dem Start 94 statt 90 Kilometer lang ist. In 3:06:35 Stunden fuhr der mit seinem Vereinskameraden Florian Eibensteiner angereiste Landwirt als 85. mit nur 6:32 Minuten Rückstand auf den Sieger unter die Top 100 im knapp 9500-köpfigen Starterfeld. „Ich hatte durch mein Ergebnis von 2016 eine gute Startgruppe und das gesamte Rennen über ein voll gutes Gefühl“, sagt Matthias Enzenhofer.

Matthias Enzenhofer und Florian Eibensteiner beim Ultravasan © Matthias Enzenhofer

Doch das härteste Stück Arbeit auf dem Weg zum Rosa-Finisher-Shirt mit der Aufschrift „Vasalopps-Trippeln 2018“ wartete da noch auf ihn. Denn vor dem 90 Kilometer langen Ultralauf mit gut 880 Metern Höhenunterschied, für den schon 5 Uhr am Morgen der Startschuss in Sälen fiel, hatte er großen Respekt. „Bis dahin bin ich maximal Marathon gerannt“, erzählt Matthias Enzenhofer, der seinen Hausrekord von 3:18 Stunden über die klassischen 42,195 Kilometer in Linz aufstellte. Für die tolle schwedische Landschaft hatten er und sein Vereinskamerad nur selten mal ein Auge übrig, da die Trails volle Aufmerksamkeit erforderten.

Matthias Enzenhofer im Ziel des Ultravasan © Matthias Enzenhofer

Bis Kilometer 47 liefen die beiden Freunde aus Zwettl gemeinsam, dann forcierte der diesmal unterwegs nicht nur von seinem Bruder, sondern auch von Freundin Theresa versorgte Allrounder das Tempo. Der Mann mit dem Hammer wartete zwischen Kilometer 75 und 80. „Ich wusste, dass ich für die Medaille unter 9:30 Stunden bleiben muss. Und als abzusehen war, dass es eng wird, musste ich mir jeden einzelnen Meter hart erarbeiten“, sagt Matthias Enzenhofer. Er klammerte sich in diesen Momenten an die Aussicht auf die flachen und teilweise abschüssigen Streckenabschnitte nach der letzten Verpflegungsstätte in Eldris. Und siehe da: „Irgendwann ging es tatsächlich wieder etwas leichter.“ Am Ende sprang in 9:26:28 Stunden der 175. Platz von 750 Finishern heraus. Damit hatte er das Vasa Triple endgültig mit Bravour gemeistert.

Inzwischen ist der Muskelkater längst wieder aus den Beinen. Und der Blick von Matthias Enzenhofer geht in Richtung Winter. „Wahrscheinlich werde ich dieses Jahr den Engadiner laufen“, sagt er, denn ein großes Skirennen pro Jahr soll es schon mindestens sein. Allerdings scheint er durchaus in Sachen Dreikampf auf den Geschmack gekommen zu sein. „Das Birkebeiner Triple wäre sicher auch eine schöne Herausforderung“, sagt er. In Norwegen gehören der Serie neben dem Skirennen über 54 Kilometer der Radwettkampf über 86 Kilometer und ein Crosslauf über 21 Kilometer an. Wie beim Vasaloppet müssen alle drei Wettkämpfe innerhalb eines Kalenderjahres absolviert werden.

Monty Gräßler (Jahrgang 1972) ist Lokalsportredakteur bei der „Freien Presse“ im Vogtland und begeisterter Hobby-Skilangläufer. Mit „Wahnsinn Wasalauf“ hat er das erste deutschsprachige Buch über den legendären Vasaloppet in Schweden geschrieben. Es sind aber längst noch nicht alle „Wasalauf-Geschichten“ erzählt und kommen stets neue hinzu. Eine Auswahl davon gibt es regelmäßig in dieser Kolumne.  Mehr zum Buch und eine Bestellmöglichkeit findet ihr hier: www.wahnsinn-wasalauf.de