Langlauf Weltcup Tallinn: Skistad und Klæbo setzen Siegeszug bei City-Sprint fort – Rydzek starke Vierte

Jonna Sundling (SWE), Kristine Stavaas Skistad (NOR), Nadine Faehndrich (SUI), (l-r) © Modica/NordicFocus

Kristine Stavås Skistad gewann beim Langlauf Weltcup auf dem Festivalgelände in der estnischen Hauptstadt Tallinn unter Flutlicht ihr viertes Rennen in Folge. Johannes Høsflot Klæbo triumphierte im Freistilsprint erwartungsgemäß bei seinem „Heimrennen“ vor den Augen seines Großvaters. Coletta Rydzek verpasste ihr erstes Weltcup Podium nur knapp.

Einheitswachs bei schwierigen Bedingungen

Erstmals laufen im Weltcup alle Athletinnen und Athleten mit einheitlichem Wachs und von Swix gewachsten Ski – nur an der Struktur durften die Teams selbst noch arbeiten. Die Bedingungen waren nicht leicht bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Gestern beim ersten Test der Strecke herrschten sehr weiche Bedingungen, so dass über Nacht kräftig gesalzen wurde. Durch Nachtfrost erwartete die Sportler heute eine extreme Eispiste, die aber durch die Sonneneinstrahlung schon im Prolog wieder sehr weich war, so dass in sämtlichen Kurven und vor allem bergab sehr tiefe Bedingungen herrschten. Dennoch wurde im Prolog der Südtiroler Michael Hellweger als schnellster Athlet in der Abfahrt mit 63 km/h geblitzt.

Skistad im Zielsprint vorne

Kristine Stavaas Skistad (NOR), Jonna Sundling (SWE), (l-r) © Modica/NordicFocus

Jonna Sundling und Kristine Stavås Skistad reisten als klare Favoritinnen nach Estland. In allen Heats wirkte aber die Schwedin stärker, während die großgewachsene Norwegerin sich in dem tiefen Schnee in den Anstiegen schwer zu tun schien. So ging Sundling als Favoritin ins Finale und lag auch wieder bis zur kurzen Zielgeraden vorn. Dort schob sich diesmal aber die Norwegerin noch an ihr vorbei und feierte ihren vierten Sieg in dieser Saison, den dritten in Serie. Für die Athletin, die seit Jahren außerhalb der Nationalmannschaft unter ihrem Heimtrainer in Konnerud trainiert, steht bald die Entscheidung an, ob sie sich in Zukunft dem Nationalteam anschließt oder weiter zu Hause in Drammen trainiert. Wie schon in den letzten Wochen hielt sie das Siegerinterview mit der FIS kurz und knapp: „Es hat Spaß gemacht, es sind sehr viele Leute hier. Die Strecke ist sehr gut präpariert, ich bin glücklich.“ Hinter Sundling holte sich Nadine Fähndrich den dritten Podestplatz vor Coletta Rydzek. Lena Quintin und Tereza Beranova belegten Rang fünf und sechs.

Fähndrich baut Führung aus

Nadine Faehndrich (SUI) © Modica/NordicFocus

Tiril Udnes Weng, Jessie Diggins und Kerttu Niskanen, die drei Athletinnen auf den ersten Plätzen im Gesamtweltcup, scheiterten schon im Viertelfinale und wirkten wie in den letzten Sprints nach einer langen Saison müde. Dagegen kämpften Nadine Fähndrich und Maja Dahlqvist um die vielleicht entscheidenden Punkte im Kampf um den Sprintweltcup und die kleine Kristallkugel, die erstmals bei den Damen in die Schweiz gehen könnte. Maja Dahlqvist, vor diesem Rennen fünf Punkte hinter der Schweizerin, landete im Prolog als Vierte einen Platz hinter der Luzernerin und schied bereits im Halbfinale knapp aus – eine Hundertstelsekunde trennte sie von Beranova, die ins Finale kam. Das bedeutete Rang sieben für die Schwedin, die nun 22 Punkte hinter Nadine Fähndrich liegt. Ein Ergebnis, dass die 27-Jährige im Ziel jubeln ließ. Nach Anreise in Tallinn hatte die Sprint-Führende ein Interview mit dem größten Nachrichtenportals Estlands geführt und bei delfi.ee gesagt: „Ich liebe City-Sprints und bin der Meinung, dass der Langlauf in die Städte zu den Menschen gebracht werden muss. Die Strecke hier gefällt mir. Es ist kein flaches Profil wie sonst in Stadtsprints, sondern ein langer Anstieg. Aber wie immer in City-Sprints ist es hier sehr eng und schwer zu überholen, so dass man einen guten Start haben muss. Anschließend muss man die Position halten und Fehler vermeiden.“ Ihre beiden Teamkolleginnen Lea Fischer und Alina Meier wurden 19. und 23.

Coletta Rydzek erstmals Vierte

Coletta Rydzek (GER) © Modica/NordicFocus

„Das war ein Abend nach meinem Geschmack!“, schrieb Coletta Rydzek nach dem Sprint in Tallinn. Die Oberstdorferin kann überaus zufrieden sein, bei ihrer zweiten Finalteilnahme nach Platz sechs in der Lenzerheide im letzten Winter diesmal Vierte geworden zu sein. Zunächst wirkte sie im Ziel jedoch etwas enttäuscht, dass es nicht ganz zum ersten Podium gereicht hat. Auch ihre drei Sprintkolleginnen kamen unter die besten 30, scheiterten aber knapp im Viertelfinale. Der Lauf von Sofie Krehl, die als Dritte das Halbfinale nur knapp verpasste und damit 13. wurde, war das Rennen mit den meisten Stürzen. Krehl hatte lange an zweiter Stelle gelegen und war kurz vor Schluss Dritte, als sie den Ski von Julia Kern berührte und stürzt. Da Kern kurz darauf auch noch auf der Zielgeraden stolperte und ebenfalls stürzte, wurde die Deutsche doch noch Dritte, was aber nicht zum Weiterkommen reichte. Zuvor war schon Johanna Hagström im Anstieg gestürzt. Für Laura Gimmler war diesmal ebenfalls im Viertelfinale als 16. Schluss, Pia Fink wurde 24.

Klæbo dominiert „Heimrennen“ in Estland

Johannes Hoesflot Klaebo (NOR) © Modica/NordicFocus

Was bisher kaum in den Medien präsent ist: Johannes Høsflot Klæbo hat einen Bezug zu Estland, sein Großvater lebt sogar in Tallinn und war sowohl bei seinen Siegen 2017 und 2019 in Otepää wie auch heute in Tallinn vor Ort. Wie erwartet ließ er sich auch diesmal den Sieg nicht nehmen und dominierte das Rennen in der zweiten Runde. Zuvor hatte er sich taktisch klug im Anstieg an die zweite Stelle gesetzt und in der zweiten Runde die Spitze übernommen und angegriffen. Lucas Chanavat, der Schnellste im Prolog, musste schnell eine Lücke aufgehen lassen wie auch Even Northug und Edvin Anger hinter ihm. Beide berührten sich mehrfach in der kurvigen Abfahrt und konnten nur knapp einen Sturz vermeiden. Dadurch verloren sie den Anschluss an den Franzosen, der sich ungefährdet, aber mit großem Rückstand zu Klaebo, den zweiten Platz sicherte. „Es ist großartig hier. Es fühlt sich wie ein Heimrennen an“, sagte der glückliche Norweger nach seinem 39. Sprintsieg und erklärt: „Mein Großvater [väterlicherseits] lebt hier in Tallinn. Ich wollte heute unbedingt schnell laufen und es ist cool, dass der Opa mit dabei ist und er das Rennen sehen konnte. Das ist ein tolles Gefühl. Es ist ein toller Kurs, sehr herausfordernd. Solche City-Sprints machen immer Spaß mit so vielen Zuschauern und besonders auf dieser Strecke. Ich habe versucht, etwas Kraft für das Finale zu sparen und das hat gut funktioniert.“ So ein Taktieren wäre aber auch ohne die Rangelei hinter ihm gar nicht notwendig gewesen, denn der 26-Jährige war wieder eine Klasse für sich. Im Zielsprint um Platz drei setzte sich Even Northug knapp gegen Edvin Anger und verhinderte mit seinem dritten Podium das erste des 20-jährigen Schweden. Erik Valnes und Marcus Grate kamen als Fünfter und Sechster ins Ziel.

Mrkonjic schafft sein Saisonziel

Lukas Mrkonjic (AUT) © Modica/NordicFocus

Eine Überraschung gelang dem Österreicher Lukas Mrkonjic, der diesmal erstmals in ein Halbfinale verrückte. Der 24-Jährige aus Fuschl am See hielt sich an dritter Stelle hinter Chanavat und Klæbo auf und behauptete diese Position bis zum Schluss, so dass er über die Zeit ins Halbfinale kam nach einem Sturz in der Abfahrt, durch den er mehr Geschwindigkeit und Zeit verlor als Pellegrino und Northug, die oben auf der Kuppe Sturz und Stockbruch hatten. Dennoch bedeutete Platz zwölf und das Erreichen des Halbfinals einen Sprung nach vorne im Vergleich zu seinem bisher besten Resultat aus Falun, wo er 18. wurde. „Das war für mich auf jeden Fall ein sehr guter Wettkampf. Ich habe mein bestes Saisonergebnis erreicht, obwohl ich mich heute am Morgen und auch tagsüber nicht wirklich gut gefühlt habe“, sagte er nach dem Rennen. „Unter diesen Umständen habe ich sicher das Beste herausgeholt und ich bin sehr stolz auf meine Leistung. Einmal das Halbfinale zu erreichen, war ein großes, persönliches Saisonziel von mir und das habe ich heute geschafft. Der Sturz im Halbfinale war natürlich schade und meiner Meinung nach eher fremdverschuldet. Das tut ehrlich gesagt auch ein wenig weh, denn ich hätte heute durchaus eine Chance auf das Finale gehabt. Trotzdem ist es mein bestes Ergebnis und ich bin absolut zufrieden.“ Sein Teamkollege Michael Föttinger wurde 29., während sich Benjamin Moser als 32. knapp nicht qualifizierte. Mika Vermeulen wurde 49.

Sossau wieder im Viertelfinale

Lauri Vuorinen (FIN), Anian Sossau (GER), (l-r) © Modica/NordicFocus

Aus deutscher Sicht gelang es Anian Sossau wie schon in Falun, sich für die besten 30 zu qualifizieren. Taktisch klug hielt sich der 23-Jährige zusammen mit Pellegrino vorne auf und führte sogar in der Abfahrt das Feld an. In der zweiten Runde konnte er aber das Tempo von Chappaz und Pellegrino nicht mehr mitgehen und fiel weiter zurück. Das bedeutete Rang fünf hinter dem Lokalmatadoren Karl Sebastian Dremljuga, der sich erstmals qualifizierte, so dass der Deutsche insgesamt Position 21 erreichte. Mit diesem Ergebnis kann der junge Deutsche zufrieden sein, auch wenn er sich das Halbfinale erhofft hatte. Jan Stölben schied diesmal als 46. vorzeitig aus. Für das Schweizer Team holte Janik Riebli als 14. das beste Resultat, nachdem er in der Kurve vor der Zielgeraden ins Straucheln geriet und als Dritter mehr Rückstand auf die Spitze hatte als es sonst der Fall gewesen wäre – so reichte es nicht zum Weiterkommen. Roman Schaad wurde 24. und Valerio Grond und Erwan Käser qualifizierten sich als 35. und 36. nicht.

Das sagt der Teamchef

„Tolle Atmosphäre und tolle Strecke beim Stadtsprint in Tallinn. Es war ein ziemlich anspruchsvoller Rundkurs, zweimal ein ziemlich steiler Berg, wo man vom 1-1 in die Bergschritt-Technik wechseln musste. Die Runde musste immer linksrum gelaufen werden, so dass man in den Heats immer vorne dabei sein musste. Wir sind sehr zufrieden, dass wir alle vier gestarteten Mädels unter die besten 30 und damit für die Viertelfinals qualifizieren konnten und bei den Herren mit Anian Sossau eine absolute Rakete gesehen haben. Damit haben wir auch 50% für die Finalläufe qualifiziert. Für Jan Stölben war es definitiv die falsche Strecke, Technikwechsel, tiefes Geläuf teilweise, anspruchsvolle Abfahrten. Aber umso mehr hat sich der Anian Sossau da gut in Szene gesetzt. Dann war der Plan 5-2-1, also fünf ins Viertelfinale zu bringen, zwei ins Halbfinale und eine ins Finale. Das haben wir nicht ganz geschafft mit 5-1-1, aber ich denke, das ist lobenswert. Tolle Geschichte, die wir da erlebt haben. Ambitionierte Zweikämpfe, die wir gesehen haben, eine Sofie Krehl, die einen sehr guten Prolog gemacht hat und auch im Viertelfinale noch einmal richtig Gas gegeben hat. Aber am Ende dieser zweite lange Anstieg war ein bisschen zu lang und zu tief und im Endeffekt hatte sie nicht die perfekte Ausgangsposition und dann noch ein bisschen Pech auf der Zielgeraden, weil vor ihr jemand gestürzt ist und sie damit nicht weiterkam ins Halbfinale, was sie aber verdient hätte. Ähnlich engagiert ist Laura Gimmler ans Werk gegangen, hat aber nie die optimale Position gehabt, um dann auf der Zielegraden den entscheidenden Step noch zu tun und ins Halbfinale zu kommen. Umso schöner, dass Coletta Rydzek über das Halbfinale, wo sie taktisch sehr gut gelaufen ist, im Finale das Maximale rausgeholt hat mit ihrem vierten Platz. Taktisch klug gelaufen, gute Performance hingelegt, zu Recht ihr erstes Finale erlebt und die damit Schwung aufgenommen hat wie auch Anian Sossau. Er hat eine tolle Leistung hingelegt, sein Viertelfinale von vorne gelaufen. Aber in der zweiten Runde ist ihm das Gas ausgegangen, was aber für so einen jungen Athleten normal ist. Das wird von Jahr zu Jahr besser werden. Wichtig ist, dass er so schnelle Prologe, wie er sie jetzt läuft, auch weiterhin laufen kann, damit er sich überhaupt qualifiziert in einem hochkompetitiven Herren Sprintfeld. Da können wir mit stolz erhobenem Haupt von dannen ziehen und voller Motivation den Abschluss in Lahti in Angriff nehmen, wo ja auch wieder Sprintrennen auf dem Plan stehen, wo wir uns richtig drauf freuen, vor allem auf die Teamsprints und die Einzelsprints. Da wollen wir nochmal richtig aufzeigen und es genießen, was wir erreicht haben und das eine oder andere i-Tüpfelchen noch setzen können.“

 

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