Lillehammer 2017: Überragender Klæbo und verbesserte DSV-Läufer

Letzter Anstieg in Lillehammer (NOR) © Modica/NordicFocus

Viele Lobeshymnen gab es in den letzen Tagen für Johannes Høsflot Klæbo. Die Kollegen sind beeindruckt – egal aus welcher Nation. Im deutschen Team fehlt das letzte Quäntchen, aber die Verbesserung ist klar erkennbar…

 

„Der kompletteste Läufer“

Johannes Hoesflot Klaebo (NOR) © Modica/NordicFocus

Er will nicht mit Northug verglichen werden, tut aber alles, damit man es macht. Mal geht er offensiv seinen eigenen Weg, mal macht er seine Northug-ähnliche Show und mimt den völlig Erschöpften und lässt sich zurückfallen. Oft berichtet er nach den Rennen von Situationen, wo es ihm nicht so gut gegangen wäre – für den Zuschauer sah es aber gerade in solchen Momenten so aus, als habe der Norweger alles kontrolliert und völlig unter Kontrolle gehabt (wie z.B. im Sprint). Ob er beim Skiwechsel im Skiathlon wirklich Probleme hatte oder er es absichtlich ruhig angehen ließ, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall verlor der 21-Jährige nicht die Nerven und lief der Gruppe entspannt und ohne Eile hinterher. Er lässt Konkurenten bei Attacken erst ein Stück entkommen, um sie in Sicherheit zu wiegen und setzt erst dann hinterher. Jeder ist beeindruckt von ihm – egal ob Leistungssportler oder Langlauffan. Dennoch äußerten sich inzwischen auch Sportler und Ex-Sportler wie Federico Pellegrino und Sami Jauhojärvi kritisch über das Ausnahmetalent: „Es kann unseren Sport zerstören. Bei seiner Dominanz gibt es keine Spannung mehr.“ Für den Italiener war schon im letzten Winter klar, dass es seine letzte Chance auf eine Goldmedaille sein würde. Die Entwicklung des Norwegers war ihm schon da ganz klar. Johannes Høsflot Klæbo ist das Maß aller Dinge in diesem Winter, er läuft in seiner eigenen Welt: Fünf Rennen sind absolviert, fünf Rennen gewann das norwegische Supertalent. Und dabei ist er noch nicht mal richtig in Form, wie er selbst vor einigen Tagen sagte. Er ist so überlegen, dass er seine Taktik variieren oder ausprobieren kann, was am besten funktioniert. Die Konkurrenten wissen kaum noch, was sie sagen sollen. „Er ist ein toller Skiläufer und wir können noch viel von ihm lernen“, lobte Sundby seinen Landsmann beeindruckt. Hans Christer Holund sah die Aufholjagd aus nächster Nähe: „Ich dachte, der letzte Anstieg war sehr hart und wir sind sehr weit zurückgefallen. Aber dass Johannes Martin noch eingeholt hat, ist einfach unfassbar. Ich glaube, ich habe noch nie einen so kompletten Läufer gesehen wie Johannes.“ Der 21-Jährige selbst sieht an der Situation gar nicht so etwas Besonderes: „Ich habe Sundby etwas Vorsprung gegeben, aber ich wollte nicht, dass der Abstand zu groß wird. Ich wusste, dass meine Ski sehr schnell sind. In der langen Abfahrt konnte ich mich etwas erholen und ich hatte noch einige Reserven.“ Er weiß, was er kann, ist sich aber noch nicht richtig bewusst, was für ein unglaubliches Talent er ist. Bald wird das sicher anders sein. Die Northug-typische Arroganz hat er noch nicht – und hoffentlich bleibt es auch so….

Kalla schneller als Norwegerinnen

Charlotte Kalla (SWE) © Modica/NordicFocus

Neben Klæbo ist auch Charlotte Kalla so gut in Form wie vermutlich noch nie zuvor – vielleicht mal abgesehen von ihrem Tour de Ski-Erfolg vor zehn Jahren. Seitdem ist viel passiert und fast immer waren die Norwegerinnen vorn. Aktuell kann es die inzwischen 30-jährige Schwedin mit der Konkurrenz im Nachbarland aufnehmen, ist ihnen sogar überlegen. Ob sie ihre Form bis in den Februar halten kann, vor allem wenn sie wie viele andere über den Jahreswechsel fast vier Wochen ohne richtigen Wettkampf sein wird, bleibt abzuwarten. Im Moment ist sie aber zumindest im Distanzbereich klar die stärkste Läuferin, der es offenbar gut tut, außerhalb der Nationalmannschaft zu trainieren. „Sie ist in einer anderen Liga!“, sagt Heidi Weng über sie, die sofort wusste, dass sie der Schwedin im letzten Anstieg nicht würde folgen können. Zusammen mit Kalla und Weng schaffte Ragnhild Haga den Sprung aufs Podium – wie schon in Ruka. Die Norwegerin selbst hatte trotz starkem Skatingabschnitt gar nicht mehr damit gerechnet, dass es noch klappen könnte, weil ihr Vorsprung auf die Verfolgergruppe plötzlich deutlich schrumpfte. Grund dafür war ein Stockbruch im letzten Anstieg, der ihre Hoffnungen zum Schwinden brachte. Aber nach Beruhigung und Anfeuerung durch den Trainer gab sie noch einmal Gas und schaffte es.

 

„Kleine Schritte nach vorn“

Katharina Hennig (GER), Anastasia Sedova (RUS), (l-r) © Modica/NordicFocus

Aus deutscher Sicht lieferte Katharina Hennig zwei starke Rennen ab, wurde aber leider nicht ganz für ihre Leistung belohnt. Die Bindung wollte beim Skiwechsel nicht so, wie sie wollte, und so legte die Sächsin in der Box einen unfreiwillig langen Zwischenstopp ein. Natürlich war die Enttäuschung groß – nicht nur bei ihr, sondern auch bei Trainer Torstein Drivenes: „Sie hat ein sehr starkes Rennen gemacht bis zum Skiwechsel und in der Gruppe Top15 mitgehalten, vielleicht sogar Top10. Dann hat sie etwas Probleme mit dem Skiwechsel gehabt und dort 1:15 Minuten verloren. Das ist klar, dann ist der Wettkampf vorbei für sie. Das ist richtig schade für sie, sie ist so stark gelaufen!“ Über den Sprint am Tag zuvor war die Nachwuchsläuferin aber alles andere als enttäuscht – immerhin schon das zweite Mal im Viertelfinale! „Ich will kleine Schritte machen und heute war besser als letzte Woche“, meinte sie. Ähnlich ist auch die Lage bei Steffi Böhler, auch wenn sie schon deutlich erfahrener ist. „Mit Steffi geht es nun voran im Vergleich mit letzter Woche in Ruka. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie ist nicht mehr 18 Jahre alt und braucht ein paar Wettkämpfe, bevor sie in ihr normales Niveau kommt und heute mit Platz 20 ist das ein Schritt“, so der Trainer. Es geht aufwärts – weiter so! Bei den Herren konnte Lucas Bögl ein positives Fazit ziehen, zumindest im Skaten lief es in seinem ersten Saisonrennen schon sehr gut. „Es ist eine wahnsinnig harte Strecke. Ich denke, die Platzierung ist für meinen Einstieg im Weltcup dieses Jahr in Ordnung. Am Rückstand arbeiten wir noch dran“, sagte Lucas. Am Rückstand arbeiten muss man sicher auch bei Andi Katz. Das tut der Schwarzwälder allerdings auch, denn nach seiner Schulterverletzung ist er noch nicht ganz wieder fit und muss noch einiges tun. Er zeigte einen guten Skiathlon von ganz hinten und musste sich von der letzten Startreihe erst durch das Feld pflügen.

 

Sturz verhindert Podium

Teresa Stadlober (AUT) © Modica/NordicFocus

Neben Katharina Hennig gab es auch einen weiteren Pechvogel im deutschsprachigen Raum. Teresa Stadlober war auf einem guten Weg zu ihrem ersten Weltcuppodium, aber ein „kleiner Sturz“ verhinderte diese Hoffnungen. „Ich bin noch nie so lange mit den ersten Drei mitgelaufen. Leider hat es mich auf der zweiten Runde geschmissen, das war sehr ärgerlich“, sagte Stadlober im ORF-Interview. Danach schlug sie sich weiterhin sehr gut und gab sich im Kampf mit Bjørgen oder Pärmäkoski keine Blöße. „Es war ein harter Fight bis ins Ziel“, sagte die Salzburgerin. Platz sechs war das gute Resultat. Ein Ergebnis, über das sie sich sonst sicher sehr gefreut hätte. Das Podium war so nah! Aber: „Die Saison ist ja noch lang“, meinte die 24-jährige.

 

Sorgen im norwegischen Team

Niklas Dyrhaug (NOR) gibt das Rennen nach Stockbruch wegen Rückenproblemen auf © Modica/NordicFocus

Gesundheitliche Probleme gab es bei einigen, doch zumindest Sergey Ustiugov scheint trotz seiner Knochenhautentzündung und seiner Motivationsprobleme wegen dem möglichen Olympiaausschluss aller Russen nun seine Form zu finden. Im Sprint war er wieder zurück in alter Stärke, für die lange Distanz fehlten auf den letzten Kilometern etwas die Körner. Dagegen sieht es bei einigen Norwegern gar nicht gut aus. Petter Northug musste endlich liefern, um sich einen Platz im Team zu sichern, verpasste aber das Viertelfinale im Sprint und reiste enttäuscht heim, ohne beim Skiathlon zu starten. Sein Körper reagiert zur Zeit nicht auf das Training, so dass er zumindest in Davos und Toblach definitiv nicht im Team sein wird. Ebenfalls zum Auslassen des Dreißigers entschied sich Emil Iversen. Ersatzmann Chris Andre Jespersen beendete das Rennen dann nicht, ebenso wie Didrik Tønseth, Sjur Røthe und Niklas Dyrhaug – die letzten beiden mit den schon bekannten Rückenschmerzen. Finn Hågen Krogh erreichte das Ziel mit sehr großem Rückstand und entschied sich, ausführliche Blutuntersuchungen machen zu lassen, um den Grund für die schlechte Form an diesem Wochenende zu finden. Insgesamt eine Situation, die langsam Sorgen macht im erfolgsverwöhnten Norwegen, wo viele Arrivierte ohne Form sind – obwohl es einen Klæbo gibt….

 

Weltcup in Lillehammer – alles auf einen Blick

* News der Woche:
=> Norwegische Dominanz im Sprint
=> Charlotte Kalla triumphiert im Skiathlon
=> Klæbo setzt Siegeszug im Skiathlon fort

* Ergebnisse und Weltcupstände:
=> Ergebnis Sprint KT Damen
=> Ergebnis Sprint KT Herren
=> Ergebnis 2×7,5 Kilometer Skiathlon Damen
=> Ergebnis 2×15 Kilometer Skiathlon Herren

=> Weltcupstand Damen
=> Weltcupstand Herren

* Statements:
=> Stimmen des Sprints: „Heute war besser als letzte Woche!“
=> Stimmen zum Einzelstart: Reaktionen zum Skiathlon: „Habe noch nie einen so kompletten Läufer gesehen!“

* Bildergalerien:
=> Bildergalerie Klassiksprint
=> Bildergalerie Skiathlon