Vegan, vegetarisch, Alles-Esser: Was ist die beste Ernährungsform für Sportler?

Obst Gemüse © Lupo / pixelio.de

Wir haben unsere Ernährungsexpertin Caroline Rauscher zum Top-Thema in der Ernährungsphilosophie befragt. Was ist eigentlich die beste Ernährungsform für einen Sportler und welche Vor- beziehungsweise Nachteile haben bestimmte Essgewohnheiten?

Caroline, die Entscheidung für eine Ernährungsform scheint in den letzten Jahren immer mehr von Trends beeinflusst zu werden. Wie siehst du diese Entwicklung speziell in Sportlerkreisen?

Ich beobachte schon, dass  Athleten für diese, oft teilweise auch extremen Trends, empfänglich sind.  Sportler sind aber auch Menschen die sich meist sehr bewusst mit ihrem Körper und auch mit Ernährung auseinandersetzen und deshalb sind auch viele dabei (auf jeden Fall bei den von mir betreuten Sportlern), die doch nicht einfach total blind und kritiklos jedem Trend hinterherrennen.

Wie unterscheiden sich Alles-Esser, Vegetarier und Veganer in ihren Essgewohnheiten?

Bei  Alles-Essern sieht es so aus: Diese Gruppe isst alles, also alle tierischen und pflanzlichen Lebensmittel.

Vegetarier verzichten in der Regel bei der Lebensmittelauswahl auf „alles was Augen hat“. Die meisten essen Milchprodukte und Eier, aber nicht alle.

Veganer ernähren sich ausschließlich von Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft.

Was sind die Pluspunkte der jeweiligen Ernährungsform?

Jede Ernährungsform hat Vor- und Nachteile. Werfen wir mal einen Blick auf die Vorteile:

Alles-Esser: Zum Beispiel Proteinvielfalt bei Alles-Essern

Dadurch, dass alle Sparten von Lebensmitteln verzehrt werden, ist auch das Spektrum der zugeführten Proteine groß, das heißt es ist für den Sportler einfach den Bedarf an essentiellen Aminosäuren für die Basisernährung zu decken. Für Athleten die viel und intensiv trainieren sind Proteine/Aminosäuren in der Basisernährung sehr wichtig. Ausreichend essentielle Aminosäuren, welche vom Körper nicht selber hergestellt werden können und deren Zufuhr deshalb über die Nahrung erfolgen muss,  sind in sogenannten „first-class“ oder „kompletten“ Proteinen enthalten. Das sind zum Beispiel Milchprodukte, Eier, Fisch, Fleisch.Jedoch können auch sogenannte “second class“ Proteine, die aus pflanzlichen Quellen stammen, untereinander kombiniert werden, so dass dadurch“ komplette“ Proteine entstehen und der tägliche Bedarf an essentiellen Aminosäuren so gedeckt werden kann.

In tierischen Lebensmitteln findet man zum Beispiel einen hohen Gehalt der Aminosäure Methionin. Diese benötigt der Körper um Kreatin, Carnosin und L-Carnitin herzustellen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Veganer und auch Vegetarier erniedrigte Blutspiegel an diesen Stoffen aufweisen. Kreatin, Carnosin, und L-Carnitin sind sehr wichtig für die sportliche Leistungsfähigkeit aber auch für die Gesundheit. Tierische Lebensmittel haben auch einen höheren Gehalt an bestimmten Mikronährstoffen, wie zum Beispiel Eisen, Vitamin B12, Zink, Selen, Vitamin A, DHA (Docosahexaensäure, Omega 3 Fettsäure), Jod, Vitamin D, und Taurin (Aminosäure). Das heißt aber nicht, dass keine Defizite entstehen können.

Vegetarisch/Vegan: Viele gesunde sekundäre Pflanzenstoffe, etc.

Vegetarische Diäten werden mit einer Anzahl von möglichen gesundheitlichen Vorteilen in Zusammenhang gebracht: Erniedrigtes Risiko im Bereich Herzerkrankungen, niedrigere LDL Cholesterinspiegel, niedrigerer Blutdruck, niedrigeres Typ 2 Diabetes Risiko, niedrigerer BMI, etc.

Diese möglichen gesundheitlichen Vorteile lassen sich aber nicht durch die Vermeidung von Fleisch und anderen tierischen Produkten alleine erklären. Wahrscheinlich ist der Hauptfaktor, der erhöhte Konsum von vollwertiger Pflanzenkost: Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Samen, Nüsse, Bohnen. Diese Art der Ernährung ist natürlich verknüpft mit einer erhöhten Zufuhr von wertvollen Nährstoffen, wie Ballaststoffen, Antioxidantien, Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen.

Welchen Mangelerscheinungen muss man in den drei angesprochenen Ernährungsformen vorbeugen?

Wichtig ist, dass man ganz gezielt die Nahrungsmittel auswählt und miteinander kombiniert, dass die Produkte möglichst naturbelassen, regional und saisonal sein sollten. Optimal ist natürlich Demeter Qualität. Das stellt die Basis für alle 3 Richtungen dar, was die Qualität der Lebensmittel anbelangt.

Der Alles-Esser sollte aufpassen, dass ausreichend Obst und Gemüse, also möglichst viel Buntes auf dem Speiseplan steht. Ansonsten kommt es leicht zu einer Unterversorgung mit wichtigen Mikronährstoffen und Ballaststoffen.

Bei Vegetariern und Veganern sind es vor allem die Mikronährstoffe die vermehrt in tierischen Lebensmitteln vorkommen, bei denen möglicherweise eine Unterversorgung auftreten kann (siehe oben)

Bei Veganern ist sehr wichtig, dass die Kombinationen der zugeführten pflanzlichen Proteine gut durchdacht sind. Pflanzliche Proteine sind ja sog. „second class Proteine“ und durch die intelligente Kombination verschiedener pflanzlicher Eiweißlieferanten können Defizite im Aminosäurespektrum ausgeglichen werden.

Kann man pauschal sagen, dass sich eine der Ernährungsformen für Ausdauersport nicht eignet?

Nein!

Welche Anzeichen für eine Fehlernährung sind typisch, auf die man unbedingt reagieren sollte?

Es gibt keine eindeutig typischen Anzeichen. Grundsätzlich kann man sagen, je einseitiger eine Ernährungsform ist, desto größer ist die Gefahr von Mangelerscheinungen. Das gilt übrigens für jede Ernährungsform. Regelmäßige Blutkontrollen zeigen Defizite zum Beispiel im Mikronährstoffbereich auf. Jede Ernährungsform hat ihre Vor- und Nachteile und es ist wichtig, dass der Athlet ganz klar erkennt, welche Stoffe er in welcher Phase des Trainings braucht. Essen ist nämlich Baustoff und Treibstoff für den Menschen.

Caroline RauscherUnsere Ernährungsexpertin Caroline Rauscher ist studierte Pharmazeutin mit Weiterbildung im Bereich Ernährung. Sie besitzt fundierte Kenntnisse im Bereich der Leistungsphysiologie. Ihre Kontakte zu weltweit führenden Forschern nutzt sie u.a. für eine optimale und individuelle Konzeption von Sportgetränken, für die Herstellung von Mikronährstoffen je nach Bedarf eines Sportlers sowie für das Ernährungscoaching von Profis und Amateuren. Sie betreut international erfolgreiche Winter- und Sommersportler, darunter bekannte Namen wie Tobias Angerer, Denise Herrmann, Hannes Dotzler, Andrea Henkel, Arnd Peiffer etc. www.nutritional-finetuning.com