Rückblick Langlauf Weltcup Lahti 2016: Stürze, interessante Rennen und norwegische Dominanz

Therese Johaug (NOR) © Felgenhauer/NordicFocus

Beim Langlauf Weltcup in Lahti gab es viele interessante Szenen und vor allem eine große norwegische Dominanz. Gute deutsche Ergebnisse gab es aber auch zu feiern…

Nur Jessie schafft ein Podium

Jessica Diggins (USA) © Felgenhauer/NordicFocus

Jessie Diggins war die Einzige, die im Freistilsprint einen norwegischen Dreifachsieg verhindern konnte. Dies geschah gleich in der ersten Entscheidung des Wochenendes, dem Sprintfinale der Damen. Die Amerikanerin erreichte damit das erste Sprintpodium ihrer Karriere. Dass dieser zweite Platz der einzige Einbruch in die norwegische Phalanx werden sollte, konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen. Alle anderen Podestplätze des Wochenendes gingen an Norwegerinnen und Norweger – auch Seriensieger Federico Pellegrino konnte daran nichts ändern.

Schauspieler Petter im Bummeltempo

Francesco De Fabiani (ITA), Petter Northug (NOR), Jonas Baumann (SUI) © Laiho/NordicFocus

Einen Podestplatz holte auch Petter Northug im Sprint, im Skiathlon sollte es nicht sein für ihn. Unmittelbar nach dem Skiwechsel fiel der Norweger aus der Spitzengruppe zurück und sein Laufstil sah eher nach einem Sonntagsausflug aus als nach einem Weltcuprennen. Er schlenderte eher, kam kaum noch voran und sah sich immer wieder nach hinten um. War Petter völlig blau? War ihm nach dem Stopp in der Box und dem Technikwechsel das Laktat in die Beine geschossen? Die Sache war weniger dramatisch, als es aussah. Ein ordentlicher Teil davon war mal wieder Schauspielerei, wie er später zugab. „Mein Körper hat einfach ‚Stopp!‘ gesagt, ich konnte nicht mehr mit der Gruppe mitgehen.“ So ließ er es gemütlich angehen und wartete auf die nächste Gruppe, mit der er dann später auch ins Ziel kam. „Ich sah Hellner und dachte, ich sollte ihm vielleicht etwas helfen. Er sah aus, als hätte er schwer zu kämpfen“, grinste er in einem Interview speziell für die schwedischen Medien. Helfen oder nicht – im Ziel war Hellner als Elfter fünf Plätze vor dem Norweger. „Es ist lange her, dass Marcus mich geschlagen hat, so war das schon in Ordnung. Die Schweden brauchen ihn und Calle Halfvarsson in der Weltspitze, sonst wird es in Zukunft ziemlich langweilig für die Schweden“, sagte er ernsthafter gegenüber NRK.

Nächster Sieg trotz schmerzhaftem Zusammenprall

Martin Johnsrud Sundby (NOR) © Laiho/NordicFocus

Dem einen oder anderen Zuschauer mag es während des Rennens auch aufgefallen sein: Plötzlich war Martin Johnsrud Sundby von der Spitze der Top-Gruppe verschwunden. Und nicht nur er, auch Alexander Bessmertnykh, der zwei Kurven vorher noch die 15 Bonuspunkte abgeräumt hatte, war ab diesem Zeitpunkt weit hinten in der Gruppe zu finden. Es passierte exakt bei Rennminute 15 kurz nach dem höchsten Punkt. Im Video des Rennens (zu sehen im Eurosport Player) ist im tiefverschneiten Wald nur zu erahnen, was passierte: Nach einer Kurve ging es in eine Abfahrt, in die Sundby mit viel Schwung gehen wollte. Dabei fuhr der Norweger relativ heftig auf den Russen auf. Trotz Schmerzen waren beide sofort wieder auf den Beinen und zumindest Sundby meldete sich auch schnell wieder an der Spitze zurück, während der Russe aus der Gruppe zurückfiel und mehrere Minuten verlor.

Vierfach-Sturz und harte Worte

Ruhe vor dem Sturm: Actionreiches Viertelfinale mit Martin Loewstroem Nyenget (NOR), Matias Strandvall (FIN), Johan Edin (SWE), Ola Vigen Hattestad (NOR), (l-r) © Felgenhauer/NordicFocus

Einen weiteren heftigen Sturz gab es schon im Sprint Viertelfinale und auf die Schuldfrage gab es offensichtlich mehrere Antworten: Klar war für die Zuschauer schon beim ersten Ansehen, spätestens aber in der Zeitlupe, dass Verursacher des Sturzes, der mit Martin Løwstrøm Nyenget, Ola Vigen Hattestad und Johan Edin drei Konkurrenten mit in den Schnee riss, eindeutig Matias Strandvall war. Der Finne drängelte sich in der Kurve im Stadion innen durch und drückte mit dem Arm die Gegner beiseite – doch auch Edin drückte mit seinem Arm dagegen. Der Finne ist als Sturzpilot in Sprints nicht gerade unbekannt und in diesem Fall stand er mit folgender Meinung ganz allein da: Er war das unschuldige Opfer! Das sah die Wettkampfjury aber ganz anders und sorgte mit seiner zweiten gelben Karte der Saison für die Disqualifikation. „Edin zog mich am Trikot weg“, ist Strandvalls Version. Möglich ist diese Aussage durchaus: Strandvall ist definitiv der Verursacher des ersten Sturzes, bei dem Nyenget zu Fall kam. Er und Edin stürzten allerdings zusammen mit Hattestad erst wenige Meter später. Was genau davor passierte, ist im Umschnitt der Kameras leider nicht zu erkennen. Noch während des Laufes legte Strandvall sich lautstark mit dem Schweden Johan Edin an, den er als Verursacher auserkoren hatte. Dieser gab ebenso laut kontra. Als der Finne später gefragt wurde, was er denn dem Schweden an den Kopf geworfen habe, gab er zu: „Ich habe wohl ‚Anfänger‘ und ‚Rotzlöffel‘ gesagt. Und vielleicht auch noch ein schlimmeres Wort.“ Edin erklärte später, er sei froh, kein Finnisch zu verstehen. Ein weiteres schmutziges Nachspiel gab es nach dem Rennen: Johan Edin gab ein Interview zur Situation im schwedischen Fernsehen. Strandvall ging hinter ihm entlang und deutete mit den Händen eine Pistole an, die er sich an die Schläfe setzte und „abdrückte“, was zu großem Aufruhr sowohl in den schwedischen Medien als auch im Team sorgte. „Das war völlig überflüssig!“ brüllte der Finne noch direkt in die schwedische Kamera und stürmte davon. Nationaltrainer Rikard Grip versucht nun, die Wogen zu glätten: „Es wäre schön, wenn man in normalem Tonfall noch mal drüber sprechen könnte…“

Starke Schweizer in Lahti

Nathalie von Siebenthal (SUI) © Laiho/NordicFocus

Das zweite Opfer einer Disqualifikation mit der zweiten Gelben war Jovian Hediger. Der Schweizer behinderte nach dem Start den Japaner Hiroyuki Miyazawa, als er auf gleicher Höhe laufend seinen Gegner abdrängt, statt geradeaus zu skaten. Mit den Distanzrennen konnten die Eidgenossen dagegen mehr als zufrieden sein. Jonas Baumann hielt sich lange sehr gut, bis er dann doch noch einbrach und weit zurückfiel. Dennoch war es ein starkes Rennen von ihm und seinen Teamkollegen mit drei Schweizern in den besten 30. Noch besser lief es für Nathalie von Siebenthal, die zum vierten Mal in der Saison unter die besten Zehn lief. Sie hielt bis zum Schluss in der Verfolgruppe um Østberg und Falla mit und ließ erst im Endspurt abreißen. Neben sechs Norwegerinnen und drei Finninnen war sie die einzige Nicht-Skandinavierin unter den besten Zehn.

Zufriedenheit im deutschen Team

Sandra Ringwald (GER) © Felgenhauer/NordicFocus

Obwohl Andi Katz und Sebastian Eisenlauer wegen Verletzung beziehungsweise Erkältung schon am Donnerstag wieder nach Deutschland zurückflogen, gab es einige gute Ergebnisse für das deutsche Team. Ein Top10-Platz wurde mehrfach knapp verpasst, dennoch kann die Mannschaft durchaus zufrieden mit der WM-Generalprobe sein. Allen Grund zur Freude hatte vor allem Sandra Ringwald, die schon mit ihrem Freund, dem Kombinierer Fabian Rießle, feiern konnte. Sandra verpasste ihr erstes Top10-Ergebnis in einem Distanzrennen nur hauchdünn, war darüber aber nicht enttäuscht: „Klassisch war echt richtig gut und im Skating war mein Ziel einfach dranzubleiben, weil es im Skating oft etwas zäh geht. Das ist mir ganz gut gelungen, aber ärgerlich dass die Krista am Ende noch gekommen ist.“ Auch für Hanna Kolb wäre ein einstelliger Platz oder die Finalteilnahme durchaus möglich gewesen. Leider hatte sie es etwas eilig am Start und überhörte dann auch noch das laute akkustische Signal, so dass sie unnötig Kräfte verpulverte, die kurz darauf fehlten: „Das war blau gehen in seiner höchsten Form“, meinte sie danach. Auch Jonas Dobler war nach seinen 30 Kilometern „fix und fertig“, obwohl er sich in der freien Technik und Platz 24 am Ende noch gut hielt. „Es war einfach nicht mein bester Tag. Mir geht am Ende der langen Saison ein bisschen die Kraft aus. Ich muss schauen, das ich nun ein bisschen länger durchschnaufe, damit ich zur Kanada Tour wieder etwas frischer bin“, sagte er.

Schreck am Dienstagabend

Maiken Caspersen Falla (NOR) © Felgenhauer/NordicFocus

Eine beängstigende Begegnung hatte Mitte letzter Woche Maiken Caspersen Falla im Training in Lillehammer. Beim abendlichen Laufen in den Wäldern um ihren Wohnort stand plötzlich ein großer Elch vor der kleinen Maiken. Der Schreck war mindestens so groß wie das Tier und Maiken entschied sich zum Rückzug. „Ich hatte ein schönes Training und war ganz in Gedanken. Plötzich stand da ein Elch. Ich glaube kaum, dass er mehr als einen Meter entfernt war, ich habe ihm direkt in die Augen gestarrt“ erzählte sie später. „Ich wusste, dass ich besser abhaue und lief so schnell ich konnte, aber ich hörte den Elch hinter mir und er erwischte mich mit seinen Vorderbeinen. Ich hatte richtig Angst.“ Unterwegs traf sie mehrere andere Läufer, die auch schon Kontakt mit dem angriffslustigen Elch hatten.

Streckenänderungen angedacht

Emil Joensson (SWE), Dominik Baldauf (AUT), Eirik Brandsdal (NOR), Emil Iversen (NOR), Finn Haagen Krogh (NOR), Sindre Bjoernestad Skar (NOR), (l-r) © Felgenhauer/NordicFocus

Die Strecken in Lahti unterliefen an diesem Wochenende ihren letzten großen Test vor den Weltmeisterschaften. Kritik gab es allerdings von Seiten der Athleten, speziell Maiken Caspersen Falla, am Sprintkurs. Die Strecke sei mit 3:30 Minuten Laufzeit bei 1,6 Kilometern zu lang für einen Sprint, meckerte sie, obwohl sie den Sprint für sich entschied. Für andere wie Therese Johaug könnte der Sprint ruhig noch etwas länger und schwieriger sein. Die Verantwortlichen denken nun darüber nach, was man bis zum nächsten Jahr noch ändern könnte. Die wohl einzige Möglichkeit wäre, einen Anstieg etwas abzukürzen.

News und Bilder auf einen Blick

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