Langlauf WM: Holund und zwei Teamkollegen schlagen Bolshunov über 15 Kilometer

Hans Christer Holund (NOR) © Modica/NordicFocus

Anders als erwartet heißt der Sieger im Einzelstart über 15 Kilometer im freien Stil nicht Alexander Bolshunov – drei Norweger waren bei der vierten Entscheidung der Langlauf Herren bei der Nordischen Ski WM in Oberstdorf schneller als der Russe. Neuer Weltmeister ist Hans Christer Holund, Silber ging an Simen Hegstad Krüger vor Harald Østberg Amundsen.

Drei Norweger auf dem Podium

Simen Hegstad Krueger (NOR), Hans Christer Holund (NOR), Harald Oestberg Amundsen (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Fast 16 Kilometer standen für die Herren im Einzelstart im freien Stil auf dem Programm, zu absolvieren war zunächst die rote 5km Runde, dann die blaue mit der langen Version des Burgstall und dann wieder die rote Runde mit dem kürzeren Burgstall. Als absoluter Favorit konnte nur einer gelten: Alexander Bolshunov. In der ersten Rennhälfte wurde der 24-Jährige auch seiner Favoritenrolle gerecht, dann begann er jedoch Zeit zu verlieren. Zwei Kilometer vor dem Ziel wirkte der Russe völlig erschöpft und hatte schon 41 Sekunden Rückstand auf die Spitze, fing sich aber auf dem Weg ins Stadion wieder. Eine Medaille blieb für den Skiathlon Weltmeister diesmal nicht übrig, die gingen alle nach Norwegen: Über den Titelgewinn jubelte Hans Christer Holund, der im Ziel mit 20 Sekunden Vorsprung laut jubelte. Als alle Top Athleten durch waren und der Sieg endgültig feststand, war der neue Weltmeister in Tränen aufgelöst. „Das Wichtigste war es, am Anfang die Ruhe zu bewahren. Der Kurs ist sehr schwer und darum bin ich langsam angegangen und habe in der letzten Runde alles gegeben. Die Strecke ist wohl ein bisschen zu hart für Bolshunov heute, darum hat er nicht bis zum Ende durchgehalten, die Strecke ist eher etwas für leichtere Athleten“, so Holund im ZDF. Silber ging an seinen Landsmann Simen Hegstad Krüger. Mit 35 Sekunden Rückstand auf den Sieger sicherte sich der junge Harald Østberg Amundsen etwas überraschend Bronze – trotz eines Sturzes. Der 22-Jährige war etwa einen Kilometer vor dem Ziel in einer Abfahrt zu Fall gekommen und landete beim Versuch den Sturz zu vermeiden hart auf dem Gesäß. Ohne auf seine verlorene Brille zu achten, stürmte er weiter und verlor so nur etwa zehn Sekunden, so dass es noch für den Gewinn der Medaille reichte. Später sagte er beim NRK: „Ich kann es noch gar nicht glauben, es ist einfach unrealistisch! Während des Rennens habe ich gespürt, dass ich ein gutes Rennen mache. ich habe versucht, kontrolliert anzugehen und ein gleichmäßiges Tempo anzuschlagen. Es war sehr schwierig auf der Strecke und schwierig, ein gutes Gefühl aufzubauen. Aber ich habe gemerkt, dass die Ski sehr gut sind. Ich habe es sogar geschafft, in der letzten Abfahrt zu stürzen. Dabei bin ich hart auf den Hintern gefallen.“

Zwei Russen vor zwei weiteren Norwegern

Martin Johnsrud Sundby (NOR) © Modica/NordicFocus

Für Alexander Bolshunov reichte es diesmal nur zu einem für ihn enttäuschenden vierten Platz, 43 Sekunden hinter Holund. Wie üblich bei ihm nach Enttäuschungen verweigerte er sämtliche Interviews nach dem Rennen. Im Nachhinein wäre es besser gewesen, bei den schweren Bedingungen nicht jedes Rennen zu bestreiten – aber Bolshunov hatte sich gegen Välbe durchgesetzt. Egor Sorin meinte nach dem Rennen: „Ich glaube ja nicht an Verschwörungstheorien, aber warum hat die FIS ausgerechnet heute entschieden, nicht zu salzen? Diese Strecke ist unmöglich für Athleten wie Bolshunov!“ Yuriy Borodavko meinte dagegen: „Es war klar, dass es schwer werden würde für Bolshunov. Aber in erster Linie hat er sich nicht gut von den letzten Rennen erholt, wo er kraftvoller und spritziger war.“ Die FIS erklärte nach dem Rennen, warum die Strecke diesmal nicht gesalzen wurde: “Wegen der geringen Luftfeuchtigkeit und des (heute) fehlenden Sonnenscheins gab es keinen Grund, die Strecke zu salzen, weil es bei dem trockenen Schnee nicht den gewünschten Effekt gehabt hätte“, berichtet die russusche Nachrichtenagentur TASS. Direkt hinter Bolshunov reihte sich Artem Maltsev aus der Trainingsgruppe Markus Cramer auf einem sehr guten fünften Platz ein, nachdem alle Cramer-Athleten und ihr Trainer von Elena Välbe scharf kritisiert worden waren nach ihren schlechten Leistung. „Die Trainingsgruppe Cramer ist nicht fit genug für die WM“, hieß es – zumindest Artem Maltsev bewies das Gegenteil, auch wenn es nicht zu Edelmetall reichte. Sjur Røthe wurde in seiner Paradedisziplin wie im Skiathlon Sechter und beweist damit, dass er nicht in absoluter Topform angereist ist. Ganz im Gegenteil zu Martin Johnsrud Sundby, bei dem seit seinem WM-Titel vor zwei Jahren nicht viel zusammenlief. Seit 1,5 Jahren leidet er unter starken Rückenschmerzen, die ihn immer wieder zum Aufgeben und zu Pausen zwangen. Vor einigen Wochen fand man bei erneut ausführlichen Untersuchungen endlich die Ursache: Ein Muskel im unteren Rücken, der nicht so arbeitet wie er soll und ähnlich starke Schmerzen wie bei einem Bandscheibenvorfall verursacht. Bis zu dieser Diagnose hatte der 36-Jährige gezweifelt, ob er seinen Fixplatz als Titelverteidiger überhaupt in Anspruch nehmen soll, entschied sich letztlich aber doch dafür. Heute zeigte er sich nach all der Langeweile der letzten zehn Tage („hin und wieder eine kleine Trainingseinheit, aber ansonsten war es todlangweilig, den anderen bei den Rennen zuzusehen“) in überraschend guter Form und wurde mit 55 Sekunden Rückstand Siebter, so dass alle fünf Norweger unter die besten Sieben kamen. „Es war eine sehr schwierige Saison. Ich hatte eine Verletzung nach der anderen. In manchen Rennen habe ich nicht mal das Ziel erreicht. Es war schwer, sich auf die WM vorzubereiten. Sicherlich die schwerste Zeit meiner Karriere“, sagte Sundby im russischen Fernsehen. „Heute habe ich nicht um eine Medaille gekämpft, aber ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis. Ich bin zufrieden mit mir selbst. Meine Form ist nicht perfekt, aber ich habe in den letzten drei Monaten viel gearbeitet. Ich habe immer noch Rückenprobleme. Wir werden sehen, wie es weitergeht. Aber ich gehöre noch nicht zum alten Eisen! Rücktritt? Das ist die große Frage. Aber das werde ich noch nicht jetzt entscheiden. Ich habe in meiner Karriere viel gewonnen, so dass ich nicht um siebte Plätze kämpfen will. Also abwarten…“ Jens Burman und William Poromaa schafften den Sprung unter die besten Zehn wie auch Andrew Musgrave.

Dario Cologna wird 13.

Dario Cologna (SUI) © Modica/NordicFocus

Als bester Schweizer landete der 34-jährige Dario Cologna auf Platz 13, 1:13 Minuten hinter dem Sieger. Damit war der Bündner natürlich nicht ganz zufrieden und sagte: „Ich bin nicht mehr der Jüngste, aber das Rennen war hart. Es sind harte Verhältnisse, es war die ganze Woche sehr warm und sehr tiefe Verhältnisse. Ich habe es probiert, ich war lange gut dabei, am Schluss habe ich leider ein bisschen viel Zeit verloren, aber das ganze Jahr war ein bisschen schwierig. Ich gehörte sicher nicht zu den großen Favoriten, von daher war es eigentlich okay. Aber es wäre schön, wenn das Resultat vorne besser durchmischt wäre.“ Auch sein Teamkollege Jason Rüesch schaffte noch den Sprung unter die besten 20. Beda Klee wurde guter 25., nur Roman Furger kam mit großem Rückstand als 54. ins Ziel. Der einzige Österreicher Mika Vermeulen wurde 42. und erreichte sein im Vorfeld geäußertes Ziel damit nicht: „Das 15 km Rennen in der Skating Technik zählt sicherlich zu meinem WM Höhepunkt. Spannend bleibt es, was die Temperaturen betrifft, weil es am Mittwoch sehr warm werden sollte. Ich hoffe dass es ein faires Rennen für alle wird, mit etwas Glück eine gute Startnummer, dann kann ein schönes Resultat unter Top 30 sicher herauskommen.“

Moch knapp hinter Dobler

Jonas Dobler (GER) © Modica/NordicFocus

Bei den Herren hatten die Deutschen nicht so viel Glück mit der Startnummer, allerdings wurden auch hier die Regeln verändert, so dass weniger Athleten vor Beginn der roten Gruppe an den Start gehen. Friedrich Moch startete als Vierter und war lange Zeit eine große Hoffnung auf ein sehr gutes Ergebnis. Weil er aber wie von den Trainern als Marschroute herausgegeben zügig anging, fehlten ihm die Körner für die Schlussrunde, wo er noch Plätze einbüßte. „Wir sind ein bisschen enttäuscht“, sagte Peter Schlickenrieder noch im laufenden Rennen, meinte damit aber die gesamte deutsche Mannschaft. „Der Friedrich ist sehr schnell angegangen. Das könnte sein, dass sein Tempo zu scharf war, aber das ist der Jugend geschuldet und wir wollen ja, dass sie so risikovoll angehen und sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Ich traue es ihm zu, dass er das durchbringt. Die anderen mal schocken, das ist immer gut. Wenn da ein Junger Bestzeit vorlegt, dann knabbern da die anderen erstmal dran.“ Der erst 20-Jährige sagte selbst: „Es war ein brutal harter Kampf, vor allem die letzte Runde. Ich bin ziemlich schnell losgelaufen und konnte das Tempo die ersten zwei Runden ganz gut durchhalten, aber in der letzten Runde hat es mich ein bisschen gekostet, da konnte ich das Tempo nicht mehr so ganz durchziehen. Aber ich bin trotzdem ganz zufrieden mit dem Rennen. Am Anfang war ich recht weit vorne mit dabei, aber in der letzten Runde habe ich noch ein paar Positionen verloren. Aber ich denke, das ist ein ordentliches Ergebnis. Man kann daraus lernen, dass ich in der Zukunft ein bisschen besser aufpassen muss, mir das Rennen besser einteilen muss und nicht ganz so schnell los laufen. Man kann auch mal versuchen, bei Läufern, die erst starten, noch mitzugehen in seiner zweiten und dritten Runde. Das habe ich heute auch nicht ganz geschafft, immer nur kurz. Da hat auch ein bisschen die Kraft gefehlt.“ Als 24. reihte er sich unmittelbar hinter Jonas Dobler ein, der damit knapp bester Deutscher wurde, aber nicht zufrieden war. „Es war leider nur eine durchschnittliche Leistung, mein Ziel war es mich in den Top15 zu bewegen, aber das habe ich nicht geschafft. Es war ein sehr hartes Rennen. Ich habe in der letzten Runde auch noch mal viel einstecken müssen am langen Burgstall. Aber ich kann sagen, dass ich alles gegeben habe, bis aufs Letzte“, sagte der 30-Jährige, der Mitte des Rennens etwa fünf Kilometer mit Sundby mitlaufen konnte. Warum es bei der Heim WM nicht läuft, kann er auch nicht sagen: „Ich kann es mir nicht erklären. Wir haben in den Einzel im Vorfeld schon ab und zu Leistungen gebracht, die die Top15 nicht komplett unrealistisch scheinen lassen, aber bis jetzt ist es uns nicht aufgegangen in diesen zwei Rennen.“ Der Sportliche Leiter Andreas Schlütter wollte Dobler nicht zu sehr kritisieren: „Jonas ist sicher ein bisschen über seine Verhältnisse gelaufen, als der Sundby ihn schnell eingeholt hat. Am Ende hat ihn das Körner gekostet, er hat ein bisschen Zeit verloren. Aber grundsätzlich hat der Jonas kein schlechtes Rennen gemacht.“

Notz und Bögl „15 Plätze zu weit hinten“

Florian Notz (GER) © Modica/NordicFocus

Florian Notz und Lucas Bögl belegten die Positionen 26 und 28. „Ich bin nicht zufrieden mit dem Skiathlon und dem heutigen Rennen. Das habe ich mir ein bisschen anders vorgestellt. Es sind nicht meine Bedingungen, aber ein bisschen mehr hätte ich eigentlich schon erwartet. Ich habe eigentlich lieber einen festen Schnee, wo ich gut gleiten kann“, meinte Florian Notz. Lucas Bögl sieht sich selbst als chancenlos: „Absolut bescheiden. Es waren absolut bescheidene Bedingungen. Wir sind ziemlich geschlossen hinten, das ist natürlich nicht das Ziel. Wir wollten geschlossen vorn sein. Ich persönlich bin extrem enttäuscht von mir selbst. Ich habe heute sicher nicht die beste Leistung gezeigt, aber ich habe auch von den Bedingungen gefühlt keine Chance gehabt. Es ist immer tiefer geworden von Runde zu Runde. Ich glaube, es war ein Startnummernrennen, wie es so schön heißt. Die Jury hat das Todesurteil für alle Spätstarter unterschrieben, als sie gesagt haben, dass sie nicht salzen. Dann geht die Strecke eben extrem auf und jeder, der drüber lauft, macht es tiefer. In der ersten Runde habe ich noch ein paar Stellen gefunden, die hart waren, aber in der zweiten Runde war nichts mehr zu finden.“ Peter Schlickenrieder, der die Bedingungen anfangs als fair bezeichnete und dieses später etwas relativierte, meinte: „Die Sieger sind auch weit hinten gelaufen und haben es geschafft.“ Weiter sagte er zur deutschen Leistung: „Wir sind ein bisschen enttäuscht. Beim Friedrich mit seinem scharfen Angang hatten wir auf Top15 sogar auf Top10 Ergebnis gehofft. Aber lieber so, dass er es probiert, scharf angeht und riskiert und dann dafür ein bisschen Tribut zollen muss, weil beim nächsten Mal geht es auf. Von daher würde ich sagen, dass finde ich immer gut, wenn junge Leute risikovoll angehen und was ich auch gut finde, dass alle unter den Top30 sind. Aber was mir natürlich nicht gefällt, dass Florian Notz und Lucas Bögl einfach 10, 15 Plätze zu weit hinten sind.“  Schlütter fasste das Ergebnis so zusammen: „Zufrieden kann man damit nicht sein. Wir haben im Weltcup schon gezeigt, dass wir uns weiter vorne platzieren können. Wir sind jetzt alle unter den besten 30 gewesen, das ist sicher ein kleiner Schritt nach vorne, aber sicher nicht das, was wir erreichen wollten und was die Jungs erreichen wollten.“ 

Mittelhandbruch bei Spitsov

Denis Spitsov (RUS) © Modica/NordicFocus

Sergey Ustiugov ist inzwischen in Moskau angekommen, wo er nach seinen muskulären Problemen im Bein nach Sturz in der langen Abfahrt vor zehn Tagen gründlich durchgecheckt wird. Es wird vermutet, dass er bei den russischen Meisterschaften Ende März wieder starten kann, „wenn er will“, hieß es in russischen Medien. Kennt man aber Ustiugovs immer wieder auftretende Motivationsprobleme, könnte es sei, dass er dazu keine Lust verspürt und die Saison beendet ist. Nun gibt es mit Denis Spitsov einen weiteren Verletzen: Der Skatingspezialist wollte sich im Training für das heutige Rennen über 15 Kilometer qualifizieren und stürzte aber in derselben Abfahrt wie Ustiugov. Zunächst hatte der Russe keine Beschwerden, sicherheitshalber fuhr man aber zum Röntgen nach Kempten. Die Aufnahmen zeigten einen Bruch des fünften Mittelhandknochens – bei Nepryaeva waren der dritte und vierte Mittelhandknochen betroffen. Nach Analyse der Röntgenbilder in Russland wurde entschieden, dass Spitsov am Samstag in Moskau operiert wird. Auch für ihn werden die russischen Meisterschaften als nächstes Ziel angepeilt.

Corona Fälle: Alle Italiener reisen ab

Francesco De Fabiani (ITA) zeigt Ondrej Cerny (CZE) nach einer Kollision den Vogel © Thibaut/NordicFocus

Nachdem es letzte Wochen im italienischen Skisprung Team bereits zu Corona Fällen kam, darunter Springerin Jessica Malsiner, war das italienische Team, das mit Athleten aller drei Sportarten unter einem Dach lebt, in Alarmbereitschaft. Bei weiteren Fällen würden alle abreisen, hieß es. Dieser Fall ist nun eingetreten. Zwar sind keine Athleten betroffen, aber es gibt weitere Positivfälle im Betreuerstab. Nach den Skispringern sind nun auch Nordische Kombinierer und Langläufer bereits abgereist. Heute sollte teilweise der Nachwuchs eine Chance bekommen, aber auch die Kombinierer hatten sich im Teamsprint noch eine minimale Medaillenchance ausgerechnet, dazu die Langlauf Staffeln, die auch ohne Medaillenchance ein Erlebnis für die Teams gewesen wären. Auch das zweite Hauptrennen neben dem Teamsprint mit Federico Pellegrino, der Klassik Massenstart über 50 Kilometer am Sonntag, fällt für Francesco de Fabiani nun aus: „Leider stimmen die Meldungen. Der 50er war meine größte Chance, so dass ich nun sehr enttäuscht bin“, bestätigte er gegenüber der norwegischen VG. Weitere Statements zur Abreise gibt es noch nicht. Bisher wurden im Rahmen der Nordischen Ski WM rund 15.000 Corona Tests genommen, nur etwa zehn davon fielen positiv aus.

=> Ergebnis 15 Kilometer FT Herren

 

 

Bildergalerie