Langlauf WM: Johaug holt viertes Gold über 30 Kilometer mit Rekordabstand – Gimmler Zehnte!

Therese Johaug (NOR) © Modica/NordicFocus

Mit einem historischen Vorsprung von 2:34 Minuten wurde Therese Johaug zum vierten Mal Weltmeisterin auf der Langdistanz über 30 Kilometer. Im heutigen Massenstart im klassischen Stil sammelte sie zudem ihre vierte Goldmedaille bei der Nordischen Ski WM in Oberstdorf. Silber ging an Heidi Weng, Bronze an Frida Karlsson. Laura Gimmler überraschte sich und andere als Zehnte.

Johaug Weltmeisterin in Rekordzeit

Therese Johaug (NOR) © Modica/NordicFocus

Für die Damen galt es über die 30 Kilometer im klassischen Stil bei strahlendem Sonnenschein und etwa 3°C im Schatten fünf schwere Runden über je sechs Kilometer zu absolvieren. Vier große Namen verzichteten auf einen Start: Die Gesamtweltcup Siegerin Jessie Diggins und ihre Teamkollegin Rosie Brennan, Natalia Nepryaeva und Yulia Stupak. Letztere soll dann im Engadin um den zweiten Platz im Gesamtweltcup kämpfen. Nach zwei Kilometern bildeten sich die ersten Lücken im Feld, Therese Johaug sorgte dafür, dass sich kurzzeitig eine Vierergruppe mit Ebba Andersson und Frida Karlsson sowie Heidi Weng mit einem superschnellen Ski absetzte. Nach einem kurzen Zusammenschluss riss das Feld am Burgstall erneut auseinander und Therese Johaug setzte sich allein ab, dahinter folgte eine Zweiergruppe mit Andersson und Weng. Bei der ersten Stadionpassage hatte Johaug schon einen Vorsprung von 16 Sekunden auf die Verfolgerinnen. Auf den nächsten Runden baute sie ihrem Vorsprung auf die fünfköpfige Verfolgergruppe immer weiter aus und wechselte nach drei von fünf Runden die Ski, 1:50 Minuten vor den Verfolgerinnen, die ebenfalls auf neues Material wechselten. Allein gegen die Zeit vergrößerte die Norwegerin ihren Vorsprung in der letzten Runde auf bis zu drei Minuten, auf den letzten drei Kilometern ließ dann sogar sie es ruhiger angehen und gewann ihren insgesamt 14. WM Titel mit 2:34 Minuten Vorsprung – seit einem Jahrzehnt ist Norwegen in dieser Disziplin nun ungeschlagen. Unterwegs hatte sie sogar noch Luft zum Singen: Bei Kilometer 27,8 feuerte Lotta Udnes Weng  an der Strecke an und spielte über Lautsprecher das norwegisches Partylied „Det går likar no“ ab, so dass Johaug einfach mitsingen musste. 

Weng gewinnt Silber, Karlsson Bronze

Frida Karlsson (SWE), Ebba Andersson (SWE), Heidi Weng (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Hinter Johaug bildete sich Beginn der zweiten Runde eine fünfköpfige Gruppe mit Andersson, Karlsson, Weng, Stadlober und Hennig, die einige Kilometer zusammenblieb, bis Hennig Ende der dritten Runde zurückfiel. Nachdem alle die Ski gewechselt hatten gab es in der Abfahrt vom Freibergsee einen von Ebba Andersson ausgelösten Sturz, bei dem sie auch Karlsson und Weng mit zu Boden riss. Teresa Stadlober konnte als einzige Athletin reagieren und lag bei der nächsten Zwischenzeit am Lickert Anstieg 20 Sekunden vor dem Trio. Bis ins Stadion hatten die anderen den Anschluss jedoch wieder hergestellt, was das Trio jedoch sicherlich Kräfte gekostet hatte. Gemeinsam gingen sie also auf die letzten Runde mit dem schweren Anstieg am Burgstall, erst danach in der Abfahrt auf Höhe Golfplatz war für Teresa Stadlober der Kampf um die Medaillen vorüber, als sie in dem ausgefahrenen Schnee einen Sturz nur knapp vermeiden konnte. Auch in den weiteren Kurven wirkte sie unsicher und konnte nicht wieder zu dem Trio aufschließen. Im Omega vor dem letzten Anstieg zum Egli Hügel führte Andersson vor ihrer Teamkollegin, aber Heidi Weng ging in der Kurve innen vorbei und attackierte in den Anstieg hinein. Dieser Antritt brachte ihr kurz darauf die Silbermedaille. „Ich hatte mir vorgenommen, am letzten Anstieg vorne zu sein. Nach unserem Sturz hatte ich aber sehr steife Beine, das ging aber wieder weg. Vom Sturz habe ich Abschürfungen, aber das ist nicht schlimm. Es tut mir leid um Ebba, Frida und ich sind auf sie drauf gefallen. Aber es hat niemand Schuld“, sagte Weng bei NRK und TV2. Im Kampf der Schwedinnen um Bronze setzte sich erwartungsgemäß wie in den letzten Distanzrennen die bessere Sprinterin Frida Karlsson durch. In der letzten Kurve ging sie außen an Andersson vorbei, ließ ihr aber in der Kurve kaum Platz zum Umtreten, so dass sie deutlich mehr Geschwindigkeit mitnahm und noch nah an Weng herankam.

Karlsson bei Sturz verletzt

Frida Karlsson (SWE) hat Schmerzen nach dem Sturz © Modica/NordicFocus

Nach dem Rennen wurde bekannt, dass sie sich diese Bronzemedaille unter großen Schmerzen gesichert hatte. Seit dem Sturz in Runde vier, bei dem sie auf ihren linken Arm fiel. Im Ziel klagte sie sofort über starke Schmerzen, einen geschwollenen Arm und eingeschränkte Beweglichkeit. „Es tat die ganze Zeit weh, aber ich habe nur an die Medaille gedacht. Erst im Ziel hatte ich große Schmerzen“, sagte sie in einem ersten Statement. Karlsson wurde zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht. Wenig später gab Team Arzt Anders Englund Entwarnung: „Frida ist vom Röntgen zurück, ihr geht es gut. Die Bilder zeigen keine Fraktur. Dennoch wird sie die Schwellung in nächsten Tagen beim Skilaufen behindern.“

Stadlober gute Fünfte

Teresa Stadlober (AUT) © Modica/NordicFocus

Teresa Stadlober, nach dem Sturz für einige Kilometer auf Silberkurs, wurde gute Fünfte bei ihrem Highlight der WM. „Ich hatte gute Rennen, meine Form gut. Ich bin mit meinen Ergebnissen sehr zufrieden und freue mich auf das Rennen. Es werden harte 30km, aber dieses Rennen ist mein Highlight der WM. Die Strecke ist sehr hart, alle sind sehr müde und wir werden alle Energien brauchen, um das Rennen zu absolvieren“, sagte sie vor dem Rennen bei Eurosport. 45 Sekunden später kamen die nächsten Athletinnen ins Ziel. Anne Kjersti Kalvå, eine Cousine von Mart Bjørgen, wurde sehr gute Sechste vor Tiril Udnes Weng. Krista Pärmäkoski, die sich lange erfolglos zwischen der ersten und zweiten Gruppe bewegt hatte, erreichte als Achte das Ziel vor Tatiana Sorina, die von Anfang an Probleme mit dem Ski hatte, aber nicht wusste, auf welches Paar sie wechseln sollte. „Nach all den Emotionen nach der Damen Staffel gab es keine wirkliche Motivation, heute um Medaillen zu kämpfen“, so Yuriy Borodavko. 

Hennig lässt abreißen und stürzt

Katharina Hennig (GER) völlig erschöpft © Modica/NordicFocus

Nachdem Katharina Hennig und Teresa Stadlober ab Kilometer drei am ersten Burgstall zusammen mit Frida Karlsson die zweite Verfolgergruppe gebildet hatten und sich im WM Anstieg zu Beginn der zweiten Runde mit Weng und Andersson zur ersten Verfolgergruppe Johaugs zusammenschlossen, konnte Katharina Hennig zur Halbzeit des Rennens das Tempo nicht mehr mitgehen. Nach Erreichen des höchsten Punktes auf Runde drei verlor sie nach kurzer Abfahrt am Ponikvar Anstieg den Anschluss an die Weggefährtinnen, nachdem vorher keine Probleme an ihrem Laufstil ersichtlich waren. Auf dem Weg ins Stadion nahm sie erneut einen Schluck der gereichten Verpflegung und lag nach drei Runden und Skiwechsel 13 Sekunden hinter der Gruppe. Allein in der nächsten Runde verlor sie jedoch weiter Zeit und die Gruppe hinter ihr kam immer näher. „Katha schaut eigentlich ganz okay aus“, meinte Peter Schlickenrieder. „Die Taktik muss jetzt sein, Kräfte zu sparen in dieser Gruppe und dann in der letzten Runde nochmal zu attackieren.“ Nachdem die Gruppe die Sächsin eingeholt hatte, musste sie auch hier um Anschluss kämpfen und wurde dann auch noch in einen Sturz von Yana Kirpichenko in der Abfahrt am Golfplatz verwickelt, dem sie nicht mehr ausweichen konnte (Kirpichenko stürzte in Runde fünf erneut dort). Dadurch verloren beide den Anschluss an die Gruppe, so dass mehr als Platz zehn nach vier von fünf Runde nicht mehr möglich schien. In der letzten Runde verlor sie jedoch noch viel Zeit, so dass sie das Rennen mit einer weiteren Enttäuschung auf Platz 18 beendete. „Ich habe mir das natürlich anders vorgestellt: Im Allgemeinen natürlich die WM, mal ganz abgesehen von der Staffel, dem vermurksten Skiathlon, habe ich mir natürlich viel vorgenommen für heute, wollte nochmal zeigen, was in mir steckt. Ich bin natürlich auch voll Risiko gegangen, bin in der Spitzengruppe mitgegangen und dann hat einfach mein Körper nicht mehr mitgespielt. Dann kommt einfach alles irgendwann zusammen. Es ist einfach wie wenn ein Schalter umgelegt wird, dann macht die Muskulatur einfach komplett zu und dann läufst du einfach, als hättest du keine Kraft mehr. Dann kam noch der Sturz dazu und dann kommt natürlich eins zum anderen. Klar, vielleicht lag auch eine Menge Druck auf mir, von mir selber produziert oder vielleicht auch allgemein hohe Erwartungen und dann kehrt sich das auch ins Gegenteil um“, so Katharina Hennig. Dennoch denkt 24-Jährige auch positiv an die Heim WM zurück: „Das Wetter bei dieser WM war natürlich toll, im Allgemeinen die schöne Stimmung und vor allem die Staffel hat mir Riesen Spaß gemacht, mit dem Team zusammen, das war eigentlich der schönste Tag in den zwei Wochen und da werde ich Mut draus mitnehmen. Ich habe jetzt versagt zur WM und dafür standen dann andere Mädels parat, wie mit der Laura heute, die ist befreit an das Rennen rangegangen und hat einfach mal gezeigt, was in ihr steckt. Das ist das Wichtigste in einem guten Team.“

Erstklassiger Premieren 30er von Gimmler

Laura Gimmler (GER) © Modica/NordicFocus

Lokalmatadorin Laura Gimmler ging den ersten 30er ihres Lebens verständlicherweise sehr vorsichtig an. Zunächst war sie zusammen mit den anderen beiden Deutschen Pia Fink und Sofie Krehl unterwegs, die auch beim Start in ihrem direkten Umfeld durch die Weltcup Platzierung waren. Nach dem gemeinsamen Skiwechsel nach Runde drei begann sie aber, sich von ihnen zu lösen. Zu diesem Zeitpunkt lag sie an 20. Stelle, 90 Sekunden hinter Katharina Hennig. Eine Runde später hatte sie schon mehr als eine Minute auf die zurückfallende Teamkollegin aufgeholt und schloss am Lickert Anstieg, 3,5 Kilometer vor dem Ziel zu ihr auf. Nach und nach sammelte sie weitere Athletinnen vor ihr ein und begegnete zum Schluss noch der 40-jährigen Klassik Spezialistin Masako Ishida, der sie am Egli Hügel den Vortritt ließ. In der Abfahrt und der letzten Kurve zog sie aber an der Japanerin vor bei und gewann den Zielsprint um Platz zehn – wie im Sprint. Nach dem Wettkampf war sie ziemlich sprachlos nach ihrer tollen Leistung: „Keine Ahnung, ich bin total sprachlos. Ich hatte so Respekt vor dem Lauf und ich habe es mir irgendwie gut eingeteilt, ich muss es erstmal sacken lassen. Ich habe immer vor mir wieder ein paar eingesammelt, das hat mich natürlich total angespornt. Ich war die ganze Zeit auch nicht sicher, ob mir das Tempo noch einen Tick zu langsam ist, dann dachte ich mir, es kommen noch etwa 30 Anstiege und die anderen wissen, was sie hier machen. Wahrscheinlich war das genau richtig und ich habe viel getrunken, ich habe echt auf alle geachtet, was man mir gesagt hat. Irgendwie ist es gut aufgegangen.“

Krehl und Fink auf 22 und 24, Fähndrich 38.

Sofie Krehl (GER), Pia Fink (GER), (l-r) © Modica/NordicFocus

Nachdem Laura Gimmler sich nach nach dem Skiwechsel nach vorne abgesetzt hatte, blieben Sofie Krehl und Pia Fink bis zur vor Schluss zusammen. Nach dem letzten Burgstall gingen Pia Fink, die schon einige Kilometer in dieser Woche in den Beinen hat, die Kräfte aus, so dass beide im Ziel 20 Sekunden trennten. „Es war mein erster 30er auf der großen Bühne. Es war wie erwartet sehr, sehr hart, aber ich habe es teilweise auch ein bisschen genießen können und bin sehr zufrieden, so ein Ende der WM zu haben. Ich bin sehr gelassen in das Rennen rein, hatte selbst nicht allzu große Ansprüche und bin deswegen sehr zufrieden“, freute sich Sofie Krehl über Platz 22. Pia Fink erklärte nach dem letzten WM Rennen der Damen: „Es war ein richtig, richtig hartes Rennen. Ich habe versucht, die Kräfte einzuteilen, weil es fünf schwere Runden sind und ich wusste, dass es zum Schluss nochmal richtig hart wird, vor allem weil die Strecke dann doch immer langsamer wird. Ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen, am Anfang meine Kräfte zu sparen, aber zum Schluss habe ich dann doch gemerkt, dass es diese Woche nicht mein erstes Distanzrennen war und dass ich doch schon einige Kilometer in den Beinen habe. Da habe ich dann ein bisschen die Kräfte verloren.“ Die einzige Schweizerin Nadine Fähndrich war von Anfang an hinter den deutschen Damen platziert und wurde schließlich 38. Charlotte Kalla beendete den Wettkampf in der zweiten Runde am Burgstall vorzeitig. Die Schwedin hatte die letzte Zwischenzeit am Licker Anstieg als 34. mit 2:12 Minuten Rückstand passiert. „Ich musste aufgeben. Das habe ich noch nie in meiner Karriere getan, aber ich habe gemerkt, das es heute das einzig Richtige ist. Donnerstag Nacht reagierte mein Magen auf die völlige Erschöpfung nach der Damen Staffel. Sowas habe ich noch nie erlebt“, sagte sie bei SVT und fügte hinzu: „Meine Form vor der WM war nicht optimal. Es war ein Rennen gegen die Zeit und das ist die einzige Erklärung, die ich dafür habe, dass mein Magen so reagiert hat, wie er reagiert hat. Es war nur eine kurze Zeit, in der ich viele Rennen gelaufen bin. Es war eine 50/50 Entscheidung, als ich heute aufwachte, ob ich starte oder nicht.“

=> Ergebnis 30 Kilometer KT Massenstart

Bye, bye, Sadie…

Johanna Matintalo (FIN), Sadie Maubet Bjornsen (USA), Emma Ribom (SWE), (l-r) © Modica/NordicFocus

Für Sadie Maubet Bjorsen waren die heutigen 30 Kilometer, die sie als 15. beendete, das letzte Rennen ihrer Profi Karriere. Das gab sie am Donnerstag nach der Damen Staffel bekannt. „Letzten Sommer habe ich lange überlegt, ob ich meine Karriere fortsetzen oder beenden soll. Aber ich hatte ein letztes großes Ziel – nicht nur für mich, sondern auch auch für das Team, das mich gelehrt hat, nicht nur große, sondern sogar die größten Ziele zu haben. Dieses Ziel war eine Medaille bei Olympischen Spielen oder einer WM über 4×5 Kilometer. Wir haben das Podium heute um weniger als eine Sekunde verpasst, dennoch war es das wert, ein letztes Mal Herz und Seele in dieses Rennen mit diesen mutigen, hartnäckigen und großartigen Team“, schreibt sie auf Instagram. Diesen großen Traum konnte sie nicht mehr verwirklichen, so dass sie nun mit dem längsten Rennen der Langlauf Damen, den 30 Kilometern, ihre sportliche Laufbahn beendet, nachdem sie schon im Sommer dem Studium den Vorzug vor dem Training gab. „Obwohl es mir im Herzen weh tut, werden die 30 Kilometer am Samstag mein letztes Rennen als Profisportlerin sein. Es gibt keine schönere Ehrenrunde, als ganze 30 Kilometer dort hinaus zu gehen und zu leiden, dann habe ich jahrelang Zeit, um mich von der Anstrengung zu erholen.“

 

 

 

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