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10. Auflage der Tour de Ski: Ein Blick zurück

Martin Johnsrud Sundby (NOR) und Therese Johaug (NOR) gewinnen Tour de Ski 2016 © NordicFocus/xc-ski.de

Die zehnte Tour de Ski im Rahmen des Langlauf Weltcups ist nach acht anstrengenden Wettkampftagen mit den Siegen von Therese Johaug und Martin Johnsrud Sundby zu Ende gegangen. xc-ski.de wirft noch einmal einen Blick zurück auf die letzten zehn Tage.

Johaug siegt dank gnädiger Jury

Therese Johaug (NOR) © Felgenhauer/NordicFocus

Therese Johaug hat die Tour de Ski mit deutlichem Vorsprung für sich entschieden. Ein Sieg, der allerdings auch für Diskussionen in den letzten zehn Tagen sorgte: Hätte die Jury die absolute Tour-Favoritin genauso behandelt wie alle anderen, wäre es noch einmal richtig eng geworden an der Alpe Cermis. Ursache sind einige Skatingschritte zu Beginn des Finals im Klassiksprint in Oberstdorf – andere Sportler erhielten wegen desselben Vergehens eine gelbe Karte, Niklas Dyrhaug wurde wegen der zweiten Gelben in der laufenden Saison sogar auf den 30. Platz zurückgestuft. Auch für seine Teamkollegin wäre es die zweite Verwarnung gewesen, nach langen Diskussionen im Juryraum mit Therese ließ man die Norwegerin jedoch unbestraft. Wegen ihrer Lage in der Gesamtwertung hatte in ihrem Fall eine dreiminütige Zeitstrafe im Raum gestanden. Damit wäre sie weit ins Hintertreffen geraten und hätte an der Alpe Cermis vom ersten bis zum letzten Meter alles geben müssen. Mehrere Langlaufkollegen, auch aus dem eigenen Team, äußerten sich in den Tagen nach dem Oberstdorfer Sprint kritisch zur gnädigen Juryentscheidung. Noch dazu, weil sich diese Situation leicht hätte vermeiden lassen: Die Norwegerin hätte nur vor der Tour de Ski bewusst die zweite gelbe Karte kassieren müssen – auch in einem FIS-Rennen! Insgesamt war Therese Johaug nicht so dominant wie erwartet: Im Massenstart auf der vorletzten Etappe riskierte sie alles und nahm als einzige der Top-Läuferinnen einen NoWax-Ski, der sich als die falsche Entscheidung entpuppte. Auch sonst hatte sie unerwart große Konkurrenz – in fünf der acht Etappen war Ingvild Flugstad Østberg besser platziert als sie.

Sundby wird nach Tour-Sieg überrascht

Martin Johnsrud Sundby (NOR) erwartet Finn Haagen Krogh (NOR) © Felgenhauer/NordicFocus

Martin Johnsrud Sundby lief ebenfalls mit deutlichen Vorsprung über die Ziellinie an der Alpe Cermis. Mit Ausnahme eines schwarzen Tages leistete er sich keine weiteren Schwächen und dominierte so die gesamte Tour de Ski. So konnte er mit dem größten Vorsprung aller zehn Tour de Ski-Austragungen in den Final Climb gehen und es zumindest im letzten Drittel ruhig angehen lassen. Im Ziel jubelte er und ließ sich feiern, bis er plötzlich seinen Namen hörte – es war seine Frau Marieke, die überraschend angereist war: „Das war die Überraschung des Tages. Ich habe jemanden rufen hören und habe die Stimme erkannt“, meinte der glückliche Sieger später gegenüber dem norwegischen Fernsehen.

Vier neue Sieger während der Tour

Sophie Caldwell (USA) mit den Eltern ihres Freundes Simi Hamilton (USA) © Felgenhauer/NordicFocus

Wer vorher gedacht hatte, die Etappensiege würden vielleicht mit Ausnahme des Freistilsprints alle an Norweger gehen, durfte sich eines Besseren belehren lassen. Die Tour de Ski 2016 brachte sogar vier Athleten hervor, die dort ihren ersten Weltcupsieg feiern konnten – zwei davon kamen aus den USA. Los ging es mit Sophie Caldwell, die im Oberstdorfer Sprint triumphierte und es selbst nicht glauben konnte, bis Ida Ingemarsdotter ihr ein „You have won“ zurief. Die Freude war groß, die neben den Teamkolleginnen und anderen Sportlern auch die Eltern ihres Freundes im Zielraum mit ihr teilten. Simi Hamilton selbst konnte den Triumph nur krank vor dem Fernseher mitverfolgen. Wenige Tage später setzte Jessie Diggins mit ihrem ersten Weltcupsieg noch einen drauf – erneut ein Freudentag für den US-Skiverband und die wild herumhüpfende Jessie. Nur eine hatte wieder mit den Tränen zu kämpfen: Die immer sehr nah am Wasser gebaute Heidi Weng. Sie verpasste zweimal ihren ersten Weltcupsieg knapp, geschlagen jeweils von den US-Girls. Nach knapp 30 Podestplätzen war ihre Zeit dann endlich auf der siebten Etappe gekommen und die Norwegerin konnte ihren ersten Triumph feiern. Schon zuvor hatte sich ihr Ex-Freund Emil Iversen zum ersten Mal in die Siegerliste eines Weltcups eintragen lassen – wie Sophie Caldwell beim Sprint in Oberstdorf.  Bei der Tour de Ski 2016 waren die Klassikspezialisten eindeutig im Vorteil. Manche bemerkten das erst im Laufe der Tour, denn auf den ersten Blick waren die Etappen mit viermal Klassik und viermal Skating gut verteilt. Sieht man sich aber die Distanzen an, wurde klar, dass Klassiker in diesem Jahr klar bevorteilt wurden. Nicht nur, was die Kilometer betrifft – auch um die Bonussekunden während des Rennens wurde deutlich öfter im klassischen Stil gesprintet.

10 Jahre Tour de Ski mit Northug und Böhler

Petter Northug (NOR) © Felgenhauer/NordicFocus

Zehn Jahre Tour de Ski – Zeit, ein wenig zurückzublicken… Die Tour de Ski, ursprünglich eine Schnapsidee von Jürg Capol und Vegard Ulvang, die in Anlehnung an die Tour de France im Radsport so etwas auch für die Langläufer planen wollten. Nur wie die Tour am Ende noch einmal zu einer richtigen Herausforderung machen? Als Lösung wurde der Skihang zur Mittelstation der Alpe Cermis im Fleimstal ins Auge gefasst und schließlich fixiert. Wie das wirklich ablaufen sollte, wurde erst in der Nacht vor der Schlussetappe endgültig festgelegt. Maßgeblich daran beteiligt war der damalige DSV-Bundestrainer Jochen Behle, der am Abend noch einmal kritische Fragen an die beiden Erfinder stellte: Sollten die Athleten wirklich, wie es geplant war, mit Fellen unter dem Ski den Hang gerade hinaufstapfen? Schließlich überdachten Capol und Ulvang ihre Planung noch einmal, gelaufen wurde am nächsten Tag in den gewohnten Serpentinen und mit normalen Ski. Nur wenige Sportler waren schon bei der ersten Auflage am Start und sind es auch danach in jeder Saison gewesen: Bei den Damen ist Steffi Böhler die einzige Sportlerin, die immer zur Tour de Ski antrat, bei den Herren beendete Petter Northug sogar zehnmal die Tour de Ski an der Alpe Cermis – davon sechsmal auf dem Podium. Northug hat fast 30 Etappensiege auf seinem Konto, in diesem Jahr gewann er zum ersten Mal seit der ersten Austragung keine Etappe.

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Letzte Tour de Ski für Rekordgewinnerin Kowalczyk

Justyna Kowalczyk (POL) überglücklich: Alpe Cermis erreicht! © Felgenhauer/NordicFocus

Nach wie vor hält Justyna Kowalczyk den Rekord der bisher meisten Tour de Ski-Gesamtsiege: Viermal war die Polin erfolgreich. Gestern im Ziel der Alpe Cermis strahlte sie jedoch so sehr, als hätte sie die Tour der Leiden zum fünften Mal gewonnen. Nach ihrem Kollaps im letzten Jahr war es für Justyna das Wichtigste, die Ziellinie aus eigener Kraft zu erreichen. Das ist ihr gelungen und damit setzte sie einen Schlussstrich unter ihre Tour de Ski-Karriere. „Das wird meine letzte Tour de Ski werden“, sagte sie vor dem Start in der Lenzerheide im polnischen Fernsehen. Ob das damit auch das Ende ihrer Weltcupkarriere bedeutet, ließ sie offen. Allerdings lieferte sie auch gleich den Grund für ihre Formschwäche mit. „Ich habe das Gefühl, ich habe zu viel trainiert. Ich bin über eine Grenze gekommen“, sagte die 32-Jährige, die zudem seit Mitte November mit einigen Krankheiten kämpfte. „Sonst hatte ich immer ein Ziel vor der Tour. Nun kann ich an sowas gar nicht denken“, sagte sie in der Lenzerheide.

Andi Katz: Ohne Förderung, aber mit viel Kampfgeist zum Tour-Finisher

Andreas Katz (GER) © Felgenhauer/NordicFocus

Keine finanzielle Unterstützung, Training in Eigenregie – sind das Voraussetzungen, um es zur Tour de Ski zu schaffen und dort als bester Deutscher nur knapp hinter den Top-15 abzuschließen? Eigentlich nicht. Andi Katz hat sich lange allein durchgekämpft, nach seiner Medaille bei den U23-Weltmeisterschaften 2010 kam nicht mehr viel. Der richtige Durchbruch blieb bei den sporadischen Weltcupeinsätzen aus. So flog er letztes Jahr aus allen Kadern, aufhören oder weitermachen war die Frage. Aber Langlauf ist sein Leben und seine Leidenschaft und so musste sich der Schwarzwälder, der seit vielen Jahren in Bayern lebt und trainiert, allein durchkämpfen. Jedes Trainingslager über den Sommer finanzierte und organisierte er selbst, trainierte oft mit den Schweizern oder mit Tobias Angerer. Seit Anfang Dezember und dem Weltcup in Lillehammer hat sich das geändert – er ist wieder im Team. Eine Katze fällt eben sprichwörtlich immer wieder auf die Füße. Andi Katz machte dies in Form von erstklassigen Ergebnissen im Laufe der Saison und vor allem der Tour de Ski. Dass er dabei für die gesamte zehntägige Strapaze nur einen Laufanzug vom DSV zu Verfügung hatte, ist ein weiteres Indiz für fehlende Unterstützung seitens des Deutschen Skiverbandes. Ein Problem, das die Schweizer kurzfristig anlässlich seines 28. Geburtstags mit einem „Black Panther“-Laufanzug lösten, nun hat der Baiersbronner zumindest für Trainingstage ein Lauf-Outfit zum Wechseln. Vielleicht führen seine Erfolge ja auch nun zum Umdenken beim DSV. „Ich freu mich einfach riesig, dass es funktioniert hat und das war saugeil. Ich habe extrem viel investiert und es ist schön, wenn es dann aufgeht. Ich will einfach oben ankommen auf der Alpe Cermis und dann am Montag im Bett liegen und ausruhen“, sagte Andi Katz noch vor einigen Tagen nach seinem achten Platz in Oberstdorf. Nun, die Pause hat er sich nun auf jeden Fall verdient…

Deutschland Dritter in der Teamwertung

Stefanie Boehler (GER) © Felgenhauer/NordicFocus

Neben den üblichen Wertungen gab es auch in diesem Jahr eine Teamwertung. In die Statistik gingen die Zeiten der jeweils besten zwei Damen und Herren einer Nation auf jeder Etappe ein. Gewertet wurden sieben Nationen, die mindestens zwei Damen und Herren an der Alpe Cermis ins Ziel brachten. Über den Sieger dieser Wertung muss man nicht groß nachdenken: Norwegen dominierte alle Etappen und gewann die Teamwertung wenig überraschend mit 36 Minuten Vorsprung vor Finnland. Über Rang drei konnte sich etwa drei Minuten dahinter das deutsche Team freuen, rund 30 Sekunden vor Russland und noch vor Schweden. In der Tour de Ski gab es aus deutscher Sicht viele positive Ergebnisse, vor allem Andreas Katz überraschte auf ganzer Linie. Seine Highlights waren der achte Platz in Oberstdorf und der 20. Platz im Sprint, das negativste Erlebnis sicher sein erster Aufstieg zur Alpe Cermis und die körperlichen Beschwerden im Final Climb und danach im Ziel, die man ihm auch Minuten später im Interview noch ansehen konnte. Dennoch steht am Ende ein beachtlicher 16. Platz in seiner Vita, noch vor Jonas Dobler, der wie im letzten Jahr auf Rang 17 landete. Bei den Damen wurde Steffi Böhler bei ihrem zehnten Tour-Start ebenfalls 16. – zwar nicht so weit vorn platziert wie im letzten Winter, aber dennoch ein gutes Ergebnis. Mit Sandra Ringwald, Denise Herrmann und Monique Siegel kamen drei weitere Damen unter die besten 30. Doch nicht nur in der Gesamtwertung gab es gute Resultate, auch einzelne Ergebnisse sind sehr positiv hervorzuheben wie zum Beispiel die Sprintergebnisse von Sebastian Eisenlauer, Sandra Ringwald und Hanna Kolb.

Gute Tour für Schweiz und Österreich

Teresa Stadlober (AUT) © Felgenhauer/NordicFocus

Ähnlich wie im deutschen Team konnte man auch in der Schweiz und in Österreich sehr zufrieden mit der diesjährigen Tour de Ski sein. Teresa Stadlober lieferte in allen Distanzrennen erstklassige Ergebnisse um Platz zehn ab und büßte nur in den Sprints deutlich ein. Umso ärgerlicher sind die zehn Sekunden, die nur zum Erreichen des zehnten Platzes nach dem Final Climb fehlten. In der Schweiz hatte man sich viel von Dario Cologna versprochen, der sich aber zu Beginn der Tour vor heimischem Publikum zwei schwache Tage leistete und in der Gesamtwertung nicht mehr mitreden konnte, obwohl er danach einige gute Rennen zeigte. Seine Tour de Ski endete nach dem Massenstart im Val di Fiemme, wo er sich im Wettkampf eine höhergradige Zerrung im tiefen Wadenmuskel zuzog und sich die letzten fünf Kilometer meist im Doppelstockschub ins Ziel kämpfte. Dennoch musste er die Tour de Ski beenden, drei Wochen Trainingspause stehen ihm nun bevor. Seine Teamkollegen konnten einige gute Ergebnisse abliefern, darunter die Sprinter und Jonas Baumann sowie Toni Livers.

Weitere Informationen zum Nachlesen:

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=> Die Qual des Final Climbs Video

 

 

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