Nordische Ski-WM Seefeld: Holund Weltmeister in taktischem 50km-Rennen - xc-ski.de Langlauf

Nordische Ski-WM Seefeld: Holund Weltmeister in taktischem 50km-Rennen

Hans Christer Holund (NOR) © Modica/NordicFocus

Hans Christer Holund holte sich bei seinem ersten Start in Seefeld als Solist die Goldmedaille im Massenstart über 50 Kilometer im freien Stil. Silber ging an Alexander Bolshunov, Bronze an Sjur Røthe, der sich im Zielsprint gegen Martin Johnsrud Sundby durchsetzte.

Attacke nach 20 Kilometern

Hans Christer Holund (NOR) © Modica/NordicFocus

Bei knapp zehn Grad über Null, zunächst Wolken, dann aber mit viel Sonne, ging das letzte Rennen der Weltmeisterschaften eher gemächlich los, die Strecke war vor dem letzten Wettkampf gesalzen worden, um sie zumindest etwas härter zu machen. Nach der ersten 8,3 Kilometer langen Runde, bestehend aus 3,75 Kilometer des roten Kurses und 4,6 Kilometer des blauen Kurses, wurde das Tempo kurzzeitig erhöht, insgesamt blieb es aber so moderat, dass nach zwei Runden und 16,6 gelaufenen Kilometern immer noch fast 50 Athleten zusammen waren. Norweger und Russen zeigten sich immer ganz vorne, teilweise auch der eine oder andere Franzose – aber auch Dario Cologna, Andi Katz und in der zweiten Runde Lucas Bögl waren weit vorne dabei. Nachdem nach 20,35 Kilometern die gesamte Hauptgruppe zum ersten Mal die Ski wechselte, attackierte Hans Christer Holund im langen Anstieg nach dem Stadion und setzte sich ab. Nun war es an den anderen Nationen zu reagieren, und die anderen Norweger reihten sich in Beobachtungsposition ein. Hinten war man sich nicht einig und das Tempo war nicht hoch genug, vorn setzte sich Holund mit kraftvollen Schritten und Doppelstockschüben immer weiter ab – und der Vorsprung wuchs und wuchs. „Das ist definitiv Teamorder: Kein Norweger hat angegriffen, Sundby würde sicher auch gerne gewinnen, aber sie haben sich wohl verständigt – Holund ist der Frischeste, geht im 50er die Geschichte an und wenn er attackiert, attackiert kein Norweger“, meinte Peter Schlickenrieder zur Rennsituation nach der Hälfte der Distanz. „Bei den Norweger geht das ja schon mal auf, das ist bei den Norwegern eine bewährte Taktik, die sie hier anwenden. Eine Minute ist schon ein Stück, aber andererseits sind es noch 30 Kilometer und ein 50er wird immer zwischen Kilometer 40 und 45 entschieden. Da trennt sich die Spreu vom Weizen und von daher hat er das Rennen noch nicht nach Hause gelaufen.“ Auch Markus Cramer als Trainer der Russen wurde langsam unruhig und skeptisch: „Das kennen wir von den Norwegern, das haben sie letztes Jahr im Skiathlon auch so gemacht. Aber ich bin überrascht, dass keiner reagiert, denn über eine Minute ist schon ordentlich. Ich hoffe, sie kommen noch wieder ran. Eine Minute ist schon noch machbar, aber mehr darf es auch nicht werden. Ich hoffe, dass sie jetzt langsam mal reagieren und auch andere helfen wie Cologna, Manificat und so weiter, denn ich glaube die wollen nicht, dass die Goldmedaille jetzt schon weg ist.“

Bolshunov auf der Verfolgung

Alexander Bolshunov (RUS), Hans Christer Holund (NOR), Sjur Roethe (NOR), (l-r) © Modica/NordicFocus

Nachdem Holund nach 37 Kilometern erneut in die Wechselbox eingebogen war, wechselte mit 1:20 Minuten Rückstand auch ein Großteil des Feldes – nur die vier Russen und Bernhard Tritscher verzichteten. Als mannschaftliche Taktik griff Bolshunov im langen Anstieg an und seine Teamkollegen versuchten, das Feld auszubremsen. „Jetzt probieren wir natürlich, die Medaillen ein bisschen sicher zu machen. Ob das so klappt, weiß ich noch nicht, aber Bolshunov wird nun ein bisschen rankommen. Wir haben alle 4 vorne dabei, also es sieht ganz gut aus für uns“, so Markus Cramer. „Ich hoffe nicht, dass sich der ausgelassene Skiwechsel negativ auswirkt, aber es könnte sein. Es ist schwer zu sagen, wie es ausgeht.“ Dem Russen gelang es wie von seinem Trainer erhofft, etwas näher an den führenden Norweger heranzulaufen und nun zeigten sich auch Sundby und Krüger wieder an der Spitze der Verfolgergruppe. Auf dem ersten Teilstück der letzten Runde konnten sich 12 Athleten aus der Verfolgergruppe absetzen, darunter auch Dario Cologna. Auf den letzten Kilometern wurde der Abstand zwischen Holund und Bolshunov immer geringer. Mit 20 Sekunden Abstand hatten beide an einer Wende Blickkontakt und der Russe versuchte, die letzten Kräfte zu mobilisieren. Am vorletzten Anstieg bei den Trainern wirkte der Norweger aber noch relativ frisch, während Bolshunov im steilen Rampe die Kräfte verließen. Damit war Hand Christer Holund der Weltmeistertitel nicht mehr zu nehmen, nachdem er vorher bei diesen Titelkämpfen (wie auch Olympiasieger Krüger) keinen Start bekommen hatte. Der 30-Jährige machte sich selbst ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk und holte das sechste Gold für die norwegischen Herren aus sechs Wettkämpfen. Nach dem Rennen wusste er gar nicht so recht, was er zu seinem Erfolg sagen sollte: „50 Kilometer ist meine Lieblingsdistanz. Ich war in dieser Saison in nicht so guter Form. Ich hätte nie gedacht, das ich heute zu Gold laufe. Ich war eigentlich nicht qualifiziert, aber habe dann doch noch die Chance bekommen. Das war vielleicht meine letzte Chance, Weltmeister zu werden. Ich musste es einfach versuchen, aber ich hätte das nie erwartet, dass ich bis zum Schluss einen Vorsprung behalte. Das war unglaublich!“ Alexander Bolshunov lief erschöpft mit 25 Sekunden Rückstand als Silbermedaillengewinner über die Linie. Der Russe war nach bisher fünf Starts bei dieser WM eigentlich gar nicht für die 50 Kilometer vorgesehen gewesen, aber mit Ustiugov, der schon bei der Staffel eigentlich krank war, und heute früh auch noch Chervotkin gab es Ausfälle wegen Magen-Darm-Beschwerden. „Bolshunov hat gleich ‚Hier!‘ geschrieen und gesagt ‚Ich bin bereit!‘ und damit haben wir keinen Schlechten hier am Start“, meinte Markus Cramer zu Rennbeginn. Aus der kleiner gewordenen Verfolgergruppe heraus hatte Martin Johnsrud Sundby am längeren Anstieg vor dem Ziel attackiert und nur sein Teamkollege Sjur Røthe hatte ihm folgen können. Auf der Zielgeraden kam Røthe aus dem Windschatten seines Landsmanns und sicherte sich knapp die Bronzemedaille, obwohl Sundby mit einem besseren Ausfallschritt noch das Blatt wenden wollte. Simen Hegstad Krüger wurde Fünfter vor Calle Halfvarsson. Rang sieben ging an Dario Cologna, der heute neben der Staffel sein bestes Rennen machte und durchaus eine Medaille hätte gewinnen können. Andrew Musgrave, heute wieder sehr luftig bekleidet, wurde Achter vor Adrien Backscheider und Jens Burman.

Notz und Katz in Problemen

Florian Notz (GER) © Modica/NordicFocus

Das langsame Tempo auf den ersten Kilometern sollte Langsamstarter Florian Notz entgegenkommen, der seit einem Jahr speziell auf dieses Rennen hingearbeitet hatte, nachdem er am Holmenkollen über 50 Kilometer Freistil unter die besten Zehn gelaufen war. Ein ähnliches Ergebnis war auch heute angestrebt, aber im Laufe des Rennen kristallisierte sich heraus, dass dazu seine Form im Moment nicht ausreicht. Zwar arbeitete er sich im Laufe der ersten Runden immer weiter nach vorne zu Andreas Katz und Lucas Bögl, die auf den ersten Runden im Vorderfeld unterwegs waren, aber um mit den Besten auf der letzten Runde mitzuhalten, dazu fehlten ihm am Ende die Kräfte. Mit der Tempoverschärfung nach dem Skiwechsel war auch die Glanzzeit von Andi Katz im heutigen Rennen vorbei – das Tempo war für die Rennkatze in seiner ungeliebteren Technik zu schnell und er wurde ans Ende der Gruppe durchgereicht, als er mit seinem zweitbesten Ski laufen musste. Nach einem erneuten Wechsel bei nächster Gelegenheit gelang es ihm, die Lücke wieder zuzulaufen – aber es dauerte nicht lange, bis er erneut den Anschluss verlor. Danach fand er sich damit ab, das Rennen einfach irgendwie zu beenden. „Ich habe gesagt, er soll sich nicht stressen, wenn irgendwann der Saft aus ist, dann einfach gemütlich zu Ende laufen, durchkämpfen, weil es einfach gut und wichtig für die Psyche ist“, hatte Schlickenrieder zu Beginn des Rennens gesagt, nachdem Andi Katz eigentlich gar nicht für einen Start eingeplant gewesen war, aber unbedingt laufen wollte. „Wir haben überlegt, ob Andi heute überhaupt laufen soll, weil eigentlich sein geplanter Fokus auf dem 50er am Holmemkollen in der nächsten Woche lag, für den Fall, dass er sich nicht für die WM qualifiziert. Dann hat er sich aber auf dem letzte Drücker qualifiziert und macht hier eine Sensations-WM.“

Jonas Dobler bester Deutscher als 17.

Jonas Dobler (GER) © Modica/NordicFocus

Jonas Dobler musste gegen Ende der vorletzten Runde einen kleinen Rückstand auf den ersten Teil der Verfolgergruppe hinnehmen, lief ihn aber zusammen mit einigen anderen wieder zu. „Jonas Dobler sieht gut aus, auch wenn er mich gefragt hat, in welcher Runde er ist“, sagte der Bundestrainer dazu. Der Traunsteiner sicherte sich nach 50 Kilometern einen guten 17. Platz als einer der Letzten der Gruppe und verpasste die Top15 um 1,2 Sekunden. Er selbst dachte aber in ganz anderen Dimensionen: „Es hat richtig Spaß gemacht, hier zu rennen. Es ist mir gelungen, lange mit der Gruppe mitzuschwimmen und das war mein Ziel. Am Schluss fehlen glaube ich 18 Sekunden auf die Medaille, aber es war das Ziel, möglichst lange dabeizubleiben. Ganz am Schluss am letzten Berg fehlte mir dann einfach die Power, um noch weiter vorzukommen, aber ich bin soweit zufrieden mit dem Rennen.“ Florian Notz kämpfte sich rund 45 Sekunden später als 22. ins Ziel, zwei Positionen vor dem zweitbesten Schweizer Toni Livers. Lucas Bögl verlor etwa zehn Kilometer vor Schluss den Kontakt zu den Kollegen und kam schließlich als 31. direkt hinter dem Österreicher Bernhard Tritscher ins Ziel. Andreas Katz verlor als 43. sieben Minuten. „Summa summarum können wir zufrieden sein, auch wenn ich weiß, dass der Florian Notz sich mehr vorgenommen hat. Er hat da sicher mit einem Top10 Platz geliebäugelt, aber ich glaube, bei diesen schweren Bedingungen und auch das Staffelrennen war sehr hart für ihn und ist ja erst ein paar Tage her.. umso höher zu bewerten, dass der Jones [Jonas Dobler] sich da wieder erholt hat und hat auch gottseidank noch den 15er klassisch ausgelassen. Das hat sich bezahlt gemacht, er ist ein couragiertes Rennen gelaufen“, lautete das Fazit von Peter Schlickenrieder. Der Schweizer Roman Furger wurde 53., der 19-jährige Österreicher Mika Vermeulen, der in der Jugend wie Bernhard Tritscher Nordischer Kombinierer war, wurde bei seinem ersten WM-Start 56. 

 

=> Ergebnis 50 km Massenstart FT Herren

 

 

 

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