Interview mit Steffi Böhler und Denise Herrmann: „Jeder hat seinen Job wunderbar erfüllt“

Herrmann Böhler © privat

Mitten in der Vorbereitung auf die kommende Saison und nach ihrer Rückkehr von der Vergabe des Bayerischen Sportpreises haben wir uns mit der erfolgreichsten deutschen Damen-Weltcup-WG, Steffi Böhler und Denise Herrmann unterhalten.

xc-ski.de: Steffi, wenn man auf die vergangene Saison zurückblickt, was war für dich der emotionalste von den vielen Momenten, die es gab? Die Olympia-Quali in Szklarska Poreba, der sechste Platz im Einzelrennen von Sochi, oder die Bronze-Medaille mit der Staffel?

Steffi Böhler: Das ist schwer zu beantworten. Es war wie eine Steigerung der Emotionen und Gefühle von Anfang der Saison bis hin zum Erlaufen der Bronzemedaille. In Szklarska Poreba ist mir definitiv der größte Stein vom Herzen gefallen- es war kein leichter Weg, da ich ja am Anfang der Saison nicht im WC starten konnte. Was danach kam habe ich einfach versucht zu genießen, alles in mich aufzusaugen und im Training alles rauszuholen. Was mich beim 10 Kilometer Rennen am meisten gefreut hat war, dass sich so viele Menschen über diesen 6. Platz, der ja bei Olympia eigentlich gar nicht wirklich zählt, gefreut haben und Emotionen gezeigt haben. Ich finde wir sollten wieder lernen uns über die kleinen Dinge zu freuen, denn dann kann man Großes erreichen. Und dass wir als Team, mit dem eigentlich niemand so richtig gerechnet hatte um die Goldmedaille mitkämpfen können hat uns ungeheuerlich stolz gemacht. Und es ist wirklich so- diese Freude im Team zu erleben ist mit nichts zu vergleichen. Ich habe jetzt noch die Jubelschreie im Ohr, die wir noch Stunden nach Zieleinlauf von uns gegeben haben!

xc-ski.de: Nun haben diese Erfolge auch die Geschichte um deine überstandene Krebserkrankung einer breiteren Öffentlichkeit näher gebracht. Dazu zunächst die Frage: Inwieweit hat dich der Sieg über den Krebs verändert und hatte er einen Einfluss auf die Erfolge der vergangenen Saison?

Steffi Böhler: Es sollte so nicht sein, aber Erlebnisse wie diese werfen das Leben in ein anderes Licht und Dinge relativieren sich. Man wird gelassener und merkt, dass das einzige was wirklich wichtig ist im Leben die Gesundheit ist. Ich habe gespürt, wie sehr Ängste lähmen können und habe mir dann gedacht, dass Freude im umgekehrten Sinne viel mehr Kraft haben muss, als uns manchmal bewusst ist. Ich war immer zielstrebig und habe einen starken Willen, doch habe ich mich nie unter Druck gesetzt- das hat mir mit Sicherheit geholfen auf dem Weg zu Olympia.

xc-ski.de: Hattest du im Hinterkopf, mit deinen Leistungen anderen Menschen Mut zu machen, die ein ähnliches Schicksal erleiden müssen?

Steffi Böhler: Das Schenken von Mut und Hoffnung war die schönste Begleiterscheinung der olympischen Medaille. Ich wollte nicht nach Sochi fahren und als die gelten, die Krebs hatte und dadurch Aufmerksamkeit erwecken. Ich war dort um sportliche Leistung zu zeigen und nicht um Mitleid zu erwecken. Doch was dann geschehen ist, klingt ja schon fast nach einem Märchen. Es ist ein Gefühl das man nicht in Worte fassen kann, was ich empfunden habe, als mir bewusst wurde, wie viele Menschen ich glücklich machen konnte. Man kann es wahrscheinlich und Gott sei Dank nur nachempfinden, wenn man selbst in so eine „Schockstarre“ gerät, wenn man eine Diagnose bekommt, die das Leben verändert. Mich freut es zu spüren, dass im Leistungssport Platz für Menschlichkeit ist!


xc-ski.de: Denise, du hast das alles wahrscheinlich direkter mitbekommen, als fast jeder andere. War es schwierig für Steffi, so lange auf die Olympia-Quali warten zu müssen oder hat sie das ganz locker genommen?

Denise Herrmann: Natürlich war es für Steffi nicht leicht, so lange warten zu müssen, da es für sie ein großes Ziel war nach Sochi zu fahren. In Polen bei der letzten Qualifikationsmöglichkeit ist uns dann ein großer Stein vom Herzen gefallen, als es endlich geklappt hat. Ihre Formkurve ist seit Anfang Januar stetig nach oben gegangen und es hat nie viel gefehlt zu den Top 15. In Sochi hat sie dann das zeigen können, was sie auch täglich im Training bringt.

xc-ski.de: Deine eigene Quali hattest du ja gleich im ersten Saisonrennen fix gemacht und bist als eine der Favoritinnen auf eine Medaille im Sprint nach Sochi gereist. War das eine neue Rolle für dich, in der du dich erst zurechtfinden musstest?

Denise Herrmann: Ich habe mich selbst nie in der Favoriten Rolle gesehen und habe versucht locker zu bleiben und den Sprint wie immer anzugehen. Jedoch ist das Umfeld bei einer Olympiade schon sehr viel anders als bei einem normalen Weltcuprennen. Als mich dann auch noch das NRK als Favoritin mit aufgezählt hat, kommt man dann doch etwas zum Nachdenken. Ich wusste die Form ist gut, jedoch kann bei einem Sprint immer alles passieren. Man kann solche Situationen theoretisch im Kopf durchspielen aber in der Praxis kommt dann doch alles anders. Ich denke es war aber gut diese Erfahrung gemacht zu haben, denn in der Zukunft ist man dann vielleicht etwas routinierter.

xc-ski.de: Dann kam Platz acht im Sprint und nach der Bronzemedaille mit der Staffel ein vierter Platz im Teamsprint. Gab es einen Zeitpunkt in Sochi, zu dem du an dir gezweifelt hast beziehungsweise mussten dich deine Teamkolleginnen irgendwann davon überzeugen, dass du eine super Leistung abgeliefert hast?

Denise Herrmann: Es waren für mich die ersten Spiele, die ich erlebt habe und wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich gleich eine Medaille mit heim nehmen kann, hätte ich es wahrscheinlich nicht geglaubt. Jedoch haben mich die Zieleinläufe schon sehr geärgert, da es im Vorfeld meine Stärke war und ich immer mit zu den schnellsten gezählt habe. DA habe ich schon hin und wieder Trost und aufbauende Worte von meinen Kolleginnen und von daheim gebraucht. Das macht aber Olympia aus, so viele Emotionen sowohl positiv als auch negativ. Am Ende konnten wir überglücklich, mit einer Medaille im Gepäck, heim fliegen. Das war unser gemeinsames großes Ziel und wir haben es geschafft.