Langlauf Weltcup Finale in Übersee: Neue Herausforderung Ski Tour Canada

Skiathlon beim Langlauf Weltcup in Canmore (CAN) 2012 © Roycroft/NordicFocus

Zwölf Tage, acht Etappen, vier Wettkampforte, drei Sprints und fünf Distanzrennen: Das ist die Ski Tour Canada, die 2016 erstmals zum Abschluss der Weltcupsaison ausgetragen wird.

Reise ins Unbekannte

Nach ein paar Tagen Zwischenstopp zu Hause ging für die meisten Athleten am Freitag der Flieger in den Südosten Kanadas, wo in der Nähe der großen Seen die ersten vier Etappen der Ski Tour Canada ausgetragen werden. Erster Etappen“ort“ ist das nicht so bekannte Gatineau, was mit 276.000 Einwohnern aber auch nicht so klein ist. Zusammen mit der kanadischen Hauptstadt Ottawa am anderen Ufer des Ottawa Rivers bildet sie die Metropol-Region. Hier wird zunächst am Dienstag ein Freistilsprint ausgetragen. Anschließend geht die Reise weiter in die nächste Großstadt: Montréal liegt genau 200 Kilometer östlich, dort soll am Mittwoch ein Klassik-Massenstart stattfinden. Nach einem Tag Pause steht Etappe drei und vier in Quebec auf dem Programm, das etwas mehr als 250 Kilometer nordöstlich Montréals dem Sankt-Lorenz-Strom folgend liegt. Hier steht wieder ein Freistilsprint an, außerdem findet ein Handicaprennen im freien Stil statt. Damit ist die erste Hälfte der Ski Tour Canada geschafft und mit dem Flieger geht es ins mehr als 4000 Kilometer westlich gelegene Canmore am Rande der Rocky Mountains. Dort fällt in vier weiteren spannenden Etappen die Entscheidung über den Gesamtsieg der ersten Kanada-Tour. Dienstag, Mittwoch, Freitag und Samstag sind die Sportler noch einmal im Klassiksprint, Skiathlon, Freistil Distanz und Handicap klassisch gefordert.

1st stop: Gatineau

Blick von der Gatineau Sprintstrecke auf den Ottawa Parliament Hill © Felgenhauer/NordicFocus

Der erste Sprint der Ski Tour Canada findet in der 276.000 Einwohner-Stadt Gatineau statt, genauer gesagt in der Innenstadt im Jacques-Cartier-Parc am Ufer des Ottawa Rivers. Das bietet eine spektakuläre und malerische Kulisse mit dem Parliament Hill und dem Canadian Museum of Histoy im Hintergrund. Die Stadt selbst ist die perfekte Wohnumgebung mit viel Grünflächen, städtischem Leben und Kultur. Viele Festivals und viele weitere kulturelle Veranstaltungen finden im Laufe des Jahres in Gatineau statt. Nur wenige Meter vom Stadtzentrum entfernt ist Outdoor Sport, Skilanglauf und vieles mehr möglich. Mehr als 500 Kilometer Langlaufloipen gibt es in der Umgebung, in erster Linie im 361 Quadratkilometer großen Gatineau Parc, der unter anderem 100 Kilometer Skatingstrecken bietet. Schnee für den 1,7 Kilometer langen Kurs im knapp 23 Hektar großen Jacques-Cartier-Parc zusammenzubekommen, ist kein Problem: 30.000 Kubikmeter Schnee stehen nach dem jährlich im Februar stattfindenden Winderlude Snow Festival zum Streckenbau zur Verfügung. Der Kurs besteht aus zwei 800 Meter langen kurvigen Runden, mit jeweils einem richtigen Anstieg von acht Höhenmetern. Aber auch ins Ziel geht es leicht bergauf, so dass bis zum letzten Meter gearbeitet werden muss.

2nd stop: Montréal

Langlauf Weltcup in der Innenstadt von Montreal (CAN) © Felgenhauer/NordicFocus

Die zweite Etappe findet ebenfalls mitten in einer Großstadt statt, hier leben zwei Millionen Menschen. Im Montréaler Parc du Mont-Royal wird das Zuschauer-Interesse vermutlich ebenso hoch sein wie zuvor in Gatineau. Ursprünglich geplant war die Wettkampfstrecke im Bereich des höchsten Punktes des Parkes, aber wegen Problemen bei der Wasserversorgung für die Kunstschneeproduktion dort oben wurde die Strecke nach unten in den Park in die Nähe des George-Étienne Cartier Monuments verlegt, wo sie für Zuschauer auch besser zu erreichen ist. Der Mont Royal (233 Meter) ist der Hausberg der Stadt und der dazugehörige Park ist 190 Hektar groß. Im Winter bietet er Platz für rund 20 Kilometer Skilanglauf-Loipen sowie Rodelhänge. Der Massenstart in klassischen Stil ist für die Damen über 13 und für die Herren über 20 Kilometer geplant. Die endgültige Renndistanz müsse nach dem Umbau noch von der FIS bestätigt werden, wie der Veranstalter auf Anfrage  am Donnerstag mitteilte.

3rd stop: Québec

Weiter rollt der Langlauf-Tross den Sankt-Lorenz-Strom flussabwärts nach Québec, wo Etappe drei und vier ausgetragen werden. Schon 2012 fand an den historischen Mauern der Altstadt der 500.000 Einwohner-Stadt ein Sprint-Weltcup statt. Aufgrund der großen historischen und architektonischen Bedeutung erklärte die UNESCO die Altstadt Québecs 1985 zum Weltkulturerbe – als einzige von Mauern umgebene Siedlung nördlich von Mexiko (auf dem amerikanischen Kontinent). Die Wettkämpfe finden vor den Plains of Abraham (dt. Abraham-Ebene) statt, eine der größten historischen Plätze des Landes. Heute ist es eine bedeutende Parkanlage mit im Winter 11 Kilometer Loipennetz, 1759 war sie Schauplatz des ‚Battle of the Plains of Abraham‘, einer Schlacht zwischen französischen und britischen Truppen. Québec ist die Heimat von Weltcupstarter Alex Harvey und seinem Vater Pierre, ebenfalls Olympionike im Langlauf. Der Kanadier wird sich hier besonders viel vorgenommen haben, schon 2012 schaffte er den Sprung aufs Podium. Der Sprint in seiner Heimat ist wie in Gatineau 1,7 Kilometer lang. Die Strecke beinhaltet zwei Anstiege in der zweiten Rennhälfte sowie eine leicht ansteigende Zielgerade. Die Distanzrunde für die Handicaprennen im freien Stil hat viele giftige Anstiege mit jeweils bis zu 25 Höhenmetern. Für die Herren ist die Runde vier Kilometer lang, die Damen sparen sich eine kleine Schleife und laufen 3,4 Kilometer. Die Renndistanz beträgt somit 10,2 Kilometer für die Damen (drei Runden) und 16 Kilometer für die Herren (vier Runden).

4th stop: Canmore

Nach den zu Beginn eher weniger anspruchsvollen Streckenprofilen in der Provinz Québec reisen die Sportler weiter nach Canmore, wo sie Langlauf-Strecken und -Stadion auf Weltklasse-Niveau erwarten. Nach vier Rennen auf Meereshöhe geht es zudem für die letzten vier Rennen auf mittlere Höhe, so dass eine schnelle Höhenanpassung notwendig ist. 60 Kilometer gespurte Loipen stehen zur Verfügung sowie die größte Beschneiungsanlage in Nordamerika. 1988 wurden hier bereits die nordischen Wettbewerbe der Olympischen Spiele von Calgary ausgetragen, im Stadion, das das Herz der Stadt Canmore und die Heimat der kanadischen Langläufer und Biathleten ist. Olympiasieger wie Beckie Scott und Chandra Crawford sehen Canmore als ihre Heimat an wie auch Vize Olympiasiegerin Sara Renner. Die Stadt mit ihren 12.300 ständigen Einwohnern sowie weiteren 6.000 nicht-ständige Bewohnern ist die größte Ansiedlung in den Alberta Rockies und gehört zu den schönsten Orten in Kanada, an denen man leben und arbeiten kann: Gelegen im Bow River Valley und zu den Füßen der kanadischen Rockies, zudem nur fünf Minuten bis zum Banff National Park. Freizeitaktivitäten bieten sich hier viele, vor allem in sportlicher Hinsicht: Wandern und Klettern, Radfahren, Hundeschlitten, Wildwasser-Rafting, Golf und natürlich Skilanglauf. Das Wettkampfprogramm hat es in sich: Wie schon in der ersten Woche gibt es vier Rennen in nur fünf Tagen. Zunächst steht ein 1,5 Kilometer langer Klassiksprint auf dem Programm gefolgt von einem Skiathlon über 15 beziehungsweise 30 Kilometer Länge. Nach dem Ruhetag wird die Weltcupsaison mit einem Einzelstartrennen über 10 beziehungsweise 15 Kilometer sowie einem ebenso langen Handicaprennen im klassischen Stil abgeschlossen. Der harte Anstieg des Sprintkurses wird zweimal gelaufen, bevor es wieder zurück ins Stadion geht. Der Skiathlon wird auf zwei unterschiedlichen 5 Kilometer-Runden (blau klassisch, rot Skating) ausgetragen, für die letzten beiden Etappen wird die blaue Runde jeweils etwas variiert. Insgesamt handelt es sich um welliges Terrain, tendentiell geht es in der ersten Hälfte der Runde eher hoch, später eher runter.

Østberg oder Johaug – Sundby oder …?

Martin Johnsrud Sundby (NOR) beim Training in Gatineau © Felgenhauer/NordicFocus

Abgesehen davon, dass es mehr Sprints gibt und keinen Final Climb, ist der Modus genau wie bei der Tour de Ski. Acht Etappen, bei denen es im Ziel jeweils 50 Weltcuppunkte für den Sieger gibt, sowie 400 Punkte für den Gesamtsieger. Doch wer wird das sein? Während der Saison wurde vor allem von Therese Johaug immer wieder der Name von Ingvild Flugstad Østberg ins Spiel gebracht – wegen der Sprintlastigkeit. Damit lag sie bis vor ein paar Wochen sicher richtig, doch inzwischen geht der Teamkollegin mehr und mehr die Luft aus. Es wird sicher eine ganz spannende Geschichte zwischen den beiden Norwegerinnen werden, vermutlich mit dem besseren Ende für Therese Johaug und damit auch definitiv im Gesamtweltcup, wo sie aktuell mit 246 Punkten Vorsprung führt. Zwischen Platz zwei und drei liegen ebenfalls 224 Punkte (Heidi Weng). Im Kampf um die große Kugel kann wohl nur noch eine Krankheit Therese Johaug ausbremsen. Bei den Herren ist der Gesamtweltcup schon längst in trockenen Tüchern. Ob Martin Johnsrud Sundby aber auch bei der Ski Tour Canada dominiert, wird man abwarten müssen. Zwar ist er nach wie vor in sehr guter Form, aber die Sprints könnten ihn ins Hintertreffen bringen. Dadurch könnten sprintstärkere Athleten ihre Chance suchen und nutzen wie zum Beispiel Petter Northug, Finn Hågen Krogh und Sergey Ustiugov sowie vielleicht auch Emil Iversen.

Zehn Deutsche bei der Ski Tour Canada

Deutsches Team bei der Eröffnungsfeier in Gatineau (CAN) © Felgenhauer/NordicFocus

Die Russen gehörten zu den ersten Teams, die Mitte der Woche in Gatineau eintrafen wie auch die Kanadier, die mit 26 Athletinnen und Athleten die Heimrennen bestreiten. Andere folgten nach und nach, darunter die Deutschen am Freitag. Dass Canmore auch für die deutschen Langläufer ein gutes Pflaster ist, daran dürfte sich jeder Fan noch erinnern. Vor allem durch Tim Tscharnkes ersten Weltcupsieg 2012, Tobias Angerer wurde Dritter und Hannes Dotzler Sechster. Tim Tscharnke und auch Hannes Dotzler werden dieses Jahr in Kanada fehlen, aber stattdessen sind drei andere DSV-Herren dort dabei sowie sieben deutsche Damen. Die Stimmung ist gut im deutschen Lager, wie zahlreiche Fotos in den letzten Tagen bewiesen. Zusätzlich zum gewohnten Kader erhielt auch Victoria Carl ein Startrecht, die erst vor wenigen Tagen U23-Weltmeisterin wurde. Sie und Lucia Anger werden allerdings nach Québec wieder die Heimreise antreten. „Ich bin nach den sehr guten Ergebnissen bei der U23-WM hochmotiviert und freue mich sehr auf die kommenden Weltcuprennen. Ich weiß aber auch, dass sich hier die besten Skilangläuferinnen messen. Das Niveau ist nochmal um einiges höher. Bis an die Weltspitze ist es noch ein langer Weg“, sagte Vici Carl. „Ich möchte in Kanada technisch saubere Rennen laufen und mir ein paar Weltcuppunkte erkämpfen. Die Strecken kenne ich noch nicht. Ich bin gespannt, was uns erwartet.“ Bei den Herren melden sich Sebastian Eisenlauer und Andi Katz zurück, die in Lahti erkältet beziehungsweise verletzt fehlten. „Das Team ist am Freitag nach Kanada gereist. Die Motivation ist groß, alle wollen in den letzten Wettkämpfen dieser Weltcupsaison nochmal angreifen und möglichst ein paar Plätze in der Gesamtwertung nach vorne rücken. Bei den Damen sind Top-15-Ergebnisse in der Gesamtwertung und Top-Ten-Platzierungen in der Sprint-Disziplinenwertung realistisch. Sebastian Eisenlauer wird den Fokus sicherlich auf die Sprint-Wettkämpfe legen und ebenfalls eine Top-Ten-Platzierung anvisieren“, erklärte der Sportliche Leiter Andreas Schlütter und steckte hohe Ziele für Kanada: „Wir haben uns vorgenommen, in den letzten verbleibenden Weltcuprennen nochmal auf’s Podest zu laufen. Damit könnten wir auch die bisherige Saison positiv beenden. Wir wissen, dass der Weg, den wir im vergangenen Jahr eingeschlagen haben, der Richtige ist. Einzelne Leistungen unserer Athletinnen und Athleten zeigen, dass wir trainingsmethodisch wichtige Fortschritte machen konnten. Aber es muss unser Anspruch sein, öfter um die vordersten Platzierungen mitzukämpfen und auf dem Treppchen zu stehen. Im Hinblick auf die WM 2017 in Lahti heißt es also, konsequent weiterzuarbeiten!“

DSV-Starter im Überblick

Damen
– Lucia Anger (SC Oberstdorf)
– Stefanie Böhler (SC Ibach)
– Victoria Carl (SC Motor Zella-Mehlis)
– Nicole Fessel (SC Oberstdorf)
– Denise Herrmann (WSC Erzgebirge Oberwiesenthal)
– Hanna Kolb (TSV Buchenberg)
– Sandra Ringwald (Skiteam Schonach-Rohrhardsberg)

Herren

– Jonas Dobler (SC Traunstein)
– Sebastian Eisenlauer (SC Sonthofen)
– Andreas Katz (SV Baiersbronn)

Temperaturen einstellig im Minus

Winterliche Bedingungen erwarten die Sportler in Kanada, wo die Temperaturen in den letzten Tagen meist unter Null waren. Auch in den nächsten Tagen sollen im Bundesstaat Québec einstellige Minuswerte vorherrschen. In den Rockies wird es dann laut aktueller Vorhersage sogar etwas wärmer – und vor allem sonniger. Die Bedingungen sind an allen Etappenorten sehr gut und versprechen spannende Rennen. Im Fernsehen sitzt man allerdings zumindest beim Auftakt auf dem Trockenen, oftmals ist man auf den Eurosport Player angewiesen. Die Öffentlich-Rechtlichen werfen ihr Abendprogramm ohnehin nicht um, aber auch bei Eurosport wartet man bei Etappe eins vergeblich auf eine Übertragung. So bleibt nur der unkommentierte Langlauf-Channel im Player für den ersten Sprint. Alle anderen Wettkämpfe will Eurosport 1 dann jedoch live zeigen. Eine detaillierte Übersicht des Eurosport-Programms gibt es HIER.

Ski Tour Canada im Überblick

Dienstag, 01. März 2016
17:15 Uhr: Prolog Sprint 1,7 Kilometer FT
19:45 Uhr: Heats Sprint 1,7 Kilometer FT

Mittwoch, 02. März 2016
18:00 Uhr: 13 Kilometer KT Massenstart Damen
20:30 Uhr: 20 Kilometer KT Massenstart Herren

Freitag, 04. März 2016
19:00 Uhr: Prolog Sprint 1,7 Kilometer FT
21:30 Uhr: Heats Sprint 1,7 Kilometer FT

Samstag, 05. März 2016
21:00 Uhr: 10,2 Kilometer FT Handicap Damen
22:00 Uhr: 16 Kilometer FT Handicap Herren

Dienstag, 08. März 2016
18:00 Uhr: Prolog Sprint 1,5 Kilometer KT
21:00 Uhr: Heats Sprint 1,5 Kilometer KT

Mittwoch, 09. März 2016
18:00 Uhr: 7,5/7,5 Kilometer Skiathlon Damen
20:30 Uhr: 15/15 Kilometer Skiathlon Herren

Freitag, 11. März 2016
17:45 Uhr: 10 Kilometer FT Damen
21:00 Uhr: 15 Kilometer FT Herren

Samstag, 12. März 2016
21:00 Uhr: 10 Kilometer KT Handicap Damen
22:00 Uhr: 15 Kilometer KT Handicap Herren